04.05.2022 - Nele Justus -4 MinutenMitarbeiter finden
Inklusion ist nicht nur gesellschaftlich wichtig, sie zahlt sich auch wirtschaftlich aus. Was es braucht, damit sie ein Win-win für alle wird, erklärt Gerd Jahnsmüller. Er ist Geschäftsführer der Goldbrötchen-Bäckerei im Vogtland und einer der Gewinner des Inklusionspreises für die Wirtschaft 2021.
Bei der vogtländischen Goldbrötchen-Bäckerei gelingt Inklusion schon seit 15 Jahren. Und wie genau? Jungunternehmer Gerd Jahnsmüller, 33, über sein 5-Punkte-Erfolgsrezept:
1. Die richtige Denke
„2015 habe ich den Betrieb und die inklusive Firmenphilosophie von meinem Vater übernommen. Elf von unseren 46 Mitarbeitern sind schwerbehindert. Das reicht von Depressionen über Taubheit bis Lähmungen von Arm oder Knie. Was uns dazu bewegt hat, ihnen eine Chance zu geben? Ich habe zwei Verwandte mit Trisomie 21. Beide sind jetzt 46 Jahre alt. Ihr Weg war immer steinig. Überall gab es mehr Widerstand als Unterstützung, und das von Anfang an. Um überhaupt zu arbeiten, waren die Behindertenwerkstätten die einzige Möglichkeit. ,Das muss doch besser gehen!‘, haben mein Vater und ich uns immer gedacht. Und wenn jemand Menschen mit Handicap helfen kann, dann sind das doch wir, die Unternehmer. Also haben wir uns genau das zur Aufgabe gemacht. Schritt für Schritt. Damit sind wir jetzt nicht nur sozialer, sondern auch wettbewerbsfähiger. Und dabei noch kunterbunt.“
2. Wie man motivierte Mitarbeitende hält
„Fachkräftemangel herrscht überall, darüber müssen wir nicht reden. Das Handwerk stirbt aus, weil es unattraktiv ist. Da muss man sich etwas einfallen lassen. Menschen mit Handicap sind loyale, hoch motivierte und extrem dankbare Mitarbeiter, die genau wissen, was sie tun, wenn man sie angelernt hat. Und das muss ich ja bei jedem neuen Mitarbeiter.
Wir haben unser Team so aufgestellt, dass sich alle wohlfühlen. Und dass am Ende alle profitieren. Bei uns gibt es etwa eine separate Frühschicht, in der die Brötchen für die Nachtschicht produziert werden. Das machen vor allem Mitarbeiter mit Handicap, weil sie der Nachtschicht nicht nachkommen können. Damit haben wir einen Gewinn für die Bäcker und fürs ganze Team.
Manche Mitarbeiter mit Behinderung, die wegen ihrer Defizite keinen Teig zubereiten können, übernehmen andere Aufgaben, mit denen sie den Kollegen den Rücken freihalten. Etwa den Abwasch, das Scheuern der Backstube, solche Sachen. Das machen sie gerne und gut – und ihre Kollegen sind ihnen dafür ewig dankbar. Und nicht nur das: Sie können sich mehr auf ihre Arbeit als Fachkraft fokussieren, was automatisch zu besseren Ergebnissen führt.“