Dabei ist ein Trend deutlich abzusehen: Die Schere zwischen angebotenen Ausbildungsstellen und suchenden Bewerbern geht immer weiter auseinander – obwohl dieses Jahr anscheinend die Corona-Verunsicherung unter den Jugendlichen zurückgegangen ist und sich wieder mehr für eine Berufsausbildung interessierten. Allerdings gilt das auch für die Unternehmen und Betriebe, weshalb auch die Zahl der Ausbildungsstellen wieder anstieg.
Der Ausbildungsmarkt in Bielefeld
Als Bewerberin oder Bewerber für eine Ausbildungsstelle 2022 hatten sich seit Oktober 2021 in Bielefeld 2.500 Jugendliche und junge Erwachsene bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur gemeldet. Das sind 94 junge Menschen mehr als im Vorjahreszeitraum (plus 3,9 Prozent). „Auch wenn wir die Zahlen vor der Pandemie nicht erreicht haben – und wohl auch aufgrund des fortschreitenden demographischen Wandels nicht mehr erreichen werden – ist dies ein gutes Zeichen für den Ausbildungsmarkt in Bielefeld“, resümiert Wolfgang Draeger, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Bielefeld. Besonders beliebt bei den Jugendlichen waren die Ausbildungsgänge als Medizinische/r Fachangestellte/r, Kaufmann/-frau für Büromanagement, Kfz-Mechatroniker für PKW-Technik, Verkäufer/in und Kaufmann/-frau im Einzelhandel.
Von den 2.500 gemeldeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben 2.369 einen Ausbildungs- oder Studienplatz für 2022 gefunden, 116 Jugendliche mehr als noch im Oktober 2021 (plus 5,1 Prozent). Dies bedeutet aber auch, dass 131 Jugendliche noch auf der Suche sind. „Der Start in das aktuelle Ausbildungsjahr ist auch weiterhin möglich“, betont Günter Michaelis, operativer Geschäftsführer der Arbeitsagentur Bielefeld.
Die Zahl der freien Berufsausbildungsstellen, die Unternehmen und Verwaltungen seit Oktober 2021 für das Stadtgebiet meldeten, sind ebenfalls nach der Pandemie wieder gestiegen. So zählte die Arbeitsagentur 2.223 Ausbildungsstellen und damit 102 mehr als im Jahr davor (plus 4,8 Prozent). “Die meisten Ausbildungen wurden uns im Bereich des Handels und Verkaufs, der Arzt- und Praxishilfe und der Büro- und Sekretariatstätigkeiten gemeldet“, weiß Michaelis.
Aktuell sind von den gemeldeten Ausbildungsplätzen 264 noch unbesetzt. Rechnerisch kommen damit in der Stadt Bielefeld auf 100 noch freie Ausbildungsplätze 50 aktuell noch unversorgte Bewerberinnen und Bewerber. Und damit haben diese sehr gute Chancen noch etwas zu finden. Besonders gesucht werden derzeit noch Auszubildende als Kaufmann/-frau für Büromanagement, Verkäufer/in, Kaufmann/-frau für Dialogmarketing oder Fachkraft Lagerlogistik. Aber auch Bewerberinnen und Bewerber, die eine Ausbildung als Anlagenmechaniker/in für Sanitär-/Heizungs- und Klimatechnik, als Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r oder als Beton- und Stahlbetonbauer/in suchen, werden bestimmt fündig. Noch bis Ende Dezember ist ein Ausbildungsstart 2022 möglich. „Wir hoffen hier auf einen Endspurt bis zum Jahreswechsel. Denn die Duale Berufsausbildung bietet weiterhin attraktive Einstiegsmöglichkeiten“, so Draeger.
IHK: Duale Berufsausbildung trotzt dem Fachkräftemangel - Vorjahresniveau der Neueintragungen von Ausbildungsverträgen schon jetzt erreicht
„In Zeiten des allgegenwärtigen Fachkräftemangels behauptet die Duale Berufsausbildung ihren hohen Stellenwert“, betont auch Petra Pigerl-Radtke, Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). Dies beweise die positive Zahl der neueingetragenen Ausbildungsverträge in Ostwestfalen. „Bereits im vergangenen Jahr hat sich der Ausbildungsmarkt von den Auswirkungen der Pandemie erholt, in diesem Jahr konnte der Erfolg aber noch übertroffen werden“, so Pigerl-Radtke weiter. 2021 seien insgesamt 6.806 neue Ausbildungsverträge bei den IHK-Mitgliedsunternehmen verzeichnet worden. In diesem Jahr belaufe sich die Zahl bereits Anfang Oktober auf 7.064. Damit sei schon jetzt das Jahresendniveau von 2021 überschritten.
