Stephanie Wilk ist eine positive, fröhliche Frau. Doch das war nicht immer so. Eine lange Leidenszeit mit Depressionen und seit 2019 ständigen Schmerzen, hervorgerufen durch Bandscheibenvorfälle, hatte ihr den Optimismus genommen. Sie wurde arbeitsunfähig. Als dann ihr Lebensgefährte tödlich verunglückt, ist die Mutter eines Sohnes körperlich und emotional mit der Situation überfordert. Zur Trauer kommt Existenzangst.
„In meinen alten Bürojob konnte ich nicht mehr zurück. Eine ausschließlich sitzende Tätigkeit? Unmöglich!“, erzählt die gelernte Kauffrau im Groß- und Außenhandel. Ein Gutachten bescheinigt ihr, dass sie arbeiten kann, aber eben nicht in ihrem erlernten Beruf. „Frau Wilk hat verschiedenste Angebote von uns erhalten und sie auch angenommen“, erinnert sich Melanie Baumanns, zuständige Arbeitsvermittlerin der Detmolder Arbeitsagentur. „Wir haben die Berufsberatung im Erwerbsleben eingeschaltet, ebenso den ärztlichen Dienst und den berufspsychologischen Service, um auszuloten, welche Tätigkeit für Frau Wilk in Frage kommt und in welchem Umfang.“
Gemeinsam mit den Experten der Agentur für Arbeit in Detmold ging Stephanie Wilk auf die Suche nach beruflichen Alternativen. Unter anderem mit dem Erkundungs-Tool „CheckU“ (https://planet-beruf.de) kam sie dem Beruf, den sie sich vorstellen konnte, näher: sie wollte sich fachlich qualifizieren, eine Umschulung zur Hotelkauffrau sollte es sein. Doch kurz bevor es losgehen sollte, kamen die Bedenken. „Schaffe ich den Job wirklich in Vollzeit? Die Umschulung hätte zwei Jahre pendeln nach Dortmund bedeutet. Kriege ich das hin? Wochenend- und Feiertagsarbeit? Will ich das überhaupt?“ Ihre Verunsicherung war groß. „Ich habe zu dieser Zeit sehr viele Tränen am Telefon vergossen“, erinnert sie sich an die Gespräche mit Melanie Baumanns. „Und ich war so froh und so dankbar, dass Frau Baumanns immer ein offenes Ohr für mich hatte und mich aufgebaut hat, wenn es nicht rund lief. Sie ist eine tolle kompetente Ansprechpartnerin mit Herz!“
„Frau Wilk neigt dazu, sich zu überfordern“, sagt Melanie Baumanns. Die Arbeitsvermittlerin nimmt die Sorgen und die Ängste ihrer Kundin ernst, beruhigt und weist sie zur Orientierung und Erprobung der Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) gGmbH zu, wo sie an der Maßnahme LAV - Langzeitarbeitslosigkeit vermeiden - teilnimmt, finanziert von der Agentur für Arbeit. Bei der Maßnahme geht es für Stephanie Wilk darum, sich in Praktika auszuprobieren und neue Erfahrungen zu sammeln. Und auch hier trifft sie wieder auf eine engagierte Unterstützerin, bei der sie sich bedanken möchte: „Frau Richter ist eine pädagogische Fachkraft, die alles für ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer gibt und ihnen Mut macht. 1000 Dank dafür!“
Ines Richter ist seit 2019 als pädagogische Mitarbeiterin der FAW am Standort Detmold für die Maßnahme LAV zuständig. Die 49-jährige erinnert sich gut an Stephanie Wilk und ihre starke Motivation. Immer hilfsbereit, lustig und sehr ehrgeizig, beschreibt sie die Teilnehmerin. „Frau Wilk wollte immer 150 Prozent. Bei der Erprobung musste ich aufpassen, dass sie nicht über ihre Grenzen geht, erinnert sie sich an die engagierte Teilnehmerin.“ Hinter dem Wort Erprobung stecken Praktika, die während der achtwöchigen Maßnahme ermöglicht werden mit dem Ziel, den passenden Arbeitsplatz zu finden.
Doch bis es soweit ist stehen erst einmal die Bewerbungsunterlagen im Fokus. Gemeinsam wird eine individuelle Bewerbungsmappe erstellt - inklusive eines professionellen Porträtfotos. „Ich hatte noch nie so tolle Bewerbungsunterlagen. Hammer!“, schwärmt Stephanie Wilk. Zudem gibt es ein Coaching, Bewerbungsgespräche werden in Rollenspielen geübt, verschiedene Jobbörsen und der Arbeitsmarkt in den Blick genommen.
Nach der Auswertung der Potentialanalyse und einer Berufsorientierung werden die Praktikumsstellen ausgewählt. „Wir geben den Teilnehmern Anschub für die Arbeitswelt. Wir bieten ihnen einen geschützten Rahmen, um sich auszuprobieren und leisten Hilfestellung. Unser Ziel ist es, sie in diesen acht Wochen in Arbeit zu bekommen“, bringt Ines Richter es auf den Punkt.
„Frau Wilk war im Rahmen der Erprobung zuerst in einer Zahnarztpraxis. Sie hat fünf Tage durchgehalten, aber schnell gemerkt, dass das nichts für sie ist und war am Boden zerstört. Aber auch das ist ein Ergebnis, habe ich sie getröstet. Das Ergebnis, dass es das eben nicht ist“, weiß Ines Richter aus Erfahrung. „Man darf Teilnehmer nicht unter Druck setzen. Frau Wilk wollte ganz viel und ich musste sie bremsen.“
Dann kam die MEDICLIN Rose Klinik in Horn-Bad Meinberg ins Spiel. Auch hier hat Stephanie Wilk hineingeschnuppert und sich dort auf eine Stelle an der Rezeption beworben. Allerdings war die auf 18 Stunden begrenzt, was ihr zu wenig war. Doch mit ihrer offenen, kommunikativen Art und ihrer Motivation hat sie dort überzeugt und so hat man ihr eine andere, gerade neu geschaffene Position angeboten. Seit Mai arbeitet Stephanie Wilk in der Patientenaufnahme der Reha-Klinik - und ist glücklich.
„Ich kann gut mit Menschen umgehen und ich bin sehr empathisch. Es macht mir einfach Riesenfreude, den Patienten das Ankommen in der Klinik zu erleichtern, mit ihnen zu reden und ihnen beim Einleben zu helfen. Wir arbeiten zwar nicht pflegerisch, sind aber für den Heilungsprozess nicht unwichtig“, weiß die 46-jährige um die Bedeutung ihrer Arbeit und ihres Teams. Stephanie Wilk hat in der Klinik ihren Traumjob gefunden. „Die LAV-Maßnahme war der Türöffner!“, freut sich Arbeitsvermittlerin Melanie Baumanns, dass Stephanie Wilk diese Chance so erfolgreich nutzen konnte.