Das Jahr 2023 war für den Arbeitsmarkt ein sehr anspruchsvolles Jahr, denn eine hohe Inflation, die Energiekrise und der immer größere werdende Mangel an Fachkräften wirkten sich in verschiedenen Bereichen aus. In einer Bilanz zum Jahr 2023 zeigt sich, dass sowohl die Zahl arbeitsloser Menschen, als auch der Menschen in Beschäftigung gestiegen ist.
Blick auf die Arbeitslosigkeit
Im Bezirk der Agentur für Arbeit Coesfeld waren im zurückliegenden Jahr durchschnittlich 13.698 Menschen arbeitslos gemeldet, 2.495 mehr als noch im Jahr 2022. Das ist der höchste Wert in den letzten zehn Jahren. Frank Thiemann, Leiter der Agentur für Arbeit Coesfeld, betont: "Die konjunkturelle Entwicklung sorgte bei vielen Unternehmen für Unsicherheiten. In einzelnen Fällen mussten die Verantwortlichen Entlassungen aussprechen. Ein großer Teil dieses Anstieges lässt sich aber durch die Menschen erklären, die aus der Ukraine zu uns gekommen sind und im Laufe des Jahres nach und nach in die Jobsuche und damit auch in die Arbeitslosenstatistik aufgenommen wurden." So kletterte die Arbeitslosenquote gegenüber dem Vorjahr um 0,7 Prozentpunkte auf nun 4 Prozent. Damit liegt sie im Jahresdurchschnitt so hoch wie zuletzt 2014. Dennoch sieht Thiemann die Entwicklung nicht als Trendwende: "Wir haben keine Massenentlassungen in großer Zahl gehabt, was ein gutes Zeichen ist. Auch Unternehmen, die stark unter den konjunkturellen und weltwirtschaftlichen Einflüssen stehen, sind immer noch bemüht, die Menschen im Betrieb zu halten. In den meisten Fällen gelingt das auch", so der Agenturchef.
Blick auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
Obwohl die Arbeitslosigkeit gestiegen ist, erhöhte sich gleichzeitig die Zahl der Menschen in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auf Rekordniveau. Sie lag im Juni 2023 (aktuellster Stand der Daten) mit 234.953 auf einem neuen historischen Stand und damit um 2.451 höher als im Juni 2022. "Eine Entwicklung, die auf den ersten Blick etwas verwundert, wo doch die Arbeitslosigkeit gestiegen ist", so Rolf Heiber, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Coesfeld. Er erklärt jedoch: "Durch die Menschen aus der Ukraine kamen zusätzliche Personen auf den Arbeitsmarkt, was die gestiegene Arbeitslosigkeit zu großen Teilen erklärt. Gleichzeitig ist die Beschäftigung angestiegen, da vor allem Fachkräfte am Arbeitsmarkt sehr gefragt waren. Insgesamt konnten auch mehr Menschen aus der Arbeitslosigkeit heraus eine Beschäftigung aufnehmen. Außerdem wird die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung stärker in Anspruch genommen", erklärt Heiber. Dies sei durchaus positiv zu bewerten: "Die Möglichkeit einer Teilzeittätigkeit eröffnet mehr Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt, beispielsweise wenn Kinderbetreuung und Berufstätigkeit miteinander verbunden werden müssen", ordnet Heiber ein. Er betont: "Es ist deutlich zu erkennen, dass die Beschäftigung trotz zahlreicher Herausforderungen bislang sehr stabil geblieben ist."
Blick auf die Arbeitskräftenachfrage
Deutlich gesunken ist die Anzahl gemeldeter Stellen. So meldeten die Personalverantwortlichen von Unternehmen im Jahr 2023 insgesamt 8.700 freie Stellen und damit 3.222 weniger als noch im Vorjahr. Das entspricht einem Rückgang um 27 Prozent. "Damit wird eine gewisse Zurückhaltung einiger Unternehmen deutlich," erklärt Agenturleiter Thiemann. Allerdings waren dennoch weiterhin sehr viele offene Stellen gemeldet. Im Durchschnitt waren 6.295 freie Stellen bei der Arbeitsagentur Coesfeld im Bestand. Das sind zwar 1.267 weniger als im Vorjahr aber immer noch der zweithöchste Wert in den letzten zehn Jahren. "Viele Stellen blieben leider häufig recht lange unbesetzt, weil es immer schwerer wird, passend qualifiziertes Personal zu finden. Besonders Fachkräfte waren sehr gefragt", betont er.
Genau in dieser Nachfrage lag im zurückliegenden Jahr jedoch die Schwierigkeit. Überwiegend waren die arbeitslos gemeldeten Personen formal geringqualifiziert oder ohne Ausbildung, während die meisten Stellen an Fachkräfte gerichtet waren. "Das macht es für ungelernte Arbeitslose schwerer, eine Stelle zu finden, und ist für Unternehmen eine Herausforderung, offene Stellen besetzen zu können. Hier gilt es, stärker den Fokus auf Kompetenzen und Potenziale der Menschen zu legen und diese für die berufliche Weiterentwicklung im Betrieb zu nutzen", verdeutlicht Rolf Heiber.
