Die Agentur für Arbeit Bonn, die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg (IHK) und die Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg präsentierten in ihrer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag, den 31. März 2023, die Halbjahresbilanz am Ausbildungsmarkt des Berufsberatungsjahres 2022/23 für die Region.
Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bonn, sagt: „Den Wandel hin zu einem Bewerber*innen-Markt spüren wir immer deutlicher. Für die Betriebe wird es immer schwerer, die jungen Menschen von sich zu überzeugen. Bei mehr als 300 dualen Ausbildungsmöglichkeiten und fast 16.000 Bachelor- und Masterstudiengängen ist es wichtig, die Jugendlichen gut zu beraten und Orientierung zu bieten. Das ist der Schlüssel für die richtige Berufswahl und einen erfolgreichen Einstieg ins Berufsleben."
Akquise von Ausbildungsstellen
Die Agentur für Arbeit konnte seit Beginn des Berichtsjahr 3.128 Ausbildungsstellen akquirieren. Das sind -339 oder -9,8 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl gemeldeter Bewerber*innen sank ebenfalls zum Vorjahr um -217 (-6,4 Prozent) auf insgesamt 3.151. Der erneute Rückgang der Bewerber*innen für eine duale Ausbildung liegt im Agenturbezirk unter anderem daran, dass viele Jugendliche tendenziell ihren Schulbesuch fortsetzen, um einen höheren Schulabschluss zu erlangen.
Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Berufsbildung und Fachkräftesicherung der IHK Bonn/Rhein-Sieg empfiehlt den Schülerinnen und Schülern ihre Chancen zu nutzen - ihm sei keine einzige Branche bekannt, in welcher jetzt nicht auch noch Auszubildende gesucht würden. Aus Erfahrung wisse er, dass ein Praktikum der beste Weg ist, um Unternehmen zu überzeugen und motiviert daher: „Bewerbt euch jetzt um ein Praktikum“. Bewerber*innen empfiehlt er darüber hinaus die besonderen Beratungsleistungen der IHK, insbesondere die von der Bundesregierung mitgeförderten Projekte „Passgenaue Besetzung“ oder „Willkommenslotsen“. (www.ihk-bonn.de, Webcode: @2124, @3990)
Seit Beginn des Berichtsjahres sind der Agentur für Arbeit Bonn die meisten Stellen zu den folgenden Berufsausbildungen gemeldet worden: Kaufmann/-frau im Einzelhandel (229), Kaufmann/-frau Büromanagement (218), Verkäufer/in (191), Medizinische/r Fachangestellter/r (155), Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r (137), Handelsfachwirt/in (97), Fachinformatiker/in – Systemintegration (75), Bankkaufmann/-frau (68), Kfz. Mechatroniker/in (63) und Fachkraft – Lagerlogistik (62).
Für Jugendliche ist es sehr wichtig, dass sie sich auf viele gute Ausbildungsangebote bewerben können. Für viele Betriebe ist die Berufsausbildung ein wichtiges Instrument, um ihren Bedarf an Fachkräften zu decken. Dem Fachkräftebedarf durch die eigene Ausbildung zu begegnen, ist immer noch der Königsweg.
Jürgen Hindenberg ergänzt zu den Ausbildungszahlen der Agentur für Arbeit: „Auch wir registrieren immer noch einen Rückgang von 4,31% Ausbildungsverträgen (510 Verträge/ -22 Verträge) zum Vorjahr. Wir stellen jedoch fest, dass es genügend Ausbildungsplätze gibt, um allen Bewerber*innen ein Angebot auf Ausbildung zu machen."
Weiterhin informieren die Kooperationspartner zu den Herausforderungen, die den Ausbildungsmarkt der Region prägen. Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist auch weiterhin durch Passungsprobleme gekennzeichnet. Sowohl das Angebot an Ausbildungsplätzen als auch die Nachfrage nach Lehrstellen waren rückläufig. Hinzu kommt, dass die Region Bonn/Rhein-Sieg ein starker Studienstandort ist. Es besteht die Neigung der jungen Menschen, einen höheren Schulabschluss anzustreben oder direkt in ein Studium einzusteigen. Der höchste Anteil an Schulabgängern in der Region besitzt eine Hochschulzugangsberechtigung.
Oliver Krämer, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken: "Wir brauchen ganz dringend eine echte Bildungswende hin zu einer gleichwertigen Wertschätzung von beruflicher und akademischer Ausbildung. Eine gleichwertige finanzielle Unterstützung wäre ein erster wichtiger Schritt dahin."
Stefan Krause zieht insgesamt eine positive Bilanz. "Mit Blick auf den Ausbildungsmarkt ist die Ausgangsposition für viele Jugendliche so gut wie noch nie. Der Arbeitsmarkt reißt sich um gut ausgebildete junge Menschen. Die Ausbildung ist der stärkste Hebel, die passenden Fachkräfte der Zukunft zu gewinnen. Viele Unternehmen nehmen diese Botschaft ernst."
