Zurückzuführen ist der Anstieg allerdings im Wesentlichen nicht auf saisonale Einflüsse, sondern auf die statistische Erfassung der Geflüchteten aus der Ukraine in den Jobcentern. Ohne diesen statistischen Einfluss wäre der Anstieg der Arbeitslosigkeit im saisonal üblichen Rahmen geblieben.
„Die Arbeitslosigkeit ist fast 5 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Zur Jahresmitte sind 6.230 Menschen arbeitslos gemeldet, 300 weniger als im Juni 2021“, erläutert Rainer Pfeifer von der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Balingen die Entwicklung. „Allein in den vergangenen vier Wochen haben unsere beiden Jobcenter im Landkreis Sigmaringen und im Zollernalbkreis aber fast 900 Menschen aus der Ukraine in unseren Systemen erfasst, um nach dem Zuständigkeitswechsel möglichst schnell helfen zu können. Es ging dabei zunächst um die Erfassung der unbedingt notwendigen personenbezogenen Daten. Deshalb enthält die Statistik vorerst unter anderem auch Personen aus der Ukraine, die keine Arbeit suchen, etwa weil sie Kinder betreuen, die Schule besuchen oder langfristig arbeitsunfähig erkrankt sind. Das führt zu einer etwas eingeschränkten Vergleichbarkeit der Daten und dem sprunghaften Anstieg der Gesamtzahlen seit Mai um 860 Personen bzw. mehr als 16 Prozent“, so Pfeifer weiter.
Entwicklung in den Rechtskreisen sehr unterschiedlich
Seit Juni sind die Jobcenter für die Betreuung der Geflüchteten aus der Ukraine zuständig. In der Gruppe der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), landläufig oft als Hartz IV bezeichnet, nahm vor allem durch diesen Zuständigkeitswechsel die Arbeitslosigkeit in den zurückliegenden vier Wochen um fast 30 Prozent, im Vergleich zum Vorjahr um knapp 15 Prozent zu. Derzeit werden 2.370 Arbeitslose vom Jobcenter Zollernalbkreis betreut, davon rund 550 mit ukrainischer Staatsangehörigkeit. Beim Jobcenter Landkreis Sigmaringen sind es 1.185 Personen, fast 300 davon aus der Ukraine.
Fast unverändert blieb dagegen die Arbeitslosigkeit in der Arbeitslosenversicherung, dem Rechtskreis nach dem SGB III, dem die in der Regel nicht länger als ein Jahr Arbeitslosen zuzuordnen sind. 60 Arbeitslose mehr als vor einem Monat bedeuten einen Anstieg um 2,3 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Arbeitslosen um 750 bzw. 22 Prozent gesunken. Im Zollernalbkreis gibt es im Juni 1.580 SGB III-Arbeitslose, im Landkreis Sigmaringen 1.090.
Mit Ausbildung auf Fachkräftemangel reagieren
In einigen Branchen wird es zunehmend schwierig, Fachkräfte zu finden. Viele Unternehmen setzen daher auf die Ausbildung im eigenen Betrieb zur Gewinnung ihres künftigen Fachkräftenachwuchses. Die Zahl der gemeldeten und der davon noch unbesetzten Ausbildungsplätze liegt über dem Vorjahresniveau. Von den ursprünglich rund 3.000 Stellen sind noch mehr als 1.500 unbesetzt, fast ein Zehntel mehr als vor einem Jahr.
Für Jugendliche auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist diese Situation oft komfortabel. Von den ursprünglich rund 1.400 gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern haben etwas mehr als 500 bisher keine Ausbildungsstelle oder eine Alternative gefunden. Für sie bleibt rechnerisch die Auswahl zwischen rund drei unbesetzten Stellen.