Einwanderung ausländischer Arbeits- und Fachkräfte wird immer wichtiger
Die Arbeitgeber im Gesundheits- und Sozialwesen suchen händeringend Arbeits- und
Fachkräfte. Die demografische Entwicklung und auch der damit verbundene, steigende
Pflegebedarf werden diese Entwicklung in den nächsten Jahren noch verstärken. Die
Einwanderung ausländischer Arbeits- und Fachkräfte ist ein Baustein zur Personalgewinnung,
welcher immer wichtiger wird – im Gesundheits- und Sozialwesen, aber auch in nahezu allen
anderen Branchen. In Berufsbereichen wie der Pflege, der Energietechnik oder dem Bereich
Sanitär, Heizungs- und Klimatechnik gibt es schon seit einigen Jahren regional
Fachkräfteengpässe. Das heißt, die Arbeitgebernachfrage übersteigt deutlich das Angebot, der
Markt ist praktisch leergefegt. Die Stellenbesetzung wird herausfordernder und dauert
überdurchschnittlich lange. Davon sind mittlerweile noch mehr Bereiche betroffen, wie zum
Beispiel die Gastronomieberufe und Berufe der Fahrzeugtechnik.
Die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Gesundheitswesen, in
Heimen und dem Sozialwesen stieg im Juni 2022 gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Prozent auf
36.426 Personen im Bezirk der Agentur für Arbeit Bautzen. Darunter befanden sich im Juni
2022 1.335 ausländische Bürgerinnen und Bürger, ein kräftiges Plus von 8,5 Prozent (+105
Personen) gegenüber dem Vorjahr. Ohne die Beschäftigung von ausländischen Arbeits- und
Fachkräften hätte die Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im
Gesundheitswesen, in Heimen und dem Sozialwesen nicht einmal ansatzweise auf
Vorjahresniveau gehalten werden können. Auch insgesamt war in den letzten Jahren das
Beschäftigungswachstum in Ostsachsen zu deutlich mehr als der Hälfte auf den Zuwachs bei
ausländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zurückzuführen.
Jeder vierte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ist 55 Jahre und älter. Der demografische
Wandel wird sich in den nächsten Jahren noch verstärken, denn die geburtenstarken
Jahrgänge scheiden zunehmend aus dem Arbeitsleben aus. Bis zu 65.300 Menschen werden
nach Angaben des Statistischen Landesamtes in den Landkreisen Bautzen und Görlitz bis zum
Jahr 2035 in Rente gehen. Das ist jede fünfte Einwohnerin oder jeder fünfte Einwohner im
erwerbsfähigen Alter. In den Landkreisen Bautzen und Görlitz waren im April 2023 19.349
Arbeitslose bei der Agentur für Arbeit und den kommunalen Jobcentern gemeldet.
Der Vergleich dieser beiden Zahlen macht deutlich, dass mit der Personengruppe der
Arbeitslosen alleine die durch Rentenabgänge entstehenden Lücken in den Betrieben bei
Weitem nicht geschlossen werden können.
„Wichtige Säulen zur Gewinnung von Arbeits- und Fachkräften bleiben die Ausbildung von
Nachwuchskräften sowie die Qualifizierung von Arbeitslosen und Beschäftigen. Es müssen
alle Register gezogen werden, um die inländischen Potenziale auszuschöpfen. Zu den
wichtigen Stellschrauben gehört auch das Werben um Rückkehrwillige in die Lausitz, eine
hohe Erwerbsbeteiligung von Frauen sowie der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit von
lebensälteren Beschäftigten. Doch das wird nicht reichen: Die Einwanderung von Arbeits- und
Fachkräften gewinnt zunehmend an Bedeutung – immer dann, wenn wir vor Ort niemanden
mehr finden. Die Agentur für Arbeit hilft, um Unternehmen sowie Arbeits- und Fachkräfte
zusammenzubringen“, sagt Kathrin Groschwald, Vorsitzende der Geschäftsführung der
Agentur für Arbeit Bautzen.
Ein Unternehmen, welches seit dem Jahr 2015 bei der Personalrekrutierung aktiv auf die
Einwanderung von Arbeits- und Fachkräften setzt und dabei unter anderem Unterstützung
vom Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur Bautzen sowie von der Zentralen Auslands- und
Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit erhält, ist die VAMED Klinik Schloss Pulsnitz
als Fachklinik für neurologisch-neurochirurgische Rehabilitation. Aktuell arbeiten in der Klinik
rund 500 Beschäftigte aus 15 Ländern, mehr als 200 davon sind Pflegekräfte. Rund ein Drittel
der in der Klinik beschäftigten Pflegekräfte geht in den nächsten 15 Jahren in den
wohlverdienten Ruhestand. Gleichzeitig zählt die Neuro-Reha zu den vergleichsweise
pflegeintensiven Fachbereichen, welche aufgrund der demografischen Entwicklung in Zukunft
eine noch größere Rolle spielen wird.
