Corona, Ukraine-Krieg und Inflation – das Jahr 2022 war geprägt von Kriseneinflüssen, die sich in vielen Bereichen ausgewirkt haben. Die Arbeitslosigkeit im Kreis Stormarn war zunächst auf dem Weg auf das niedrige Niveau der Vor-Corona-Zeit. In der zweiten Jahreshälfte stieg diese sichtbar an. Ursächlich waren die geflüchteten Menschen aus der Ukraine, die seit Juni vom Jobcenter Stormarn Leistungen erhalten und dort betreut werden. Dies hatte zur Folge, dass sie auch in die Arbeitslosenstatistik integriert worden sind. Darüber hinaus hat sich der Arbeitsmarkt im Kreis Stormarn im vergangenen Jahr trotz der Kriseneinflüsse wenig beeindruckt und insgesamt stabil gezeigt.
„Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen hat sich der Arbeitsmarkt im Kreis Stormarn ausgesprochen robust gezeigt. Das Jahr 2022 lässt sich in zwei Abschnitte unterteilen: Im ersten Halbjahr hatten wir einen vielversprechenden Start ins Jahr. Der Arbeitsmarkt erlebte nach dem Auslaufen der Corona-Beschränkungen einen beständigen Rückgang der Arbeitslosigkeit. Die Auswirkungen des Kriegsausbruches in der Ukraine, wie zum Beispiel gestörte Lieferketten oder Sanktionen, blieben ohne Einfluss. Im Mai und Juni registrierten wir dann mit jeweils 3,1 Prozent die niedrigsten Arbeitslosenquoten des Jahres, die kaum noch über den Quoten der Vor-Corona-Jahre lagen“, bilanziert Kathleen Wieczorek, Chefin der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe die Entwicklung im vergangenen Jahr. „Im Juni haben die Jobcenter die Betreuung und finanzielle Unterstützung der aus der Ukraine geflüchteten Menschen übernommen. Damit erfolgte auch deren Erfassung in der Arbeitslosenstatistik und in der Folge stieg die Arbeitslosigkeit bis auf 3,6 Prozent im August. Abgesehen von diesem Sondereffekt zeigte sich der Arbeitsmarkt nach dem Kriegsausbruch mit seinen vielen Folgeauswirkungen weiterhin stabil. Die Arbeitslosenquote pendelte sich bei 3,5 Prozent in der zweiten Jahreshälfte ein.“
Arbeitslosigkeit
Im vergangenen Jahr lag die Zahl der arbeitslosen Menschen im Kreis Stormarn im Jahresdurchschnitt bei 4.450. Das waren 348 oder 7,2 Prozent weniger als 2021. „Im Vorjahresvergleich zeigt sich die positive Entwicklung. Im ersten Halbjahr 2022 waren durchschnittlich 4.263 Menschen arbeitslos. Dies waren weniger als im Jahresdurchschnitt gesamt und die Arbeitslosigkeit war auf dem Weg zum Vor-Corona-Niveau. Mit der Betreuung der geflüchteten Menschen aus der Ukraine ab der Jahresmitte und deren Erfassung in der Arbeitslosenstatistik nahm die Arbeitslosigkeit erwartungsgemäß zu. Der Anteil der aus der Ukraine geflüchteten Menschen an der Gesamtzahl arbeitsloser Menschen stieg bis auf zeitweise 500 und lag damit bei rund 18 Prozent“, so Wieczorek.
Die Arbeitslosenquote blieb 2022 mit 3,4 Prozent für den Kreis Stormarn weiterhin die geringste in Schleswig-Holstein. Sie sank gegenüber 2021 um 0,2 Prozentpunkte. Im Jahr 2020, dem „Corona-Jahr“ lag sie noch bei 3,8 Prozent und 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie, bei 3,1 Prozent.
Von dem Rückgang der Arbeitslosigkeit um insgesamt 7,2 Prozent haben fast alle Personengruppen im vergangenen Jahr profitiert. „Am deutlichsten zum Vorjahr ist die Arbeitslosigkeit mit 13,5 Prozent bei den langzeitarbeitslosen Menschen gesunken. Der wieder deutlich gewachsene Personalbedarf wie auch wieder vermehrt mögliche Qualifizierungs- und Integrationsangebote haben zu dem Rückgang beigetragen“, sagt die Agenturchefin. „Bei den arbeitslosen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit hat es im Jahr 2022 eine Zunahme von 10,7 Prozent gegeben. Ihre Zahl betrug im Jahresdurchschnitt 1.481 gegenüber noch 1.338 im Jahr 2021. Dieser Anstieg ist im Besonderen auf die Flucht aufgrund des Krieges in der Ukraine zurückzuführen.“
Stellenangebote
Unverändert, ja sogar deutlich gestiegen war auf Seiten der Unternehmen der Bedarf an Fach- und Arbeitskräften im Jahr 2022. Im Jahresverlauf waren dem gemeinsamen Arbeitgeber-Service von Jobcenter und Arbeitsagentur 4.566 neue sozialversicherungspflichtige Stellen gemeldet worden, 121 mehr als 2021. Damit wuchs der Stellenbestand im Jahresdurchschnitt auf 2.621 Stellen, 516 oder 24,5 Prozent mehr zum Vorjahr. „Das vergangene Jahr war geprägt durch eine gestiegene Nachfrage nach Arbeitskräften. Mit über 2.700 Stellen zur Jahresmitte hatten wir einen neuen Höchstwert an vakanten Stellen zu verzeichnen. Der Blick auf die Stellenentwicklung unterstreicht, dass die Unternehmen trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen, wie zum Beispiel die Lieferengpässe und die Inflation, weiterhin einen hohen Bedarf an Arbeits- und Fachkräften haben. Auch die demografische Entwicklung wird spürbar. Bei den Unternehmen scheiden zunehmend mehr Beschäftigte altersbedingt aus“, sagt die Agenturchefin. Gesucht wurden nicht nur ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern auch An- und Ungelernte für Helfertätigkeiten. Für gut jede fünfte Stelle wurde eine Helferin oder ein Helfer gesucht. „In der Gesamtbetrachtung darf man sicher nicht nur von einem Fachkräftemangel, sondern eher von einem Arbeitskräftemangel sprechen. Für die Unternehmen in der Region ist es zunehmend eine Herausforderung, geeignetes Personal zu finden“, so Wieczorek.