Der Agenturchef gibt zu bedenken: "Schwieriger ist es bei den Jugendlichen, die die Schulzeit ohne einen Abschluss beenden. Jeder junge Mensch ohne Schulabschluss ist einer zu viel." Mit einem fehlenden Abschluss sind immer auch schlechtere Zukunftsaussichten für die Betroffenen verbunden. "Um die Chancen der Jugendlichen auf eine Ausbildung zu verbessern, brauche es eine frühe Förderung im Unterricht und einen besseren Informationsaustausch untereinander. Wir müssen gemeinsam darauf hinwirken, dass unsere Berufsberatung leichter und früher mit den Jugendlichen ohne Anschlussperspektive in Kontakt treten kann, um Unterstützung für den Übergang in berufsbildende Maßnahmen anzubieten.", so Krause.
Offene Ausbildungsstellen und unversorgte Bewerber*innen
Die Bilanz seit Beginn des Berichtsjahres zeigt, dass auf 1.961 unversorgte Bewerber*innen 2.161 offene Stellen kommen. Auf 100 unbesetzte Berufsausbildungsstellen kommen 91 unversorgte Bewerber*innen. Zum Vorjahr fiel die Anzahl der unversorgten Bewerber*innen um -8,3 Prozent und die der unbesetzten Ausbildungsstellen um -10,9 Prozent.
„Gerade im Hinblick auf die demografische Entwicklung müssen wir bei jungen Menschen wieder die Lust auf den eigenen Betrieb erhöhen.", sagt Oliver Krämer.
Hierzu ergänzt Dr. Lars Normann, Leiter der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Bonn: "Wir erleben aktuell einen immer deutlicheren Wandel hin zum Bewerber*innen-Markt. Dies wird sich zukünftig aufgrund des demografischen Wandels noch fortsetzen. Nun geht es darum zu handeln. Wir wollen möglichst allen jungen Menschen einen erfolgreichen Start ins Berufsleben ermöglichen und intensivieren hierzu im zweiten Halbjahr nochmals unser Beratungsangebot in den regionalen Schulen."
Ausblick 2023
Vor kurzem ging die gemeinsame IHK-Kampagne „Ausbildung macht mehr aus uns – Jetzt #könnenlernen“ an den Start. Jugendliche können auf dem Tiktok-Kanal (@DIE.AZUBIS) und der Website den Alltag von acht Azubis verfolgen. „Mit der Kampagne wollen wir zeigen, wie erfolgreich man mit einer dualen Ausbildung sein kann. Und das nicht nur, weil das Lebenseinkommen eines Bachelor Professional (z. B. Fachwirt, Industriemeister) und eines Hochschulbachelors mit 1,4 Millionen Euro vergleichbar ist.“, so Jürgen Hindenberg.
"Umwelt- und Klimathemen bewegen Jugendliche gerade mehr als alles andere. Den Jugendlichen sollte dabei bewusst sein: Jeder kann sich für den Klimaschutz aktiv einsetzen. Und zwar hauptberuflich!", sagt Oliver Krämer.
"Der Schlüssel für einen guten Start ins Berufsleben ist gute Beratung und Berufsorientierung. In unserer bundesweiten Aktionswoche Woche der Ausbildung haben wir jungen Menschen und Unternehmen viele tolle Aktionen angeboten um sich zum Thema Ausbildung zu informieren oder auch direkt miteinander in Kontakt zu treten - zum Beispiel in einer zweitägigen Ausbildungsbörse im Brückenforum oder einer Podiumsdiskussion zum Thema "Handwerk und Berufe im Wandel" in der Bundeskunsthalle.", so Lars Normann. (Impressionen finden Sie unter: https://berufsberatung-bonn.de/)
Chance 2023 - JETZT IN DIE DUALE AUSBILDUNG STARTEN!
01.06.2023 - Rathaus Bonn-Beuel
Die Veranstaltung "Chance 2023 - Jetzt in die duale Ausbildung starten" ist ein Veranstaltungsformat für Schüler*innen ohne Anschlussperspektive kurz vor Abschluss des Schuljahres. Hauptorganisatoren sind die Agentur für Arbeit Bonn sowie die Kommunalen Koordinierungen der Stadt Bonn und des Rhein-Sieg-Kreises. Miteinladender ist die zuständige Schulaufsicht mit der Generale Übergang Schule-Beruf.
Für Fragen und Anliegen rund um die Berufswahl steht die Berufsberatung auf unserer Homepage der Berufsberatung unter: https://berufsberatung-bonn.de/ oder auch telefonisch oder per E-Mail zur Verfügung.
Bonn Hotline: 0228 924 8000,
E-Mail:
Siegburg Hotline: 02241 300 800,
E-Mail:
Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen können ihre Ausbildungsstellen telefonisch unter 0800 / 4-5555-20 melden.