Mehr Interesse bei Jugendlichen und Betrieben
Die Agentur für Arbeit Bonn, die Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg, die Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg und die Handwerkskammer zu Köln präsentierten in ihrer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch, den 30. Oktober 2024, ihre Bilanz des Berufsberatungsjahres 2023/24 für die Region.
Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bonn, sagt: „Im Berichtsjahr 2023/24 stellen wir fest, dass das Interesse an der Ausbildung auf beiden Seiten gestiegen ist: Es haben sowohl wieder mehr Betriebe Ausbildungsstellen ausgeschrieben als auch Jugendliche nach einer Ausbildungsstelle gesucht. So bleibt es unser aller Anspruch, mit einem guten „matching“ zu einem bestens ausgebildeten Berufsnachwuchs in unserer Region beizutragen.“
Bilanz der Arbeitsagentur Bonn
Gemeldete Ausbildungsstellen und Bewerber*innen
Die Agentur für Arbeit konnte im zurückliegenden Berichtsjahr 4.804 Ausbildungsstellen verzeichnen. Das sind 818 Stellen oder 20,0 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Zahl gemeldeter Bewerberinnen und Bewerber stieg ebenfalls zum Vorjahr um 536 (+11,9 Prozent) auf insgesamt 5.038.
Für den Zuwachs an Ausbildungsstellen gegenüber dem vorangegangenen Jahr sieht die Agentur für Arbeit Bonn mehrere Gründe: Zum einen hat der Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur seine Kontakte zu den Betrieben der Region intensiviert, um das Potential, das betriebliches Ausbildungsengagement für die Verringerung des Fachkräftemangels hat, hervorzuheben. Zudem wurden Unterstützungsangebote, die die Agentur für Arbeit bei der Förderung von Ausbildung bietet, bekannter gemacht. Daneben hat die Arbeitsagentur verstärkt um die Meldung der ausgeschriebenen Stellen geworben, um Interessierten und der Öffentlichkeit ein wirklichkeitsgetreues Bild des Ausbildungsmarkt zeigen zu können.
Auch die merkliche Zunahme an Bewerberinnen und Bewerbern geht größtenteils auf die Intensivierung der Beratungsangebote an den Schulen zurück. So gelang es den Beratungsfachkräften der Agentur, über 500 junge Menschen mehr für den beruflichen Start in eine Ausbildung zu gewinnen als vor einem Jahr. Zusätzlich wirkte sich das im Oktober 2023 verabschiedete Gesetz zur Übermittlung von Schülerinnen- und Schülerdaten am Übergang von der Schule in den Beruf aus. Mit diesem Gesetz wurde der Agentur für Arbeit eine datenschutzkonforme Möglichkeit eröffnet, um Jugendliche, die nach Kenntnisstand ihrer Schule noch keine konkreten beruflichen Pläne gefasst haben, am Ende ihrer Schullaufbahn zu kontaktieren. Im Fall der Agentur für Arbeit Bonn bedeutete dies, dass nochmals über 700 junge
Menschen zur beruflichen Beratung eingeladen wurden.
Differenziert nach Berufsgruppen wurden der Agentur für Arbeit Bonn seit dem 1. Oktober 2023 folgende Stellen am häufigsten gemeldet: Verkauf (ohne Produktionsspezialisierung) (689), Arzt- und Praxishilfe (437), Büro und Sekretariat (292), Handel (238), Verwaltung (206), Energietechnik (188), Lagerwirtschaft, Post, Zustellung, Güterumschlag (177), Klempnerei, Sanitär-, Heizungs-, Klimatechnik (159), Fahrzeug-, Luft-, Raumfahrt-, Schiffbautechnik (131), Informatik (113), Hochbau (99), Speisenzubereitung (90), Lebensmittel- und Genussmittelherstellung (87) und Körperpflege (78).
Stefan Krause betrachtet die Entwicklungen auf dem Ausbildungsmarkt insgesamt zuversichtlich: „Das Interesse an der Ausbildung steigt wieder – das ist angesichts des Fachkräftemangels in unserem Land eine positive Entwicklung. Dabei haben die Bewerberinnen und Bewerber aktuell eine bessere Position, was von den Betrieben eine gewisse Flexibilität und Investitionsbereitschaft erfordert. Zum einen wollen hervorragend geeignete Kandidaten mit Entwicklungsperspektiven überzeugt werden. Zum anderen sollten Betriebe erwägen, Kandidaten, bei denen die Chemie und die Motivation stimmt, eine Chance zu geben, auch wenn sie das Anforderungsniveau nicht ganz erreichen. Dafür gibt es seitens der Agentur für Arbeit sowohl organisatorische als auch finanzielle Unterstützung.“
Die Handwerkskammer (HWK) zu Köln bestätigt den positiven Trend bei Ausbildungsstellen
und Ausbildungsinteressierten: In ihrem gesamten Bezirk wurden seit Jahresanfang und bis zum 30. September 4.340 neue Ausbildungsverträge eingetragen – 230 bzw. 5,78 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres.
