In aller Kürze
- Arbeitslosigkeit steigt auf 37.080 Personen im Jahresdurchschnitt (Quote: 11,5 Prozent, 2022: 10,9 Prozent)
- Beschäftigung weiter gewachsen (Stand Juni 2023: 263.352 Beschäftigte)
- Weniger offene Stellen gemeldet und im Bestand
- Beratung zu Qualifizierung und Weiterbildung nimmt zu
Ausblick 2024:
- Fokus auf Ausbildung
- Qualifizierung als Win-Win-Faktor
- JOBAKTIV 2024 – Jobmesse zum zweiten Mal in Dortmund
- Ein Jahr Bürgergeld – was kommt jetzt?
- Der Job-Turbo startet – was heißt das für Dortmund?
Heike Bettermann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Dortmund, blickt zurück auf das vergangene Jahr: „Aus dem Fernsehprogramm zu Silvester kennen wir alle den wiederkehrenden Spruch „Same procedure as every year“. Und man könnte geneigt sein, dies auch auf die Jahresbilanz der letzten Jahre zu übertragen. Wieder liegt ein schwieriges Jahr hinter uns, und wieder gibt es trotz Krisenmodus auch Positives zu berichten. Zu den schon bekannten, die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt weiterhin belastenden Einflussfaktoren ist seit Oktober letzten Jahres noch der kriegerische Konflikt zwischen Hamas und Israel hinzugekommen. All dies hinterließ Spuren auf dem Dortmunder Arbeitsmarkt: Zwar endete das Jahr 2023 saisonbedingt mit einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit, aber im Jahresdurchschnitt verzeichnen wir für Dortmund einen deutlichen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig ist die Beschäftigung in Dortmund auch im Berichtsjahr weitergewachsen, damit zeigt sich der hiesige Arbeitsmarkt trotz zunehmend widriger Rahmenbedingungen weiterhin robust.
Besonders deutlich wird die starke Verunsicherung unter den Marktteilnehmenden mit Blick auf die zunehmende Zurückhaltung der Unternehmen bei der Stellenbesetzung. Trotz des allgegenwärtigen Arbeitskräfte- und Fachkräftemangels werden immer weniger Stellen ausgeschrieben, und auch der Bestand an offenen Stellen geht weiter zurück. Hier setzen wir auf intensive Beratung und Begleitung, aber auch auf Events wie die Messe JOBAKTIV, die 2023 erstmals in Dortmund stattgefunden hat, um Arbeitsuchende und Arbeitgebende zusammenzubringen.“
Welche geschäftspolitischen Schwerpunkte setzen wir 2024?
Ausbildung weiterhin stark im Fokus
„Natürlich wird es auch im kommenden Jahr eine unserer zentralen Aufgaben sein, dem Arbeits- und Fachkräftemangel zu begegnen. Die drei Wege, die wir als Bundesagentur dabei verfolgen, sind Ausbildung, Qualifizierung und Zuwanderung. In Dortmund sind wir durch enge Kontakte unserer Berufsberater:innen zu den Schulen sowie durch etablierte Veranstaltungsformate wie die Woche der Ausbildung, die Erlebniswelt Ausbildung oder die Messe „Duales Studium“ in puncto Ausbildung seit Jahren stark engagiert. Im Jahr 2024 werden Events an Berufskollegs und eine Messe zur Karriere im Öffentlichen Dienst hinzukommen.
Qualifizierung hilft den Beschäftigten und den Unternehmen
Den Bereich „Qualifizierung und Weiterbildung“ decken wir gezielt seit 2021 mit unserer „Berufsberatung im Erwerbsleben“ ab. In der kurzen Zeit konnte der Verbund Dortmund-Bochum-Hagen sich sowohl bei den Kundenzahlen als auch bei den Kundenkontakten NRW-weit an die Spitze setzen. Für Dortmunder Unternehmen hingegen bietet unser im vergangenen Jahr neuaufgestellter Arbeitgeber-Service umfassende Beratung und Begleitung zum Arbeitsmarkt an. Die Entwicklung im Berichtsjahr zeigt deutlich: Die Qualifizierung von Menschen, um dem Arbeits- und Fachkräftemangel zu begegnen, hilft gleichzeitig, vor Arbeitslosigkeit zu schützen. An interessierte Privatpersonen, Unternehmen und Institutionen richtet sich die Bundesagentur für Arbeit seit Jahresbeginn übrigens auch mit dem Online-Portal „Mein NOW“ („Nationales Online-Portal für Weiterbildung“). Nicht zuletzt soll die Qualifizierung von ausländischen Arbeitskräften weiter vorangetrieben werden. Und das ist wichtig, denn seit 2018 liegt der Anteil ausländischer Staatsangehöriger an der Beschäftigungssteigerung bereits bei 57,3 Prozent – Tendenz steigend.“ so Bettermann weiter.
