22.03.2017 - Esther Werderinghaus -5 MinutenMitarbeiter finden
Wer seine Arbeitgebermarke pflegt, macht sich als Unternehmen attraktiv, findet leichter neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und verhindert hohe Fluktuation. Kleine Traditionshäuser wie der Naturkosmetikhersteller Speick haben schon vor 90 Jahren in ein gutes Employer Branding investiert – und profitieren bis heute.
Im Süden Österreichs, auf fast 2000 Metern Höhe, liegt der Schatz der Nockberge. 15 Kolleginnen und Kollegen haben sich hier getroffen, um ihn anzuschauen. Sie wandern durch die sanft geschwungenen Ebenen in den Alpen, bis sie zu einer Wiese mit unscheinbaren, kurzstängligen Pflanzen gelangen, die einen intensiven Geruch verströmen. Jeder der Anwesenden könnte ein Referat über dieses krautige Gewächs halten. Sein Name: Valeriana celtica. Der Volksmund nennt es Speick. Die Pflanze, die so unglamourös wirkt, ist so kostbar, dass sie unter Naturschutz steht.
Nach Speick hat sich ein Unternehmen benannt, das in einem Industriegebiet südlich von Stuttgart seinen Firmensitz hat. Die etwas triste und funktionale Umgebung trügt: Die Mitarbeiter von Speick Naturprodukte profitieren von flexiblen Arbeitszeiten, flachen Hierarchien und einer Firmenphilosophie, die auf Nachhaltigkeit beruht: Zum fair gehandelten Kaffee gibt es Biokekse, die die Mitarbeiter in energieeffizient beheizten Räumen genießen. Eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach versorgt die Fließbänder in der Produktion mit Strom, der Rest wird von regionalen Ökostromerzeugern dazugekauft. Das Team unternimmt Ausflüge nach Kärnten, veranstaltet Feiern auf der Alm, viele Kollegen sind seit Jahren miteinander befreundet.
Frühe Employer-Branding-Maßnahmen
Speick ist mit seinen 50 Mitarbeitern ein kleines Unternehmen, setzte aber schon früh auf eine starke Arbeitgebermarke. Vor knapp 90 Jahren, als der Begriff Employer Branding nicht mal existierte, führte Firmengründer Walter Rau bereits eine Arbeitnehmervertretung ein und sorgte für die Kinderbetreuung seiner Mitarbeiter. Familie und Arbeit sollten zusammenpassen, er wollte Jobs schaffen, die nach der harten Inflationszeit in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts dringend benötigt wurden. „Mein Großvater wollte seinen Leuten eine Perspektive geben“, sagt Firmenchef Wikhart Teuffel. „Als die Speick-Seife noch händisch verpackt wurde, hatten wir über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
Zitat:„Mein Großvater wollte seinen Leuten eine Perspektive geben.“
Wikhart Teuffel, Geschäftsführender Gesellschafter
Auch heute setzt Speick auf familienfreundliche Lösungen, bietet Teilzeitarbeit an und Fortbildungen, bezuschusst Essen, verzichtet auf Nachtarbeit, Schichtdienste, Leiharbeiter – und verwendet nur Rohstoffe aus kontrolliert biologischem Anbau bei der Herstellung von Seifen, Ölen und Lotionen. Dafür zahlt der Mittelständler doppelt so viel wie für normale Rohstoffe.