Lippischer Arbeitsmarkt im Juni

„Die Arbeitslosenzahl im Kreis Lippe ist entgegen der saisonüblichen Entwicklung seit Februar 2022 erstmals wieder gestiegen. Trotzdem ist die Entwicklung weiterhin positiv zu bewerten, da der Rückgang zum Vorjahr um 10,9 Prozent immer noch sehr hoch ist“, erläutert Heinz Thiele, Leiter der Agentur für Arbeit Detmold. Mit einem Plus von 701 Personen sind insgesamt 9.574 Arbeitslose im Juni 2022 in der Statistik aufgeführt. Insbesondere fällt ein starker Anstieg bei den Arbeitslosen, die unter 25 Jahren alt sind, auf. „Bei den 200 jungen Arbeitslosen, die hinzugekommen sind, handelt es sich zu einem großen Teil um Jugendliche, die eine Ausbildung abgeschlossen haben und nicht übernommen wurden oder sich umorientieren“, erklärt Heinz Thiele. Ein weiterer Grund für den Anstieg liegt in der Tatsache, dass Geflüchtete aus der Ukraine seit dem 1. Juni in die Betreuung des Jobcenters übergegangen sind und somit als arbeitslos geführt werden soweit die Voraussetzungen vorliegen. „Sollten ukrainische Geflüchtete nicht in ihre Heimat zurückkehren, sondern bleiben wollen, sehe ich darin im Hinblick auf den demografischen Wandel und den daraus resultierenden Fachkräftebedarf eine große Chance, um die Herausforderungen am Arbeitsmarkt besser bewältigen zu können. Der Arbeitsmarkt im Kreis Lippe ist nach wie vor aufnahmefähig“, sagt Heinz Thiele.

30.06.2022 | Presseinfo Nr. 39

Der Arbeitsmarkt im Überblick

Arbeitslosigkeit

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Kreis Lippe im Juni 2022 gestiegen. Insgesamt waren 9.574 Personen arbeitslos gemeldet. Verglichen mit den Zahlen des Vormonates sind dies 701 Personen oder 7,9 Prozent mehr. Im Vergleich zum Juni des Vorjahres sinkt die Zahl der Arbeitslosen um 1.173 Personen bzw. 10,9 Prozent. Die Arbeitslosenquote beträgt im Juni 2022 5,2 Prozent. Vor einem Jahr belief sie sich auf 5,8 Prozent (minus 0,6 Prozentpunkte).

Entwicklung in der Arbeitslosenversicherung - SGB III

Im Bereich der Arbeitslosenversicherung wurden in diesem Monat 2.753 Personen gemeldet. Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vormonat erhöht um 78 Personen bzw. 2,9 Prozent. Im Vorjahresvergleich bedeutet dies eine Verringerung um minus 579 Personen oder minus 17,4 Prozent.


Entwicklung in der Grundsicherung - SGB II

In der Grundsicherung sind 623 Arbeitslose mehr als im Vormonat und 594 weniger als im Vorjahr zu verzeichnen. Im Verhältnis entspricht dies plus 10,1 Prozent zum Vormonat bzw. minus 8,0 Prozent zum Vorjahr. Insgesamt sind es 6.821 Personen und damit 71,2 Prozent aller Arbeitslosen, die zur Grundsicherung gemäß SGB II zählen.
 

Jugendarbeitslosigkeit

1.032 Arbeitslose sind im Berichtsmonat im Kreis Lippe unter 25 Jahre alt. Im Vormonat waren dies noch 200 weniger und im gleichen Monat des Vorjahres 31 mehr arbeitslose junge Menschen. Die prozentuale Veränderung beläuft sich somit auf plus 24,0 Prozent zum vorherigen Monat bzw. minus 2,9 Prozent im Vorjahresvergleich.
 

Arbeitslose ab 50 Jahre

Die Anzahl arbeitsloser Personen ab 50 Jahre ist im Vergleich zum Vormonat gestiegen (plus 143 Personen oder plus 4,7 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr sind es 368 Arbeitslose weniger (minus 10,4 Prozent). Insgesamt sind 3.172 Menschen ab 50 Jahre im Kreis Lippe betroffen.          
 

Langzeitarbeitslose

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist im Kreis Lippe im Berichtsmonat gesunken. 4.295 Personen waren länger als ein Jahr nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt, darunter zählen 91,0 Prozent (3.907 Personen) zur Grundsicherung. Verglichen mit den Gesamtzahlen des Vormonates sind dies 14 Langzeitarbeitslose weniger. Im Vergleich zum Vorjahr sinkt die Zahl dieser Arbeitslosen damit um 901 Personen.
 

Stellenangebot

Unternehmen aus dem Kreis haben in diesem Monat 483 Stellen gemeldet (minus 15 zum Vormonat). Im Bestand befanden sich insgesamt 3.472 offene Stellen, 32 mehr als im Vormonat und 685 mehr als im Vorjahresmonat.



Ausbildungsmarkt

Seit Beginn des Berufsberatungsjahres im Oktober vergangenen Jahres meldeten sich im Bezirk der Agentur für Arbeit Detmold, der deckungsgleich mit dem Kreis Lippe ist, 2.483 Bewerber für Berufsausbildungsstellen. Das waren 2,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Zugleich gab es 2.095 Meldungen für Berufsausbildungsstellen, das entspricht einem Plus von 9,6 Prozent. Ende Juni waren 668 Bewerber noch unversorgt und 795 Ausbildungsstellen noch unbesetzt. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es weniger unversorgte Bewerber für Berufsausbildungsstellen (minus 18,9 Prozent). Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist gestiegen (plus 21,2 Prozent).

