Flüchtlinge retten das Handwerk

Die Haustechnik-Firma Paul Opländer beschäftigt immer mehr Flüchtlinge, weil sie sich leicht qualifizieren lassen.


03.10.2018 - Nadine Osterhues -3 MinutenMitarbeiter finden

Nachwuchskräftemangel im Handwerk? Kennt die Firmengruppe Paul Opländer und Sager & Deus nicht. In dem kleinen Hamburger Haustechnik-Unternehmen arbeiten von Jahr zu Jahr mehr Flüchtlinge – weil sie sich leicht qualifizieren lassen.

Das sagt der Chef: Nick Zippel

Geschäftsführer der Paul Opländer GmbH in Hamburg: „Jeder dritte Lehrling bei uns ist ein Asylbewerber, und ich bin gegen jede Art von Rassismus. Aber leider gibt es auch bei uns in der Firma Mitarbeiter, die nicht frei von Vorurteilen sind. Es ist immer erstaunlich zu sehen, wie schnell sie ihre Meinung ändern, sobald sie sehen, wie die „Fremden“ arbeiten. Einen Monteur ließ ich aus diesem Grund mal eine Zeit lang von einem Azubi aus Eritrea begleiten. Nach vier Wochen kam er zu mir und sagte: „Der ist besser als jeder Deutsche, den ich ausgebildet habe!“ Für ihn war die Zusammenarbeit so angenehm, weil der Mann aus Eritrea fleißig, sympathisch und so wissbegierig war. Er hatte viel Respekt vor der Arbeit und eine eiserne Disziplin. Wenn die Leute sehen, wer diese Menschen sind, was sie leisten und was sie bewegt, ist da immer so ein Aha-Effekt. Fakt ist: In zehn bis 15 Jahren geht eine größere Anzahl an Kollegen in den Ruhestand, und in Deutschland fehlen bald Millionen von Arbeitskräften. Da muss man kein Mathematiker sein, um zu erkennen, dass es eine wahnsinnige Verschwendung wäre, Geflüchteten – die oftmals auch noch technische Fähigkeiten mitbringen – keine Chance zu geben. Unsere Firmen Sager & Deus und Paul Opländer sind in den letzten Jahren auf über 160 Kolleginnen und Kollegen angewachsen. Mitte 2006, bei der Gründung von Sager & Deus, sind wir mit lediglich sieben Kolleginnen und Kollegen gestartet. Gäbe es keine Asylbewerber, würde unsere Nachwuchsperspektive aktuell wesentlich schlechter aussehen.“

2 Handwerker reparieren eine Heizung
© Alexander von Tomberg - „Es gibt selten Bewerber, die so viele Fragen stellen“, sagt Seehaase über den Auszubildenden.

Das sagt der Ausbilder: Thore Seehaase

24 Jahre, Ausbilder von Salahodin Ashrafi: „Normalerweise sind unsere Auszubildenden 17 oder 18 Jahre alt, wenn sie bei uns anfangen. Herr Ashrafi war schon 37 Jahre alt, aber er kam mit fundierten technischen Vorkenntnissen und einer Menge Lebenserfahrung. Er wirkte sehr diszipliniert und vor allem dankbar dafür, dass er eine Chance bekam. Das kannte ich so nicht. Ich kenne es ja noch aus meiner eigenen Ausbildungszeit: Direkt nach der Schule ist es eine große Umstellung, plötzlich jeden Morgen wirklich früh aufzustehen, immer pünktlich zu kommen und dann Heizkörper in den achten Stock zu tragen. Das packen nicht alle. Einer unserer Azubis hat neulich schon nach einer Woche aufgegeben. Wer im Heizungsbau arbeiten will, muss Ausdauer, ein gutes Verständnis für Technik und auch ein Bewusstsein für die Energiewende haben. Das ist uns sehr wichtig. Bei Herrn Ashrafi war schon im Bewerbungsgespräch klar, dass er eine Offenheit für alle möglichen Themen hat. Es gibt selten einen Bewerber, der so viele Fragen stellt.“

Das sagt der Azubi: Salahodin Ashrafi

38 Jahre, Azubi als Anlagenmechaniker: „Ich finde es spannend zu sehen, wie die Firma mit den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit umgeht. Im Iran war ich Maschinenbauingenieur und Zerspannungsmechaniker, aber dort war das nie ein Thema. Hier geht es um Blockheizkraftwerke, Fotovoltaikanlagen, Brennstoffzellen und die Abkehr von Kohlekraft. Ich lerne viel dazu, und eine Menge basiert auf meinen Fähigkeiten, die ich im Iran erworben habe. Obwohl ich bald 40 Jahre alt bin, ist es für mich eine große Chance, über eine Ausbildung ins Berufsleben zu kommen. Ich bekomme viel Lob und Zuspruch, und das spornt mich an, weiter Deutsch zu lernen und Geld für meinen Führerschein zu sparen. Damit kann ich in Zukunft allein zu Kunden fahren, die eine Montage oder Wartung brauchen. Meine Frau und meine Tochter sind inzwischen auch nach Deutschland gekommen. Meine Frau arbeitet als Kassiererin, und meine Tochter geht in die vierte Klasse. Sie will mal was mit Technik machen, sagt sie.“


Titelfoto: © Alexander von Tomberg