Investition in berufliche Bildung
Die Arbeitsagentur hat daher im zurückliegenden Jahr weiterhin stark auf die Weiterbildung von Menschen gesetzt und hierfür rund 14 Millionen Euro investiert. "Da wo die Menschen nicht die nötigen Qualifikationen mitbringen, versuchen wir, sie dabei zu unterstützen, diese zu erwerben", erklärt Thiemann und ergänzt: "So verbessern sie ihre Chancen am Arbeitsmarkt und können für die Arbeitgeber wichtige Fachkräfte werden."
Die beiden Arbeitsmarktexperten betonten, dass nicht nur arbeitslose Menschen gefördert wurden, sondern auch Beschäftigte in den Unternehmen. "So können Talente, die bereits in den Firmen tätig sind, so qualifiziert werden, dass sie dort als Fachkraft eingesetzt werden können. Auch können berufliche Weiterbildungen unterstützt werden, die aufgrund veränderter Anforderungen an die Beschäftigung erforderlich werden," erklärt Heiber. "Das ist auch dringend nötig, denn viele Branchen haben schon jetzt Probleme, weil dort Fachkräfte fehlen", fügt Thiemann hinzu. Lange Wartezeiten bei Handwerkern seien nur ein Teil der Auswirkungen, die sich daraus ergeben, und die jeder spüre, so die Experten.
Dem Fachkräftemangel begegnen
"Das Thema Fachkräftemangel in Folge der demografischen Entwicklung war in 2023 zwar nicht neu, es zeigte sich aber immer deutlicher," wie Thiemann sagt: "Wir werden diese Entwicklung nicht aufhalten können, aber wir können mit einzelnen Maßnahmen die Folgen eingrenzen." Neben der Qualifizierung von Arbeitslosen und Menschen in Beschäftigung sieht die Arbeitsagentur unter anderem auch die gezielte Zuwanderung von Ausländern und die schnellere Anerkennung von Abschlüssen bei Geflüchteten als wichtige Bausteine. "Ganz wichtig ist es aber, junge Menschen für eine Ausbildung zu begeistern", sagt Rolf Heiber und ergänzt: "Eine Ausbildung bietet heute sehr gute Start - und Karrieremöglichkeiten und kann sich auch bezüglich des Verdienstes mit einem Studium oft messen."
Blick auf 2024
Auf das Jahr 2024 blickt die Arbeitsagentur etwas verhalten, wie Thiemann berichtet: "Im Jahrestrend gehen wir davon aus, dass die Arbeitslosigkeit leicht ansteigen wird, denn nach wie vor gibt es konjunkturelle Unsicherheiten." Bezogen auf den Fachkräftemangel werben beide dafür, dass Unternehmen mit der Arbeitsagentur Kontakt aufnehmen, um sich über die Möglichkeiten der Unterstützung genau informieren und beraten zu lassen. "Dieser Herausforderung meistern wir nur, wenn Unternehmen und Netzwerkpartner am lokalen Arbeitsmarkt eng zusammenarbeiten", so Heiber.
Der Arbeitsmarkt 2023 im Kreis Borken
Im Jahresschnitt lag die Arbeitslosigkeit im Kreis Borken um 1.635 Personen höher als noch im Vorjahr. Insgesamt waren im Jahr 2023 durchschnittlich 9.345 Menschen arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote lag im Jahresschnitt bei 4,2 Prozent und damit um 0,7 Prozentpunkte höher als noch im Jahr 2022. Damit ist es die höchste Arbeitslosenquote seit 2014.
Durch die Unternehmen und Verwaltungen wurden im zurückliegenden Jahr 5.542 freie Stellen bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Das waren 2.200 weniger als noch im Vorjahr. Durchschnittlich waren damit 4.267 offene Stellen bei der Arbeitsagentur gemeldet. Das waren zwar 846 weniger als im vergangenen Jahr, aber gleichzeitig war dies der zweithöchste Wert in den letzten zehn Jahren.
Der Arbeitsmarkt 2023 im Kreis Coesfeld
Im Jahr 2023 waren im Kreis Coesfeld durchschnittlich 1.622 Menschen arbeitslos gemeldet und damit 158 mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote blieb weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. Mit 1,3 Prozent lag sie nur um 0,1 Prozentpunkte über dem Wert des Vorjahres und liegt damit auf dem zweitniedrigsten Wert in den letzten zehn Jahren.
Die Meldungen neuer Stellen ist im Jahr 2023 gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen. Mit 3.158 neuen freien Stellen meldeten die Unternehmen 1.022 weniger als im Jahr 2022. Auch der Bestand an insgesamt gemeldeten offenen Stellen ist gesunken. So waren im Jahresdurchschnitt 2.028 Stellen bei der Arbeitsagentur gemeldet. Das sind zwar 454 weniger als im Vorjahr, dies ist aber dennoch der dritthöchste Wert der letzten zehn Jahre.