„Aufgrund der vielfältigen Herausforderungen, vor denen die Unternehmen stehen, fiel die Frühjahrsbelebung auch im April vergleichsweise verhalten aus“, resümiert Kerstin Kuechler-Kakoschke, Leiterin der Agentur für Arbeit Braunschweig-Goslar, die aktuelle Entwicklung. „Auch wenn die Inflation etwa gesunken ist, machen sich partiell Konsumzurückhaltung, Energiewende, Transformationsprozesse, der Ukraine-Krieg und nicht zuletzt der Fachkräftemangel bemerkbar. Das zeigt sich sowohl in der Entwicklung der Arbeitslosigkeit, als auch beim gemeldeten Bedarf an Arbeitskräften.“
Im April hatten Wirtschaft und Verwaltung 1.126 neue Stellen gemeldet, 91 weniger als im Vorjahresmonat (-7,5%). Insgesamt stehen Arbeitsuchenden derzeit 6.314 gemeldete Stellen offen, das sind 256 weniger als vor einem Jahr (-3,9%).
Auch wenn viele Menschen auf Arbeitsuche sind, ist es für Unternehmen weiterhin häufig schwer, ihre offenen Stellen zu besetzen. Denn besonders gefragt sind Fachkräfte, an die sich gut 53% der gemeldeten Offerten wenden. Rund 26% der Angebote richten sich an Expertinnen und Spezialisten. Wie sehr sich der Fachkräftebedarf zuspitzen könnte, zeigt ein Blick auf das Alter der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Von den rund 242.000 im Agenturbezirk Braunschweig-Goslar lebenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind rund 25.000
60 Jahre und älter, darunter knapp 3.000 zwischen 65 und 70 Jahren.
Gut jeder Zweite aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeitet im Agenturbezirk als Fachkraft. „Die Zahlen zeigen, dass sich ein hoher Ersatzbedarf anbahnt, der durch Digitalisierungsgewinne und Automatisierung nicht annähernd gelöst werden kann. Wir brauchen daher dringend zusätzliche Fachkräfte. Eine wichtige Säule der Fachkräftegewinnung ist die Ausbildung“, so Agenturchefin Kuechler-Kakoschke.
Ausbildungsmarkt
Doch wie ist es um die betriebliche Ausbildung des Nachwuchses bestellt? Seit Oktober wurden bei der Agentur für Arbeit Braunschweig-Goslar 2.694 Ausbildungsstellen und duale Studienangebote gemeldet. Das sind 100 weniger als im Vorjahreszeitraum (-3,6%). 1.592 Ausbildungsstellen waren im April noch nicht vergeben. Auf der anderen Seite haben sich seit Oktober 2.478 junge Menschen bei der Arbeitsagentur und den Jobcentern der Region gemeldet, um mit Unterstützung einen Ausbildungsplatz zu finden. Das sind 42 Ausbildungssuchende weniger als im Vorjahreszeitraum (-1,7%). Gut jeder zweite Ausbildungsinteressierte hat noch keine Zusage erhalten, 1.396 junge Menschen sind entsprechend noch auf der Suche.
Kuechler-Kakosche appelliert an die Unternehmen: „Auch wenn die Zeiten herausfordernd sind, lassen Sie bitte nicht nach in Ihren Bemühungen, jungen Menschen Perspektiven zu eröffnen. Denn Ausbildung ist auch eine große Chance für Betriebe, junge Fachkräfte frühzeitig für ihr Unternehmen zu gewinnen.“ Und mit Blick auf die Ausbildungsinteressierten macht die Expertin Mut: „Jeder wird gebraucht, für jeden findet sich eine Ausbildungsmöglichkeit! Und wenn das letzte Zeugnis vielleicht nicht gerade ein Türöffner ist, dann überzeugen praktische Fähigkeiten und Motivation. Diese kann man dem potenziellen Ausbildungsbetrieb besonders gut in einem kurzen Praktikum zeigen. Und wer noch keine rechte Idee hat, wie der Einstieg in das Berufsleben gelingen kann, der vereinbart am besten einen Termin mit der Berufsberatung, die auch Angebote für einen Plan B hat.“