02.02.2022 - Maria Zeitler -6 MinutenMitarbeiter finden
In zahlreichen Branchen wie Gastronomie und Handwerk ist der Fachkräftemangel längst Realität. Der Ausweg für einige: das THAMM-Projekt, das junge Fachkräfte aus Nordafrika vermittelt. Fast einhundert sind schon da.
Dass Peter Bode in den Genuss traditioneller tunesischer Küche gekommen ist, liegt daran, dass er bei der Suche nach Auszubildenden neue Wege geht. Er ist einer der Geschäftsführer des Elektro- und Gebäudesystemtechnik-Unternehmens Habotec in Lübeck. Im Sommer 2021 haben dort fünf Frauen aus Tunesien ihre Ausbildung zur Elektronikerin im Fach Energie- und Gebäudetechnik begonnen. Realisiert hat Bode das mit dem Projekt THAMM, in dem die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit kooperieren. Die Ziele sind: den Fachkräftemangel in Deutschland bremsen und gleichzeitig jungen Menschen aus den drei nordafrikanischen Ländern Ägypten, Marokko und Tunesien eine berufliche Perspektive bieten.
Fachkräfte finden und halten: Hilfe zur Integration ist wichtig
Ursprünglich wollte Bode für Habotec drei Auszubildende über das Projekt gewinnen: „Wir haben die Vorschläge bekommen und sieben Interviews gemacht. Letztlich hat es so gut gepasst, dass wir uns doch dazu entschieden haben, fünf zu nehmen“, sagt er. Nach dem Flug, den die Unternehmen bezahlen müssen, zogen die fünf Frauen in zwei Mitarbeiterwohnungen ein. „Dadurch haben sie Freundinnen um sich und sind nicht allein“, sagt Bode. Der Kontakt mit den übrigen Mitarbeitenden ist gut. Und um dem neuen Chef ihre Heimat näherzubringen, luden sie Bode und seine Frau zum selbst gekochten Essen ein.
Dass er für den bei Männern beliebten Beruf Elektroniker ausschließlich Frauen ausgewählt hat, hat mehrere Gründe: „Ich dachte, wenn junge Frauen das machen wollen und dafür von der Familie und aus ihrer Heimat weggehen, dann muss die Motivation schon sehr stark sein – und das hat sich bis heute bewahrheitet“, sagt Bode. Doch ihm ging es auch darum, Chancen zu eröffnen, denn alle wollten einen technischen Beruf erlernen und haben im Abitur bereits die technische Fachrichtung gewählt: „Aber in Tunesien ist das – noch stärker als hier – eine Männerdomäne. Da hat man als Frau nicht wirklich die Möglichkeit, das überhaupt zu lernen.“
„Arbeitsmigration ist ein wichtiges Teil des Puzzles“
Die Probezeit haben alle erfolgreich überstanden. Bode hat im Blick, dass sich die neuen Mitarbeiterinnen möglichst gut integrieren, damit die Chancen steigen, dass er sie als Fachkräfte langfristig behalten kann. „Es geht nicht anders mit dem drohenden Fachkräftemangel, als auch ausländische Fachkräfte anzuwerben. Den technischen Berufen des Handwerks fehlen in den kommenden Jahren Hunderttausende Fachkräfte.“ Allein mit Migration lasse sich das Problem zwar nicht lösen, aber: „Für mich ist es ein wichtiges Teil des Puzzles: Umschüler, Migranten, deutsche Auszubildende. Wir bilden viel aus, in der Hoffnung, dann einen ganzen Schwung übernehmen zu können“, sagt Bode. Aktuell sind deshalb 55 der insgesamt 220 Beschäftigten Auszubildende. Wenn es weiter so positiv läuft, möchte er gerne im nächsten Jahr noch einmal Nachwuchskräfte über das Projekt gewinnen – weil er auch sieht, dass der Fachkräftemangel in Deutschland schon in der Phase der beruflichen Ausbildung beginnt.