Zum Vergleich: Allen nordrhein-westfälischen Handwerkskammern lagen zum Stichtag zusammen 26.076 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge (+ 0,62 Prozent) vor; bundesweit wurden im Handwerk rund 126.000 neue Ausbildungsverträge erfasst (+ 0,02 Prozent).
In Bonn/Rhein-Sieg ist bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen Stand 30. September 2024 zusammengenommen ein Zuwachs von 1,9 Prozent zu verzeichnen. In Bonn gibt es mit 403 im Vergleich zum Vorjahr (411) leicht weniger neue Ausbildungsverträge; im Rhein-Sieg-Kreis gibt es mit 911 neuen Verträgen (2023: 878) ein Plus. In Bonn wurden besonders viele neue Ausbildungsverträge im Bereich Bau/Ausbau und in den Gesundheitsberufen abgeschlossen. Im Rhein-Sieg-Kreis waren Ausbildungsplätze im Bereich Elektro/Metall, ebenfalls in den Gesundheitsberufen sowie bei den Kaufleuten im Handwerk besonders gefragt.
Ulrike Pütz, Abteilungsleitung Karrierewerkstatt der HWK Köln: „Wir haben in der Region Bonn/Rhein-Sieg ein stabiles Plus an neuen Ausbildungsverträgen im Handwerk – das ist ein positives Signal. Bis zum Jahresende wollen wir daran arbeiten, die Lage weiter auszubauen. Dass sich wieder so viele junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk entschieden haben, ist in Zeiten des Fachkräftemangels immens wichtig und ein schöner Erfolg. Wir stellen fest, dass immer mehr junge Menschen im Handwerk die Perspektive sehen, ihre beruflichen Vorstellungen in Bezug auf die Themen Nachhaltigkeit, Ökologie, Flexibilität und Weiterbildung zu verwirklichen. Dass junge Menschen die Chancen einer Ausbildung im Handwerk sehen, ist für die Betriebe und für die gesamte Wirtschaft von großer Bedeutung. Wir werden weiter daran arbeiten, die attraktiven Karrierewege im Handwerk zu zeigen und die Begeisterung für handwerkliche Berufe zu entfachen.“
Janin Fester, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg, erläutert: „Das Handwerk in der Region Bonn und Rhein-Sieg hält sein Niveau. Die Ausbildungszahlen sind konstant zum Vorjahr und spiegeln weiterhin wider, dass die klimarelevanten Berufe begehrt sind. So konnten die Berufe Zimmerer, Dachdecker und Anlagenmechaniker den positiven Trend fortsetzen. Auch das Kraftfahrzeuggewerk ist nach wie vor beliebt. Gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel macht es uns stolz, dass die Firmen dennoch erfolgreich den Nachwuchs
finden konnten. Die Akteure sind in unserer Region sehr gut vernetzt und arbeiten hervorragend zusammen. Für das kommende Ausbildungsjahr 2025 erhoffen wir uns weiterhin großes Interesse am Handwerk und werden mit den Kooperationspartnern die duale Berufsausbildung in unserer Region fördern und unterstützen.“
Im Bereich der Bereich der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg ist der Ausbildungsmarkt im Vergleich zum Vorjahr insgesamt stabil geblieben. Mit 2.523 Verträgen haben die IHK-Ausbildungsbetriebe in der Region 2024 insgesamt sechs Auszubildende mehr als im Jahr 2023 eigestellt. Damit ist Bonn/Rhein-Sieg der einzige unter den 16 IHK-Bezirken in Nordrhein-Westfalen, der einen Anstieg zu verzeichnen hat. Landesweit ging die Anzahl der Verträge um 2,7 Prozent zurück.
„Es gibt Licht und Schatten. Das im NRW-Vergleich relativ gute Abschneiden spricht für die Wirtschaftsstruktur und die Zusammenarbeit der beteiligten Partner bei der betrieblichen Ausbildung in unserer Region“, sagt Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg für Berufsbildung und Fachkräftesicherung. „Im Bereich der Industrie ist die schwierige konjunkturelle Lage aber mittlerweile auch auf dem Ausbildungsmarkt spürbar.“
Während in den Sektoren Handel und Dienstleistung die Anzahl der Ausbildungsverträge um 61 auf 1.872 gewachsen ist, verzeichnete die IHK im Industriebereich mit 651 Verträgen 55 weniger als im Vorjahr. Hindenberg beurteilt das wie folgt: „Viele der häufig sehr exportorientierten Unternehmen in der Industrie stehen vor großen Herausforderungen, allen voran wegen der globalen Krisen und der Transformation bei der Energieversorgung. Es gibt aber weiterhin sehr attraktive Ausbildungsangebote in diesem Bereich. In dem Transformationsprozess leisten zudem verschiedene Industrieunternehmen in unserer Region einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und liefern etwa Maschinen, Transformatoren oder gehören direkt der Energiebranche an.“
Offene Ausbildungsstellen und unversorgte Bewerber
Die Bilanz am Ende des Beratungsjahres zeigt, dass auf 329 unversorgte Bewerber derzeit noch 685 offene Stellen kommen. Das bedeutet eine Relation von einem unversorgten Bewerber zu 2,1 unbesetzten Stellen.
