Fachkräfteengpässe bestimmen zunehmend den Arbeitsmarkt

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine, Energieknappheit und Lieferengpässe: Trotz dieser Krisen und Herausforderungen entwickelte sich der Arbeitsmarkt in Münster im vergangenen Jahr positiv. Die Beschäftigung stieg auf ein neues Rekordhoch, die Arbeitslosigkeit lag im Jahresschnitt deutlich unter den Vorjahren. Der Mangel an Arbeitskräften, insbesondere an qualifiziertem Personal, beherrsche jedoch zunehmend die Entwicklung, zieht Joachim Fahnemann, Leiter der Agentur für Arbeit Ahlen-Münster, Bilanz.

24.01.2023 | Presseinfo Nr. 7

"Der Arbeitsmarkt hat sich teilweise von den weltwirtschaftlichen Entwicklungen abgekoppelt", stellt Fahnemann fest. Obwohl konjunkturelle Einflüsse für Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger mit zahlreichen Herausforderungen verbunden sind, sank die Arbeitslosigkeit im vergangenen Jahr und lag sogar niedriger als 2008, vor der weltweiten Banken- und Finanzkrise. So fiel die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit 15 Jahren unter die 8.000er Marke. Im Jahresschnitt waren 7.787 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet, 778 weniger als im Vorjahresvergleich. Die Arbeitslosenquote betrug 4,4 Prozent und damit 0,5 Prozentpunkte weniger als in 2021. Die Quote unterschritt damit sogar den Wert von 2019, dem Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie. Damals lag die Arbeitslosenquote noch bei 4,6 Prozent.

 

Besonders junge Erwachsene profitierten von der positiven Stimmung am Arbeitsmarkt. „Die Jugendarbeitslosigkeit erreichte im vergangenen Jahr ein neues Rekordtief“, berichtet der Agenturleiter. "Es ist sehr erfreulich, dass viele junge Menschen hier berufliche Chancen ergreifen konnten und Arbeitgeber nicht nur Berufserfahrene, sondern auch Berufsanfänger einstellen", ergänzt er. 2022 waren im Jahresdurchschnitt 623 unter 25-Jährige arbeitslos gemeldet, 114 weniger als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote in dieser Altersgruppe erreichte mit 2,5 Prozent den tiefsten Stand der letzten fünfzehn Jahre.

Auch bei der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten gab es eine positive Entwicklung. Zuletzt gingen 183.791 Frauen und Männer in der Stadt einer sozialversicherungspflichten Beschäftigung nach, 2,7 Prozent mehr als vor einem Jahr und sogar 12 Prozent mehr als vor fünf Jahren. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der gestiegenen Lebensarbeitszeit seien zum einen mehr ältere Menschen in Beschäftigung. "Zum anderen versuchen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter angesichts wachsender Personalengpässe im Betrieb zu halten und vermeiden Entlassungen", begründet Fahnemann diese Entwicklung. Denn, so der Agenturchef: "Der Personal- und Fachkräftemangel ist inzwischen in fast allen Branchen und Berufen angekommen". Spürbar werde dies nun nicht nur in hochspezialisierten Wirtschaftszweigen, sondern auch in Bereichen, die das alltägliche Leben beeinflussen, verdeutlicht Fahnemann und nennt längere Wartezeiten bei Dienstleistern oder Handwerkern sowie die Zunahme an Ruhetagen in gastronomischen Betrieben als Beispiele.

 

"Aufgrund der demografischen Entwicklung gepaart mit der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung der Arbeitswelt wächst die Lücke insbesondere bei qualifizierten Fachkräften", erläutert Fahnemann. Durchschnittlich 3.489 offene Stellenangebote waren im vergangenen Jahr bei der Arbeitsagentur gemeldet, 508 oder 17,1 Prozent mehr als in 2021. Damit kletterte das Jobangebot auf ein neues Hoch. Insgesamt 80 Prozent der Stellenangebote richten sich an Fachkräfte mit einer abgeschlossenen Berufs- oder Hochschulausbildung. "Doch die sind am Arbeitsmarkt nicht verfügbar", sagt Fahnemann. So hat mehr als die Hälfte der Arbeitslosen keinen Berufsabschluss. Das Thema Qualifizierung und Weiterbildung werde angesichts der sich zuspitzenden Fachkräftesituation immer wichtiger, unterstreicht Fahnemann: „Fehlen den Unternehmen die qualifizierten Kräfte, hat das nachhaltigen Einfluss auf die künftige Wirtschaftskraft der Region“.

 

Knapp 900 Weiterbildungsmaßnahmen hat die Arbeitsagentur in Münster daher allein im vergangenen Jahr für Arbeitsuchende, Arbeitslose und Beschäftigte finanziert. Ein Viertel davon waren Qualifizierungen, die zu einem Berufsabschluss führen. Hinzu kamen weitere Förderungen, um Menschen eine Brücke in eine neue Beschäftigung zu bauen. "Damit konnte ein wichtiger Beitrag zur Fachkräftesicherung geleistet werden", unterstreicht der Agenturleiter. Er wünscht sich, dass sich noch mehr Menschen für eine Aus- oder Weiterbildung entscheiden und Unternehmen in die Qualifizierung ihrer Arbeitnehmer investieren. Sowohl Arbeitsuchende als auch Beschäftigte und Betriebe könnten hier Beratung und Unterstützung der Arbeitsagentur erhalten.

Für das Jahr 2023 zeigt sich der Chef der Arbeitsagentur vorsichtig optimistisch: „Wir rechnen mit einem weiterhin robusten Arbeitsmarkt. Allerdings hängt viel davon ab, wie gut es gelingt, den Fachkräftebedarf der Unternehmen zu decken. Diese Herausforderung ist nur im Schulterschluss aller Partner am Arbeitsmarkt zu bewältigen".