In der Agentur für Arbeit Detmold meldeten sich seit Oktober 2023 bis zum Abschluss des Ausbildungsjahres Ende September 2024 insgesamt 2.339 Bewerberinnen und Bewerber (Vorjahr 2.471 junge Frauen und Männer). Gleichzeitig wurden dem Arbeitgeberservice im Berichtsjahr 2023/2024 für Lippe 2.101 Ausbildungsstellen gemeldet. Im Vorjahr waren es 2.199. Im Bestand sind aktuell noch 95 zu besetzende Ausbildungsstellen, im Vorjahr waren es 127. 1.189 Bewerber wurden versorgt (Vorjahr 1.234), 121 Bewerber sind mit Stand Ende September unversorgt, gegenüber 91 in 2022/ 23.
Rainer Radler, Leiter der Agentur für Arbeit Detmold, bilanziert: „Wir wissen alle, dass die lokalen und regionalen Arbeitsmärkte unter der konjunkturellen Delle der vergangenen Monate leiden.“ Gerade deshalb dürfe das duale Ausbildungswesen, von dem die deutsche Wirtschaft seit jeher mit hervorragend ausgebildeten Fachkräften profitiert hat, keinen konjunkturellen Schwankungen unterliegen. „Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte und Expertinnen und Experten von morgen“, betont Radler, der in der zunehmenden Digitalisierung und Dekarbonisierung strukturelle Herausforderungen und gleichsam Chancen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten für sinnhafte Aufgaben sieht, die jungen Menschen bei ihrem Übergang von Schule in den Beruf in besonderem Maße ansprächen.
Oftmals passen aber auch die Wünsche der Ausbildungssuchenden nicht zu den angebotenen Lippischen Ausbildungsstellen. Um allen Jugendlichen, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz noch nicht fündig geworden sind, ausreichende Alternativen anbieten zu können, appelliert Radler an die Unternehmen, „der Agentur für Arbeit Detmold konsequent alle Ausbildungsstellen zu melden. Nur so könne es gelingen, die noch suchenden Jugendlichen mit freien Ausbildungsstellen zu versorgen. Wir dürfen es uns angesichts der Sicherung unseres Wohlstands nicht leisten, junge Menschen auf dem Weg in ihre berufliche Zukunft zu verlieren.“
Weiter erläutert Radler: „Wir werden unsere Chancen nur nutzen können, wenn wir engagierte Frauen und Männer im Berufsleben haben, die gut ausgebildet und/ oder studiert sind und sich kontinuierlich weiterbilden. Ich plädiere für Bildungs- und Weiterbildungsketten, wobei nach der Schule die Ausbildung, gleich welcher Art, ob dual, schulisch, im Öffentlichen Dienst, oder ein Studium ein erster wichtiger Baustein im Berufsleben ist.“ Der Agenturchef abschließend: „Ich werbe hiermit auch ganz deutlich für die umfassenden Unterstützungsangebote der Detmolder Arbeitsagentur, die neben Beratung und Vermittlung auch finanzielle Leistungen erbringen kann. Kommen Sie mit uns ins Gespräch!“
Martin Raithel, Abteilungsleiter der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe) und verantwortlich für den Bereich Aus- und Weiterbildung sowie Fachkräfte, sieht für Lippe 2024 eine stabile Ausbildungssituation. Er unterstreicht jedoch, dass noch immer viele Lehrstellen unbesetzt sind. Konkret fasst Raithel zusammen: „Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist in den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistungen stabil geblieben. Damit ist sie erneut auf dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 – und das freut uns in der IHK Lippe massiv, stehen die allgemeinen Zeichen in der lippischen Wirtschaft doch unter dem Eindruck einer echten Krise. Es ist daher ein positives Zeichen, dass trotz der schwierigen Konjunkturlage die Ausbildungszahlen stabil sind. Die erfreuliche Zahl an Neuverträgen zeigt, dass die duale Ausbildung weiterhin eine attraktive Wahl für junge Menschen darstellt. Für die Unternehmen hat das Engagement für den Fachkräftenachwuchs ebenfalls einen hohen Stellenwert, hängt davon doch ihre Wettbewerbsfähigkeit mit ab. Raithel hebt hervor, dass es noch zahlreiche unbesetzte Ausbildungsplätze im kaufmännischen und technischen Bereich gibt. Mit Sorgen betrachtet die IHK Lippe die zahlreichen unbesetzten Ausbildungsplätze und sieht darin ein gewisses Gefährdungspotenzial für die Wirtschaft. Deshalb müsse alles getan werden, um diese Lücken zu füllen. „Bei der Suche nach geeigneten jungen Menschen unterstützt unsere lippische IHK mit unserer „Passgenaue Besetzung“; zur dualen Ausbildung selbst bieten wir ebenfalls umfassende Beratungen an, nicht nur für junge Menschen. Denn Eltern“, so Raithel abschließend „haben einen hohen Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder. Deswegen ist es wichtig, hier über Karriere- und Verdienstmöglichkeiten im dualen Ausbildungsbereich aufzuklären!“ Um auch bundesweit das „Lebensgefühl Ausbildung“ neu zu entdecken, haben die Industrie- und Handelskammern im letzten Jahr die Azubi-Kampagne #könnenlernen deutschlandweit an den Start gebracht. Sie zeigt die vielfältigen Chancen einer Ausbildung und vermittelt die positive Botschaft: „Ausbildung macht mehr aus uns“. Die Kampagne setzt sich in 2024 und auch aller Voraussicht nach in 2025 fort.