Ohne den qualifizierten Zuzug von Arbeits- und Fachkräften wird die Schere immer weiter
auseinanderklaffen. Daher startete die Klinik 2015 ein erstes Pilotprojekt zur
Fachkräfteakquise in Vietnam. Seit 2019 werden systematisch Pflegefachkräfte aus Brasilien
rekrutiert und ein weiteres Projekt konnte mit Georgien angeschoben werden. Durch den
Familiennachzug ergeben sich in vielen Fällen weitere Potenziale.
Die Personalrekrutierung aus dem Ausland ist zeitintensiv und kein schneller Sprint. Der nötige
Spracherwerb im Ausland dauert in der Regel zwischen neun und zwölf Monaten. Hinzu
kommen die Anerkennung eines Bildungsabschlusses aus dem Ausland und gegebenenfalls
eine notwendige Anpassungsqualifizierung in Deutschland. Unternehmen sollten ihre
Personalplanung so vorausschauend wie möglich gestalten und bei der Personalrekrutierung
rechtzeitig aktiv werden.
„Diese dramatische Entwicklung trifft schon jetzt nahezu jede Branche. Es ist wichtig, dass die
Politik auf sämtlichen Ebenen gemeinsam mit den Arbeitsagenturen und den Wirtschafts- und
Interessenverbänden zukunftsorientierte, nachhaltige Strategien entwickelt und nicht zuletzt
auch die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür schafft, dass die Arbeits- und
Fachkräfterekrutierung aus dem Ausland vereinfacht wird. Dies beginnt bei der erforderlichen
Senkung bürokratischer Hürden und reicht bis hin zu Fragen der Refinanzierung. Der Weg
vom Beginn der Sprachausbildung über die Anpassungsqualifikation im Unternehmen bis hin
zur vollumfänglichen Einsatzfähigkeit ist oft lang und kostenintensiv. Es braucht hier ein hohes
Maß an Sachverstand, klare Zuständigkeiten sowie einheitliche und transparente Verfahren“,
so Carsten Tietze, Geschäftsführer der VAMED Klinik Schloss Pulsnitz.
Die Arbeitsagentur setzt auf faire und nachhaltige Migration, damit wir anderen Ländern keine
Arbeits- und Fachkräfte abwerben, welche dort dringend benötigt werden. In der EU haben
alle Länder ähnliche Rahmenbedingungen: Die demografische Entwicklung sowie die
verbesserte wirtschaftliche Lage in den Ländern hat dazu geführt, dass die EU-Binnenmigration
zurückgegangen ist. Aus diesem Grund liegt der Fokus bei der Rekrutierung
ausländischer Arbeits- und Fachkräfte auf Drittstaaten, wie zum Beispiel Brasilien, Mexiko,
Indien oder Vietnam.
Der Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Bautzen berät rund um die Rekrutierung
ausländischer Arbeits- und Fachkräfte sowie zu möglichen Förderleistungen und vermittelt
Kontakte zu den zuständigen Anlaufstellen, wie der Zentralstelle für Auslands- und Fachvermittlung
der Bundesagentur für Arbeit (ZAV). Die ZAV kooperiert mit den Arbeitgeber-Services der Agenturen
für Arbeit vor Ort, sucht geeignete Bewerberinnen und Bewerber im Ausland und unterstützt deren
oziale und betriebliche Integration in Deutschland.
Arbeits- und Fachkräfte für die Region im Ausland zu gewinnen, ist eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der alle beitragen müssen, damit sich die Menschen
willkommen fühlen und eine neue Heimat finden. Nicht nur im Beruf, sondern auch im Alltag,
zum Beispiel beim Bäcker oder in der Schule, sollte sich jeder Mensch – egal welcher Herkunft
– willkommen fühlen und gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilhaben können. Alle
Menschen sollten offen aufeinander zugehen, das Miteinander leben und sich regional
einbringen, zum Beispiel bei Festen oder in Sportvereinen.
Hintergrundinformationen:
Gemeldete Arbeitsstellen im Gesundheits- und Sozialwesen:
April 2023: 332 Stellen
Neu gemeldete Arbeitsstellen von Unternehmen im Gesundheits- und Sozialwesen:
April 2023: 60 Stellen
In den Landkreisen Bautzen und Görlitz arbeiteten im Juni 2022 202.658 sozialversicherungs-
pflichtig Beschäftigte, darunter sind 9 Prozent (18.220 Personen) ausländische Bürgerinnen und Bürger. Mehr als die Hälfte (61 Prozent / 11.160 Personen) sind Fachkräfte, Spezialisten oder Experten.
Die meisten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus dem Ausland in Ostsachsens Betrieben arbeiten im verarbeitenden Gewerbe (6.252 Personen), in der Arbeitnehmerüberlassung (3.432 Personen), im Bereich Verkehr und Lagerei (1.615 Personen), im Gesundheits- und Sozial-
wesen 1.335 Personen) sowie im Bereich Handel, Instandhaltung sowie Reparatur von Kraftfahrzeugen (1.138 Personen).
Jeder vierte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (26,8 Prozent) in der Region ist 55 Jahre oder älter. Bei Betrachtung der in Ostsachsen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus dem Ausland ist nur jeder Vierzehnte (7,0 Prozent) 55 Jahre oder älter.