Von den insgesamt 4.566 Stellenmeldungen im Jahresverlauf 2022 entfielen die meisten auf diese fünf Wirtschaftsbereiche: Handel und Instandhaltung / Reparatur von Kraftfahrzeugen mit 794 gemeldeten Stellen (minus 9,5 Prozent gegenüber 2021), Arbeitnehmerüberlassung mit 735 Stellen (plus 1,5 Prozent zum Vorjahr), wirtschaftliche Dienstleistungen mit 574 Stellenmeldungen (minus 3,5 Prozent), das verarbeitende Gewerbe mit 556 gemeldeten Stellen (plus 44,8 Prozent zu 2021) und aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltung waren es 517 neue Stellen (plus 36,4 Prozent zum Vorjahr).
Die deutlichsten anteiligen Rückgänge gegenüber 2021 bei der Zahl neu gemeldeter Stellen waren im Bereich Kunst und Unterhaltung mit minus 42 Prozent (insgesamt 87 im Jahr 2022 gemeldete Stellen), Land- und Forstwirtschaft mit minus 29,8 Prozent (insgesamt 33 gemeldete Stellen), Energie-/ Wasserversorgung und Entsorgung mit minus 25,4 Prozent (absolut 44 gemeldete Stellen) sowie im Bereich Information und Kommunikation mit minus 19,4 Prozent (absolut 108 gemeldete Stellen) zu verzeichnen.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Zum Stichtag 30. Juni 2022 waren im Kreis Stormarn insgesamt 91.059 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 749 oder 0,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Von ihnen hatten 70,7 Prozent (= 64.379) einen Vollzeitjob und 29,3 Prozent eine sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigung (= 26.680). Ausschließlich geringfügig beschäftigt waren weitere 12.522 Menschen, ein Rückgang um 0,9 Prozent gegenüber 2021.
Die TOP 5-Branchen, in denen die meisten Menschen im Kreis Stormarn sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind und in denen drei Viertel aller Beschäftigten arbeiten:
- Verarbeitendes Gewerbe (19.961 Beschäftigte / Anteil an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten 21,9 Prozent)
- Handel / Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (19.890 Beschäftigte / Anteil 21,8 Prozent)
- Gesundheits- und Sozialwesen (12.193 Beschäftigte / Anteil 13,4 Prozent)
- Wirtschaftliche Dienstleistungen (9.912 Beschäftigte / Anteil 10,9 Prozent)
- Verkehr und Lagerei (6.422 Beschäftigte / Anteil 7,1 Prozent)
Fazit 2022
Der Arbeitsmarkt im Kreis Stormarn zeigte sich aus Sicht der Chefin der Agentur für Arbeit Bad Oldesloe angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen und wirtschaftlichen Unsicherheiten insgesamt äußerst stabil: „Der Arbeitsmarkt stand nach einem guten Start ins Jahr 2022 in der zweiten Jahreshälfte unter dem Einfluss der aus der Ukraine geflüchteten Menschen. Mit der Übernahme ihrer Betreuung im Jobcenter Stormarn und ihrer Erfassung in der Arbeitsmarktstatistik nahm die Zahl arbeitsloser Menschen zu. Die wirtschaftlichen Unsicherheiten in Folge des Krieges in der Ukraine hingegen haben den Arbeitsmarkt nicht negativ beeinflusst. Ganz im Gegenteil: Die Unternehmen haben mehr Stellen denn je zu besetzen und benötigten hier insbesondere ausgebildete und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie zu finden, bleibt die größte Herausforderung. Die Themen Fachkräftesicherung, Demografie und Digitalisierung haben nochmals an Priorität gewonnen und sind mittlerweile zunehmend erlebte Realität in Unternehmen und dem öffentlichem Dienst. Sie sind neben der beruflichen Integration der geflüchteten Menschen aus der Ukraine die Aufgaben der Zukunft. Es gilt weiterhin, Jugendliche für die Berufsausbildung zu begeistern und notwendige Qualifizierungen während der Arbeitslosigkeit, in einer Phase der Kurzarbeit oder während einer Beschäftigung zu realisieren. Hier wollen wir als Agentur für Arbeit gemeinsam mit dem Jobcenter Stormarn Unternehmen unterstützen. Dazu gehört auch, Menschen, die bereits länger auf Jobsuche sind, wieder Beschäftigungsperspektiven zu eröffnen.“