Messe JOBAKTIV: Nach Premiere 2023 folgt zweite Auflage
Nur ein Jahr nach dem erfolgreichen Aufschlag der JOBAKTIV in Dortmund, werden sich im März 2024 erneut die Tore am Nordeingang der Westfalenhallen für Arbeitgeber und Arbeitsuchende öffnen. Gebündelt nach Branchen-Clustern präsentieren sich Unternehmen, die aktuell Beschäftigte suchen und insgesamt rund 1.000 Jobs mitgebracht haben. Interessierte können direkt Kontakt aufnehmen, vor Ort ihre Bewerbungsmappen checken lassen und in Studioqualität Bewerbungsfotos anfertigen lassen. Zur Premiere mit 48 ausstellenden Unternehmen kamen 2023 rund 3.800 interessierte Besucherinnen und Besucher, von denen 80 Prozent auf Nachfrage die Bestnote für die Messe vergaben. Zur Neuauflage 2024 werden auch Arbeitsuchende aus Bochum, Hamm und Hagen gezielt eingeladen.
Ein Jahr Bürgergeld – erste Erfahrungen und Ausblicke
"Ein Jahr Bürgergeld liegt hinter uns, und es war zweifellos eine herausfordernde Zeit für uns als Jobcenter. Wir haben gelernt, uns flexibel auf gesetzliche Änderungen einzustellen und gehen davon aus, dass diese Anpassungsfähigkeit auch im kommenden Jahr von uns verlangt wird. Die Reform des Bürgergeldes ist nämlich alles andere als abgeschlossen. Der Wegfall des Bürgergeldbonus und die angespannte Haushaltssituation erfordern weitere Anpassungen. Die laufende politische Diskussion über Arbeitsanreize und mögliche verschärfte Sanktionsmechanismen signalisiert, dass wir auch in Zukunft auf weitere Veränderungen vorbereitet sein müssen“, kommentiert Marcus Weichert, Geschäftsführer des Dortmunder Jobcenter.
„Trotz dieser Herausforderungen bleiben wir entschlossen, unsere Verpflichtungen zu erfüllen und die Transformation am Arbeitsmarkt voranzutreiben. Wir setzen auf eine verantwortungsbewusste Politik, die die Bedeutung unserer Arbeit am Arbeitsmarkt erkennt und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Wir sind zuversichtlich, dass wir unsere Ziele einer nachhaltigen Integration und dem Abbau der Hilfebedürftigkeit erreichen können. Unser Jobcenter bleibt bestrebt, flexibel auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen, ihre berufliche Integration zu unterstützen und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erhöhen. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Anpassungsfähigkeit, die wir im ersten Jahr Bürgergeld gezeigt haben, uns auch in Zukunft ermöglichen werden, die sich stellenden Anforderungen erfolgreich zu meistern", führt Marcus Weichert weiter aus.
Für mehr Arbeitskräfte und mehr Integration: der Job-Turbo
„Der Job-Turbo markiert einen bedeutenden Fortschritt in der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten mit grundständigen Deutschkenntnissen und wird unsere Praxis im Jobcenter im ersten Halbjahr 2024 bestimmen. Die Initiative ermöglicht Menschen mit Fluchthintergrund nicht nur den Zugang zum Arbeitsmarkt, sondern kann auch einen entscheidenden Beitrag zur Deckung des wachsenden Fachkräftebedarfs in verschiedenen Branchen leisten. Unser Fokus liegt darauf, durch gezielte Vermittlung sicherzustellen, dass sowohl Geflüchtete als auch Unternehmen gleichermaßen profitieren. Wir wollen den Job-Turbo nicht nur nutzen, um die individuellen Potenziale der Geflüchteten zu fördern, sondern auch als Instrument zur Fachkräftesicherung in verschiedenen Wirtschaftszweigen", erläutert Weichert, der seit knapp einem Jahr das Jobcenter leitet.
„Eine erfolgreiche Umsetzung des Job-Turbos erfordert eine starke Partnerschaft mit Unternehmen, Kooperationspartnern, Maßnahmenträgern sowie Migrations- und Kulturvereinen. Vor allem brauchen wir Unternehmen, die bereit sind, Geflüchteten auch ohne perfekte Deutschkenntnisse und anerkannte Qualifikationen eine Chance zu geben und ihnen eine On-the-Job-Qualifizierung zu ermöglichen. Ihre Offenheit und Bereitschaft sind entscheidend für den Erfolg des Job-Turbos und nicht nur ein Zeichen der Solidarität, sondern auch ein Schlüssel für eine nachhaltige Integration. Gemeinsam können wir die Vielfalt stärken und die Chancen für alle Beteiligten maximieren,“ ergänzt Jobcenter-Chef Weichert.
Der Arbeitsmarkt 2023 in Zahlen
Dortmunder Arbeitsmarkt wenig dynamisch, aber robust
Trotz zunehmend belastender konjunktureller Rahmenbedingungen ist der Dortmunder Arbeitsmarkt weitgehend stabil geblieben. Die Zahl sozialversicherter Beschäftigter stieg zum Vorjahr um 2,1 Prozent auf 262.558 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Stand März 2023). Im Jahresdurchschnitt waren 37.080 Menschen arbeitslos gemeldet, damit stieg die Zahl zum Vorjahr um 2.237 Personen (+6,4 Prozent).
