23.01.2019 - Akiko Lachenmann -5 MinutenMitarbeiter finden
Wegen des Fachkräftemangels stellen viele Arbeitgeber Häftlinge ein – und machen damit gute Erfahrungen. Worauf es bei der Vermittlung ankommt, erzählen vier Resozialisierungsarbeiter von der Arbeitsagentur Berlin.
Wie kommt ein Häftling nach seiner Entlassung wieder erfolgreich in Lohn und Brot? Das weiß niemand besser als die Mitarbeiter der Berliner Arbeitsagentur. Nirgendwo anders in Deutschland ist die Dichte an Gefängnisinsassen höher als in der Hauptstadt. Drum kümmern sich vier Resozialisierungsberater in Vollzeit darum, Insassen noch während ihrer Haftstrafe eine berufliche Perspektive zu geben.
Welches Angebot können Sie Häftlingen machen?
Wir beraten jeden, der arbeiten oder eine Ausbildung machen möchte. Der Insasse – unser Kunde – macht einfach einen Termin mit uns. Wir sind ein Mal pro Woche in jeder Berliner Anstalt und haben dort sogar unsere eigenen Schreibtische. Ist ein Häftling im geschlossenen Vollzug, beschränkt sich das Spektrum an Ausbildungen und Jobs natürlich auf das Angebot der Anstaltsbetriebe und der Bildungsträger, die sich auf dem Gefängnisgelände befinden. Freigänger hingegen können auch eine Berufsschule besuchen oder einer Arbeit im Großraum Berlin nachgehen, solange sie sich nur abends wieder rechtzeitig in der Anstalt melden.
Wie finden Sie eine passende Ausbildung oder Stelle für Ihren Kunden?
Zuerst fragen wir nach seinen Vorstellungen und Voraussetzungen, also nach Schulabschluss, Ausbildungen, Fähigkeiten, Interessen und so weiter. Die Erstgespräche können langwierig sein, weil sich so mancher noch nie Gedanken über seine berufliche Orientierung gemacht hat. Dann schauen wir, wie bei jedem anderen Kunden auch, ob wir etwas Passendes in der Jobbörse haben. Werden wir fündig, bewirbt sich der Häftling. Dabei unterstützen wir ihn: Wir geben Tipps, korrigieren Rechtschreibfehler, achten auf Formalitäten, üben mit ihm für das Bewerbungsgespräch. Das Inhaltliche aber macht er selbst.
Was motiviert einen Arbeitgeber, einen Häftling einzustellen?
Viele haben zurzeit Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden. Dazu gehören die Reinigungsbranche, die Gastronomie und viele Bereiche im Handwerk. Aber das ist nicht der einzige Anreiz: Unsere Kunden sind in der Regel pünktlich, zuverlässig, motiviert und kommen auch mit einem Schnupfen zur Arbeit. Denn ihre Alternative wäre, im Gefängnis zu bleiben. So aber haben sie bis zu 16 Stunden Freigang. Ganz selten gibt es schwarze Schafe, die sich nicht an die Regeln halten. Deshalb haben wir in Berlin mittlerweile eine ganze Reihe von Arbeitgebern, die keinerlei Vorbehalte mehr gegenüber Häftlingen haben. Im Gegenteil.