Gute Entwicklung - Krisen gut eingedämmt

Jahresbilanz auf dem Herner Arbeitsmarkt 2022

16.12.2022 | Presseinfo Nr. 101

Herne. Deutlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit gegenüber Vorjahr. Entwicklung im Jahresverlauf saisontypisch. Weiterer Anstieg der Beschäftigung in 2022. Voranschreiten der Demografie und Transformation des Arbeitsmarktes jedoch ungebremst. Die aktuelle Krise hinter den Krisen und für das Jahr 2023 lautet: Fachkräftemangel. 

Gemeinsam mit dem Oberbürgermeister der Stadt Herne, Dr. Frank Dudda, dem neuen Geschäftsführer des Jobcenters, Thomas Saponjac, lässt der Vorsitzende Geschäftsführer der Agentur für Arbeit, Frank Neukirchen-Füsers, das Arbeitsmarktjahr 2022 Revue passieren und zieht Bilanz. 

Das dritte Jahr in Folge ist der Arbeitsmarkt gebeutelt von unvorhergesehenen Krisen. Die Krise der ersten beiden Jahre, Corona, wirkt noch nach. Seit Anfang dieses Jahres kam eine weitere hinzu: der Krieg in der Ukraine. Dennoch kann die Entwicklung insgesamt auf dem Herner Arbeitsmarkt trotz aller Widrigkeiten als gut bezeichnet werden. Die Arbeitslosigkeit, die noch zum Ende des Vorjahres keine große Veränderung aufwies, konnte 2022 weiter abgebaut werden und die Arbeitslosenquote ist erneut gesunken. Zwar blieben weitere Folgen der Pandemie und auch des weltpolitischen Geschehens vor Ort nicht ohne Folgen, ein Großteil der Betriebe zeigte sich jedoch, wenn auch etwas zaghaft, weiter aktiv und engagiert. Die Beschäftigung ist - wie auch in den Jahren zuvor - gegenüber dem Vorjahr erneut gestiegen. Ein Blick auf die letzten 

fünf Jahre zeigt gar einen Anstieg um über 10 Prozent. Das sind fünfeinhalb Tausend mehr Menschen in Arbeit als noch zu Beginn des Jahres 2017. Die Krise auf dem Arbeitsmarkt hinter den Krisen der Welt heißt: Fehlende Fachkräfte. Der Bestand an offenen Stellen steigt. Das Stellenbesetzungsverfahren wird immer schwieriger. Zum Teil bleiben Stellen unbesetzt. 

Frank Neukirchen-Füsers, Vorsitzender Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Bochum, zu der die Geschäftsstelle in Herne zählt, betont die gute Entwicklung in Herne der letzten Jahre, berücksichtigt aber auch die kommenden Herausforderungen: „Wir schließen das aktuelle Jahr mit dem drittniedrigsten Stand der Arbeitslosigkeit seit der letzten große Weltwirtschaftskrise vor 14 Jahren ab. Der Herner Arbeitsmarkt hat sich trotz ständiger Herausforderungen in den letzten Jahren weiter positiv entwickelt. Das ist eine gute Botschaft. Besonders konnten die jungen Menschen in Herne davon profitieren. Aber wir dürfen uns nicht ausruhen. Die Krise hinter den Krisen dieser Welt lautet Fachkräftemangel. Demografie und Transformation des Arbeitsmarktes fordern ein konsequentes Umdenken der Unternehmen, der Bewerber und insgesamt in der Gesellschaft. Wir brauchen mehr Fachkräfte, Spezialisten und Experten. 2022 wurden allein rund 60 Menschen in ihren Betrieben mit unserer Hilfe weiter qualifiziert und rund 180 arbeitsuchende Menschen durch berufliche Qualifikationen für den Arbeitsmarkt vorbereitet. Das ist gut, aber lange noch nicht genug. Unsere Förder- und Weiterbildungsangebote, insbesondere bei der Förderung von Beschäftigten, werden noch nicht ausgeschöpft. Qualifikationsbedarfe ändern sich immer schneller und Fachkräfte sind nur schwer zu erhalten. Deshalb ist es umso wichtiger, die eigenen Mitarbeitenden durch geförderte Weiterbildung auf die Anforderungen der Zukunft vorzubereiten. Ebenfalls werden wir im nächsten Jahr noch stärker die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland angehen. Auch hier stehen wir den Betrieben gerne mit Rat und Tat zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es aber auch Potential vor Ort, was noch ausbaufähig ist: Junge Menschen ohne Ausbildung, Mütter oder Väter, die zurück in den Beruf wollen und auch Fachkräfte mit einer Behinderung. Es darf keiner „Außen-Vor“ bleiben. Benötigt werden alle.“    

Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda freut sich über die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: „Herne verzeichnete in den letzten fünf Jahren ein stärkeres Beschäftigungswachstum als das Ruhrgebiet und NRW. Auch sind wir in Herne gut aufgestellt, wenn es um Fachkräfte geht. Von den rund 50.000 versicherungspflichtigen Beschäftigten sind rund 60 Prozent Fachkräfte. Im Sozialwesen verzeichnen wir sogar einen Anstieg der Stellen um 13,7 Prozent, das sind 425 neue Verträge. Insgesamt ist die Arbeitslosigkeit in Herne um 6,1 Prozentpunkte im Vergleich zu 2021 gesunken. Das ist der dritt niedrigste Stand seit 14 Jahren. 2022 verzeichnen wir außerdem die zweitniedrigste Jugendarbeitslosigkeit, ebenfalls seit 14 Jahren. Ohne die Energiekrise und den Krieg in der Ukraine würden wir in Herne deutlich bessere Zahlen schreiben. Wir werden mit aller Kraft daran arbeiten, die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter zu verbessern. Dazu zählt auch, weitere neue Unternehmen in Herne anzusiedeln.“ 

Auch der neue Geschäftsführer des Jobcenters in Herne, Thomas Saponjac, verweist auf die gute Entwicklung in Herne sowie die Möglichkeiten, die das neue Bürgergeld mit sich bringt: „Ich freue mich auf die neue Herausforderung und möchte den Erfolgskurs auf dem Arbeitsmarkt vor Ort weiter stärken. Wir verzeichnen in Herne eine steigende Nachfrage nach Arbeitskräften. Das bietet auch für langzeitarbeitslose Menschen neue Chancen. Durch das neue Bürgergeld rückt das Thema Bildung und Nachhaltigkeit stärker in den Vordergrund und die Bürokratie in den Jobcentern wird abgebaut. Das werden wir für unser Arbeit nutzen. Gemeinsam mit unseren Kund:innen werden wir Chancen und Möglichkeiten erarbeiten und sie noch besser unterstützen, wieder langfristig und gut in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Ein weiteres wichtiges Thema für das neue Jahr wird die Betreuung und Vermittlung ukrainischer Flüchtlinge sein. Dazu gehören ebenso viele Themen: Angefangen vom Spracherwerb über gezielte Förderungen und das Anerkennen von Qualifikationen bis hin zur Betreuung auch mit Blick auf gesundheitlich und psychosomatische Fürsorge dieser Personengruppe.“ 

Von der guten Entwicklung auf dem Herner Arbeitsmarkt 2022 profitierten alle Personengruppen. Durchschnittlich lag die Arbeitslosigkeit bei 8.538 Personen im Monat. Verglichen mit dem Vorjahresergebnis sind das 559 Personen oder 6,1 Prozent weniger als 2021. 

Mit Blick auf die beiden Rechtskreise zeichnet sich beim Rückgang absolut gesehen kein großer Unterschied ab - prozentual aber doch: So liegt die Verminderung der Arbeitslosigkeit mit minus 341 Personen bei 16,1 Prozent in der Versicherungsleistung (Sozialgesetzbuch III). In der Grundsicherung (Sozialgesetzbuch II) ist der Rückgang mit minus 218 Personen oder 3,1 Prozent relativ gesehen schwächer. Ein häufiger Grund dafür ist, dass ein Großteil der Arbeitslosen in der Grundsicherung ohne Ausbildung ist. 

Den größten Rückgang über beide Rechtskreise hinweg (SGB III und SGB II) verzeichnete im zurückliegenden Jahr die Personengruppe der Langzeitarbeitslosen. Hier lag die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen im Schnitt pro Monat bei 3.764 Personen. Gegenüber dem Vorjahr sind das 473 oder 11,2 Prozent weniger. Gefolgt wird diese gute Entwicklung von einem guten Abbau der Jugendarbeitslosigkeit. Hier lag die durchschnittliche Zahl im zurückliegenden Jahr bei 812 Personen. Gegenüber dem Jahr 2021 sind das durchschnittlich 62 junge, arbeitslose Menschen oder 7,1 Prozent weniger.  

Auffällig ist, dass sich der Rückgang der Arbeitslosigkeit 2022 deutlich stärker mit minus 417 Personen oder 8,1 Prozent bei den Männern als mit minus 141 Personen oder 3,6 Prozent bei den Frauen entwickelt hat. Erklärbar ist dies durch die Arbeitslosigkeit ukrainisch geflüchteter Frauen, die seit Mitte dieses Jahres in der Arbeitslosenstatistik gezählt werden.

Der Bestand an offenen Stellen ist sichtbar im zurückliegenden Jahr gestiegen. Im Schnitt lag er bei 1.132 offenen Stellen. Das sind mit einem Plus von 187 Stellen knapp ein Fünftel (19,7 Prozent) mehr offene Stellen als 2021. Damals lag die durchschnittliche Zahl an offenen Stellen bei 946. Dies ist ein Beleg dafür, dass das Stellenbesetzungsverfahren sich erschwert: Es werden neue Stellen gemeldet, aber ältere können nicht abgemeldet werden, da das adäquate Personal fehlt und sie nicht besetzt werden können. 

Immer mehr Stellen werden aus dem Gesundheits- und Sozialwesen (ohne Heime), der Gastronomie, dem Baugewerbe und auch aus dem Einzelhandel gemeldet. Rückläufig ist die Entwicklung im Bereich der Heime, der Reparatur und Installation von Maschinen und die Herstellung von Metallerzeugnissen.