Wie sich die Situation am Arbeitsmarkt verändert, welche Auswirkungen das auf das gesellschaftliche Leben haben kann, und was das Thema "Nachhaltigkeit" mit der Fachkräftesituation zu tun hat, darüber sprach Joachim Fahnemann, Leiter der Agentur für Arbeit Ahlen-Münster, mit Dorothea Deppermann anlässlich des Besuchs der Landtagsabgeordneten der Grünen in der Arbeitsagentur.
Keine Bäckerei mehr im Ort, lange Wartezeiten auf Handwerker, kaum Termine bei Fachärzten oder eingeschränkte Öffnungszeiten von Gaststätten oder Geschäften: All das ist zum Teil bereits Realität. "Personalengpässe haben großen Einfluss auf die Wirtschaft und damit verbunden auch auf das gesellschaftliche Leben", beschreibt Joachim Fahnemann und erklärt: "Auf dem Arbeitsmarkt hat ein kompletter Wandel eingesetzt". Bekamen Arbeitgeber vor einigen Jahren in der Regel noch eine Vielzahl an Bewerbungen, stehen aktuell im Münsterland jedem offenen Stellenangebot, das bei den Arbeitsagenturen gemeldet ist, rein rechnerisch nur noch 2,5 Arbeitslose gegenüber. "Arbeitnehmer können zunehmend unter verschiedenen Arbeitsangeboten auswählen", so der Agenturleiter.
"Diese Daten und die Erfahrungen, die in der Arbeitsagentur bei der Beratung von Arbeitsuchenden und Arbeitgebern gemacht werden, sind ein guter Gradmesser für die Entwicklungen am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft", sagt Dorothea Deppermann. Die Politikerin glaubt, dass auf vielen Ebenen ein Umdenken nötig ist: "Unternehmen müssen sich beim Personalmarketing neuen Herausforderungen stellen und viel mehr auf sich aufmerksam machen", sagt sie. Waren für Arbeitsuchende früher vor allem das Gehalt und ein sicherer Job wichtig, hätten sich die Ansprüche der Menschen stark verändert, stimmt Joachim Fahnemann zu: "Ihnen ist wichtig, welches Miteinander im Unternehmen herrscht, ob es berufliche Entwicklungsmöglichkeiten gibt und wie Beruf und Privatleben verbunden werden können", so Fahnemann. Zunehmend rücke auch das Thema der Nachhaltigkeit in den Fokus von Stellenbewerberinnen und -bewerbern, berichtet er. "Besonders junge Menschen fragen danach, wie Unternehmen mit Ressourcen umgehen und ob sie beispielsweise umweltschonend produzieren oder eine nachhaltige Personalpolitik betreiben".
Neben den Unternehmen sei auch die Politik gefragt, so Deppermann: "Hier müssen die Rahmenbedingungen mitgestaltet werden, damit die Fachkräftesicherung gelingt". Wichtig sei es in diesem Zusammenhang, gerechtere Bildungschancen anzustreben und die Berufsorientierung weiter zu intensivieren, sagt die Landtagsabgeordnete. "Eine akademische Laufbahn ist nicht der einzige Weg, um im Beruf glücklich und erfolgreich zu sein. Wir müssen die Entwicklungsperspektiven und Chancen, die in Ausbildungsberufen liegen, mehr ins Bewusstsein rücken", betont Deppermann.