Im Jahresverlauf entwickelte sich der Arbeitsmarkt verhalten, insbesondere die sonst jahrestypische Herbstbelebung fiel aus. Erst im November (-281 Personen) und Dezember (-360 Personen) war ein leichter Rückgang der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen. Insgesamt war im Jahr 2023 wenige Bewegung im Arbeitsmarkt festzustellen; sowohl die Zugänge in Arbeitslosigkeit als auch die Abgänge aus der Arbeitslosigkeit waren rückläufig.
Rückläufige Arbeitskräftenachfrage
Nach einem spürbaren Zuwachs an gemeldeten offenen Stellen noch im Vorjahr ging deren Bestand 2023 deutlich zurück. Im Jahresdurchschnitt waren es 4.115 gemeldete Stellen, 998 Stellen oder 19,5 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Insgesamt war der Rückgang im Berichtsjahr sogar noch deutlicher; 2023 wurden 7.467 Stellen gemeldet, dies waren 2.120 Stellen weniger (-22,1 Prozent) als im Jahr 2022. Weiterhin sind vor allem Fachkräfte (59 Prozent) und Höherqualifizierte (16,4 Prozent) gefragt, doch auch hier geht die Nachfrage zurück (-22 Prozent bzw. -16,2 Prozent). Demgegenüber steht die große Gruppe der Helfer, die 64,5 Prozent der Arbeitslosen ausmachen, an die sich aber nur 24,6 Prozent der offenen Stellen richten, und auch hier ist der Stellenbestand um 15,4 Prozent zurückgegangen. Bei der Bewertung dieser Zahlen ist zu berücksichtigen, dass viele Unternehmen ihre Stellen der Arbeitsagentur gar nicht mehr melden, sondern ihre Vakanzen auf anderen Wegen besetzen. Die anhaltenden unterschiedlichen konjunkturhemmenden Einflussfaktoren im In- und im Ausland bereiten zudem vielfach Sorgen durch finanzielle Belastungen und fehlende Planungssicherheit.
Ansteigende Beschäftigung von ausländischen Erwerbstätigen
Der Anteil ausländischer Erwerbstätiger am Beschäftigungsaufbau in Dortmund lag im Zeitraum 2018 bis 2023 bei 57,3 Prozent. 16,7 Prozent entfallen dabei auf Menschen aus den acht stärksten Asylherkunftsländern Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien sowie seit Beginn des russischen Angriffskriegs aus der Ukraine. Waren aus den erstgenannten Ländern im Jahr 2018 noch 1.623 Menschen sozialversicherungspflichtig in Dortmund beschäftigt, wuchs diese Personengruppe bis 2023 um 208,6 Prozent auf 5.008 Frauen und Männer (jeweils März). Aus der Ukraine waren im März 2020, also noch vor der russischen Offensive im Februar 2022, 534 Personen in Dortmund sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Diese Zahl stieg bis März 2022 nur leicht auf 581 Frauen und Männer; ein Jahr später im März 2023 hatte sich die Zahl hingegen um 78,3 Prozent auf 1.036 Personen deutlich gesteigert.
Lebenslanges Lernen gewinnt an Bedeutung
Seit 2021 richtet sich die „Berufsberatung im Erwerbsleben“ an Menschen, die sich beruflich verändern wollen, die sich beruflich weiterentwickeln wollen oder müssen, um ihren Arbeitsplatz zu sichern, sowie an Menschen, die nach Ausbildung, Studium oder nach beruflicher Auszeit, etwa durch Wahrnehmung von Familienzeiten, den Wiedereinstieg planen. Die Arbeitsagentur Dortmund betreut diese Personengruppen im Verbund mit den Arbeitsagenturen Bochum und Hagen. Im Berichtsjahr 2023 fanden insgesamt 4.909 Beratungskontakte statt, darunter 2.252 Erstberatungen. 2022 waren es 3.757 Beratungskontakte, im Jahr 2021 wurden 1.860 Beratungen durchgeführt. 3.072 Kundinnen und Kunden suchten im Berichtsjahr die Berufsberatung im Erwerbsleben auf; aktuell werden1.124 Kundinnen und Kunden durch den Verbund Dortmund-Bochum-Hagen betreut, der damit noch vor den Verbünden Düsseldorf und Köln den Spitzenplatz einnimmt. Unter den derzeit betreuten Personen sind 64,4 Prozent erwerbstätig und 14,6 Prozent sind arbeitslos. Interessant ist der Blick auf die vorhandenen Berufsqualifikationen: 31,7 Prozent sind ohne Abschluss, bei 43,7 Prozent ist ein Berufsabschluss vorhanden, und 21,2 Prozent der beratenen Personen verfügen über einen Hochschulabschluss.