DER ARBEITSMARKT IN OSTWESTFALEN-LIPPE

Die Arbeitslosigkeit in Ostwestfalen-Lippe ist im Juni 2022 gestiegen. Aktuell sind 57.728 Personen arbeitslos gemeldet. Die Meldungen von Personen, welche im aktuellen Berichtsmonat neu arbeitslos geworden sind, fällt mit 12.065 Personen im Vergleich zum Vorjahresmonat um plus 2.363 höher aus.

Saisonüblich wäre ein leichter Rückgang der Arbeitslosigkeit von Mai auf Juni eines Jahres. Vor der Pandemie (2015 – 2019) betrug dieser Rückgang durchschnittlich minus 1,2 Prozent (2020: plus 1,5 Prozent, 2021: minus 1,4 Prozent). Ein Anstieg der Arbeitslosigkeit von Mai auf Juni in diesem Jahr von plus 3,6 Prozent ist vorrangig einer gesetzlichen Änderung zum 01.06.2022 zuzuordnen. Bislang erhielten Personen, welche aufgrund des Krieges in der Ukraine von dort geflohen sind, Asylbewerberleistungen. Ab dem 01.06.2022 kann dieser Personenkreis unter bestimmten Voraussetzungen Grundsicherung von den Jobcentern erhalten. Die Beantragung der entsprechenden Leistung geht mit einer Arbeitslosmeldung bei den Jobcentern einher. Im Vergleich zum Vormonat ist der Bestand arbeitsloser Ausländer im Juni 2022 um 1.774 Personen gestiegen (plus 10,4 Prozent).

Im Juni 2021 waren in Ostwestfalen-Lippe 141 Personen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit arbeitslos gemeldet. Im aktuellen Berichtsmonat stieg die Anzahl Arbeitsloser dieses Personenkreises um 1.956 auf nun 2.097 Personen an. Davon sind ca. 97 Prozent allein bei den Jobcentern gemeldet.

Ein weiterer Grund für die saisonunübliche Zunahme der Arbeitslosigkeit im Berichtsmonat Juni 2022 ist der frühe Beginn der Sommerferien. Durch die damit verbundene Beendigung von Berufsausbildungsverhältnissen sind einige junge Menschen bereits im Juni arbeitslos geworden, bis sie in den nächsten Monaten eine neue Beschäftigung beginnen werden. Üblicherweise wäre diese Entwicklung in den Monaten Juli und August zu erwarten. In Ostwestfalen-Lippe sind im aktuellen Berichtsmonat 573 junge Menschen im Alter von 15 bis unter 25 Jahren mehr arbeitslos gemeldet als im Vormonat (plus 12 Prozent).

Insgesamt entspricht der Bestand an arbeitslos gemeldeten Personen im aktuellen Berichtsmonat etwa dem Niveau des Juni 2019 (57.482).

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist während der Pandemie stark angestiegen und beträgt aktuell 24.853. Das sind 1.115 Menschen oder 4,7 Prozent mehr als im Juni 2020. Seit April letzten Jahres ist ein kontinuierliches Abschmelzen der Langzeitarbeitslosen zu beobachten. So ist die Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr auf Arbeitssuche sind aktuell 3.548 Menschen oder 12,5 Prozent niedriger als im Juni 2021. Der Anteil Langzeitarbeitsloser an allen Arbeitslosen beträgt aktuell 43,1 Prozent (Juni 2021: 43,9 Prozent; Juni 2020: 32,6 Prozent) und ist im Vergleich zum Vormonat (Mai 2022: 45,0 Prozent) deutlich gesunken. Diese plötzliche Verschiebung des Anteils ist jedoch auf die schlagartige Zunahme der Arbeitslosen insgesamt wegen der Arbeitslosmeldung ukrainischer Flüchtlinge zum 01.06.2022 zurückzuführen.

Der Bestand an gemeldeten Arbeitsstellen, welche durch Jobcenter und Arbeitsagenturen in OWL angeboten werden können, hat ein Rekordhoch von 28.069 Stellen erreicht. Das ist eine Zunahme zum Vorjahresmonat um 6.836 Stellen oder 32,2 Prozent. Der zweithöchste Bestand im Juni in den letzten fünf Jahren betrug 21.692 im Juni 2018. Im aktuellen Berichtsmonat wurden 4.139 freie Arbeitsstellen neu gemeldet. Damit sind im Vergleich zum Vorjahresmonat 368 Stellen weniger gemeldet worden. Damit zeigen sich erste Auswirkungen aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten bezogen auf die Preissteigerungen und Energiekosten sowie Lieferengpässen. Arbeitgeber zeigen sich vorsichtig mit der Meldung neuer Arbeitsstellen und scheinen weniger Arbeitskräfte neu einzustellen, worauf der Zuwachs des Bestandes an gemeldeten Arbeitsstellen hindeutet. Dass gemeldete Arbeitsstellen jedoch nicht zurückgezogen werden lässt eine Hoffnung der Arbeitgeber auf baldige Verbesserung der Lage erkennen.

Die niedrigste Arbeitslosenquote in unserer Region findet sich im Kreis Höxter (3,4 Prozent), gefolgt von den Kreisen Gütersloh (3,8 Prozent), Paderborn (4,7 Prozent), Minden-Lübbecke (4,9 Prozent), Herford (5,2 Prozent), Lippe (5,2 Prozent) und der Stadt Bielefeld (7,6 Prozent). Insgesamt hat Ostwestfalen-Lippe eine Arbeitslosenquote von 5,1 Prozent (Vormonat 4,9 Prozent, Vorjahr 5,7 Prozent).