„Der Anstieg der Ausbildungsstellen bei gleichzeitig steigendem Interesse von Bewerberinnen und Bewerbern ist leider nicht gleichbedeutend mit einem ausgeglichenen Ausbildungsmarkt“, hält Stefan Krause fest. „Bei der Wahl der eigenen Ausbildung spielen sowohl Fähigkeiten und Interessen bei den Ausbildungsinteressierten als auch räumliche Nähe zur Ausbildungsstelle eine Rolle. Hier sehen wir mit Blick auf die Mobilität gerade der jungen Menschen aus Bonn ein gewisses Potenzial.“
Denn im Ausbildungsjahr 2023/24 haben die Betriebe im Rhein-Sieg-Kreis 29 Prozent mehr Ausbildungsstellen als im Vorjahr geschaffen. „Um diese Stellen zu besetzen, braucht es nicht nur die jungen Menschen aus dem Kreis, sondern auch aus der Bundesstadt. Es lohnt sich also, den Blick in den Kreis zu wagen und eine gewisse Pendelstrecke in Kauf zu nehmen, um sich weitere berufliche Perspektiven zu eröffnen“, so Krause weiter. Die Berufsberatung der Agentur für Arbeit Bonn steht Jugendlichen in allen Belangen der beruflichen Orientierung zur Seite und unterstützt
besonders, wenn Vorstellung und Realität nicht ganz deckungsgleich sind.
„Wir freuen uns über das hohe Interesse bei Jugendlichen an der persönlichen Beratung und Ausbildung: So haben wir im vergangenen Beratungsjahr etwa 1.500 Gespräche mehr geführt als im Vorjahr“, sagt Ralf Steinhauer, Leiter der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Bonn. „Im Rahmen dessen stehen wir bei der erfolgreichen Berufswahl zur Seite und informieren im Bedarfsfall auch über Alternativen und Überbrückungsmöglichkeiten. Wenn jemand keine Ausbildungsstelle zum Softwareentwickler findet, schauen wir beispielsweise, welche ähnlich gelagerte Ausbildung noch passen könnte. Dann kommt vielleicht eine Ausbildung im Bereich IT-Systemanalyse, Anwender, IT-Vertrieb infrage.“
In Hinblick auf die Kammerbilanzen ist folgendes zu ergänzen:
Das Angebot der bei der Agentur gemeldeten Ausbildungsstellen aus dem IHKBereich ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 513 Stellen auf 2.857 gewachsen.
Jürgen Hindenberg sagt: „Das ist eine sehr wichtige Botschaft für alle, die sich für eine Ausbildung interessieren: Es gibt ein großes Angebot, von der Industriekauffrau über den Fachinformatiker bis zur Veranstaltungstechnikerin. Man kann sagen: Aus Sicht der Bewerberinnen und Bewerber scheint über dem Ausbildungsmarkt Bonn/Rhein-Sieg die Sonne. Mit unseren Angeboten der ‚Passgenauen Besetzung‘ und den ‚Willkommenslotsen‘ für Migranten und Flüchtlinge bringen wir Unternehmen und Interessenten zusammen. Dabei unterstützen wir gerade auch diejenigen, die sich mit ihrer Bewerbung und der Suche nach einem Platz schwerer tun.“
Mehr Informationen zum Beratungsangebot der IHK Bonn/Rhein-Sieg unter www.ausbildung-bn-su.de und auf der bundesweiten Seite der Kampagne #könnenlernen unter www.ausbildung-macht-mehr-aus-uns.de.
Ulrike Pütz stellt für die HWK fest: „Wir wollen den guten Trend im nächsten Jahr fortführen, unsere Beratungsangebote ausbauen und mit dem gemeinsamen Engagement aller Ausbildungsmarktakteure Auszubildende und Betriebe zusammenbringen.
Neben der Berufsberatung ist uns die Beratung und Unterstützung von Ausbildungsbetrieben und Auszubildenden während der Lehre wichtig: Ausbildungsbetriebe zeigen ein hohes Maß an zeitlichem und finanziellem Engagement, um jungen Menschen eine professionelle Ausbildung zu bieten und Fachkräfte zu entwickeln. Dabei wollen wir sie noch intensiver unterstützen.“
Mit der Bilanzierung des Ausbildungsmarkts 2023/24 ist auch immer schon der Blick nach vorne verbunden. Entsprechend sind die ersten Termine für das neue Ausbildungsjahr schon festgelegt: So findet vom Praktikums- und Berufsorientierungsmesse „Berufsstart 2025“ am 11. und 12. März 2025 und vom 24. bis 28. März 2025 die nächste bundesweite „Woche der Ausbildung“ statt.
Präsentierten ihre Jahresbilanz am Ausbildungsmarkt 2023/24 (v. l. n. r.): Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Berufsbildung und Fachkräftesicherung der IHK Bonn/Rhein-Sieg, Janin Fester, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg; Stefan Krause, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Bonn; Ulrike Pütz, Abteilungsleitung Karrierewerkstatt der HWK Köln; Ralf Steinhauer, Leiter der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Bonn.