Andrea Hegerbekermeier, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe, informiert: „Die Statistik für Ausbildungsverhältnisse im ersten Ausbildungsjahr im Handwerk zeigt ein Plus von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit befinden sich die Zahlen nicht auf dem kurzfristigen Nach-Corona-Hoch von 2022, aber sie zeigen deutlich nach oben.
Zuwachs gibt es dabei in den dringend für die Klimawende benötigten Ausbildungsberufen Anlagenmechaniker und Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik. Gewohnt hoch ist die Nachfrage im Bereich Kraftfahrzeugmechatroniker. Deutlich mehr Azubis gibt es laut Statistik in diesem Jahr auch im Bereich Friseure, Fahrzeuglackierer und Zimmerer, und erfreulicherweise auch im Bereich Fleischer. Große Negativtrends können nicht festgestellt werden.“
Hegerbekermeier weiter: „Der Positivtrend kann aber nicht über die Tatsache hinweg täuschen, dass das Handwerk auch hier vor Ort unter einem massiven Nachwuchs- und Fachkräftemangel leidet. Die Anzahl Auszubildender im Handwerk müsste einfach insgesamt höher sein, um dem steigenden Bedarf der Betriebe Rechnung zu tragen. Gerade vor dem Hintergrund aktueller Themen wie der Energiewende. Diese ist schließlich nur mit qualifizierten Fachkräften aus dem Handwerk zu bewältigen.“
Die Kreishandwerkerschaft jedenfalls unterstütze von ihrer Seite aus die Handwerksbetriebe im Kreis Lippe intensiv bei der Suche nach Nachwuchskräften. Im November beteilige sie sich beispielsweise erstmalig am MINT-Tag in Lemgo. Hegerbekermeier: „Ziel ist es, praxisnah und zielgruppengerecht Werbung für die vielfältigen Berufe im Handwerk zu machen. Dringend gefragt ist und bleibt aber die Politik, die gefordert ist, dem Fach- und Nachwuchskräftemangel mit entsprechenden Signalen entgegenzusteuern.“
Sabine Gulfam, Teamleiterin der Berufsberatung vor dem Erwerbsleben der Agentur für Arbeit Detmold, sieht für weiterhin Ausbildungssuchende noch realistische Chancen: „Kurzfristige Nachvermittlungen in duale Ausbildung oder in weitere Angebote wie bezahlte Langzeitpraktika oder berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen werden von der Berufsberatung rege unterstützt.“ Gulfam informiert, dass mehr als 20 Beratungskräfte der Detmolder Arbeitsagentur an allen allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen im gesamten Kreisgebiet Berufsberatung anbieten, und zwar direkt vor Ort in den Schulen. "Unsere Berufsberaterinnen und Berater sind genau da, wo sie von den Schülerinnen und Schülern nachgefragt werden. Dabei kann es durchaus auch um Alternativen gehen: um einen weiteren Schulbesuch, um die Aufnahme eines Studiums, um Auslandserfahrung, um ein ökologisches oder soziales Jahr, um eine Arbeitsaufnahme, um eine geförderte Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen. Selbst wenn der sofortige Einstieg in den Berufswunsch nicht umsetzbar ist, gibt es sinnvolle Optionen, um sich auf den Übergang von Schule in den Beruf vorzubereiten“, so die Expertin.
In der aktuellen Nachvermittlungsphase und für den Ausbildungsbeginn 2025 unterstützt der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur Unternehmen bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze kostenfrei unter der Hotline 0800 4555520. Junge Leute, die Unterstützung bei der Ausbildungssuche anstreben, melden sich telefonisch unter 0800 4555500 bei der Berufsberatung an oder per Mail über Detmold.Berufsberatung@arbeitsagentur.de.