In Bielefeld sei die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverträge im Vorjahresvergleich um 8,9 Prozent gestiegen. Insgesamt konnten bis Anfang Oktober 1.406 neu eingetragene Ausbildungsverträge verzeichnet werden. Die Entwicklung der Berufe verlaufe unterschiedlich. Während die kaufmännischen Berufe um 5,5 Prozent (Vorjahr: plus 5,7 Prozent) stiegen, erfuhren die gewerblich-technischen Berufe in Bielefeld sogar ein Plus von 16,6 Prozent (Vorjahr: minus 1,2 Prozent).
„Die starke Entwicklung im gewerblich-technischen Bereich, besonders unter den Fachinformatikerinnen und Fachinformatikern beweist, dass die Duale Berufsausbildung ein probates Mittel ist, dem bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken und den Bedarf der Wirtschaft zu decken“, resümiert die IHK-Hauptgeschäftsführerin. Auch die Berufsgruppe „Hotel und Gaststätten“ erfahre einen großen Aufschwung. Die Zahl der neuen Ausbildungsverträge der Hotelfachleute zum 30. September 2022 sei im Vorjahresvergleich in Ostwestfalen um 54,2 Prozent gestiegen. Auch in diesem Bereich setzen die Unternehmen auf die Duale Berufsausbildung, die das Fachkräftesicherungssystem stärke. Insgesamt seien die Zahlen der neu eingetragenen Ausbildungsverträge erfreulich. Dennoch müsse auch die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen in Ostwestfalen berücksichtigt werden. Diese sei 2021 erstmals höher gewesen, als die Zahl der unvermittelten Bewerberinnen und Bewerber. Auch in diesem Jahr blieben viele Ausbildungsstellen unbesetzt. Für die Zukunft gelte es also, alles daranzusetzen, die Berufsorientierung der Jugendlichen zu unterstützen und zu fördern. Dazu gehöre aus IHK-Sicht, zum Beispiel Kooperationen zwischen Unternehmen und Schulen zu vermitteln oder Besuche von Auszubildenden, den sogenannten Ausbildungsbotschafterinnen und -botschaftern, zu organisieren, die in Abgangsklassen der Schulen über ihre Ausbildung berichten. Insbesondere die Berufswahlplattform www.ausbildungschance-owl.de, die gemeinsam von der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld, der IHK Lippe zu Detmold und der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld betrieben wird, spiele hier eine große Rolle. „Um noch mehr junge Menschen zu erreichen und sie über ihre Ausbildungschancen zu informieren und unkompliziert mit den Unternehmen zu vernetzten, entwickeln wir diese Plattform systematisch weiter“, erklärt Pigerl-Radtke. „Wir setzen uns mit aller Kraft für die Unterstützung einer noch nachhaltigeren Berufswahlvorbereitung junger Menschen ein, um so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.“
Handwerkskammer: Immer mehr junge Menschen finden im Handwerk ihre Zukunft
„Immer mehr junge Menschen erkennen, dass sie mit einem Handwerksberuf die Zukunft aktiv gestalten können“, sagt Carl-Christian Goll, Geschäftsführer Berufsbildung der Handwerkskammer OWL. Zum 30. September verbucht das Handwerk in Ostwestfalen-Lippe ein Plus von knapp 4 Prozent bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen, das entspricht insgesamt 3.923 neuen Auszubildenden im Handwerk. „Wir konnten das starke Vorjahresergebnis noch einmal toppen“, betont Goll. Insgesamt absolvieren im OWL-Handwerk knapp 11.000 junge Menschen eine Ausbildung im Handwerk. In Bielefeld stieg die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um satte 10 Prozent. Besonders die Ausbildungsberufe Kraftfahrzeugmechatroniker/-in, Elektroniker/-in und Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik sind bei jungen Menschen in Bielefeld besonders gefragt. Gleichwohl gibt es im regionalen Handwerk noch eine Vielzahl an freien Ausbildungsplätzen. „Diejenigen, die eine Ausbildung absolvieren möchten, können auch jetzt noch Ausbildungsverträge abschließen und sofort durchstarten“, erklärt Goll.
Ausbildungsbeginn 2022 weiterhin möglich! Und auch den Start 2023 jetzt angehen!
Junge Menschen, die Hilfe bei der Ausbildungssuche benötigen, melden sich unter 0800 4 5555 00 (kostenfrei) bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur oder vereinbaren online einen Termin unter www.arbeitsagentur.de/vor-ort/bielefeld/berufsberatung (für Bielefeld und Gütersloh). Freie Ausbildungsstellen für OWL sind unter www.ausbildungschance-owl.de zu finden. Das Beratungsteam der Handwerkskammer unterstützt zudem unter der Telefonnummer 0521 5608 333 alle Interessierten am Handwerk dabei, Lösungen zu finden, die einen späteren Start ermöglichen. Alle freien Plätze sind auch unter der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer OWL www.lehrstellen-radar.de aufgeführt.
Der Bewerbermarkt bei der Ausbildungsplatzsuche bedeutet für die Arbeitgeber allerdings eine echte Herausforderung die freien Stellen zu besetzen. Sie werden bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze für 2023 vom Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur kostenfrei unter 0800 4555520 hierbei unterstützt.