2024 hat das Interesse an einer dualen Berufsausbildung bei jungen Menschen zugenommen. Auch die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist gestiegen. Die Passungsprobleme sind jedoch nicht kleiner geworden. Viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt und das, obwohl der Fachkräftemangel in vielen Branchen angekommen ist.
Der Ausbildungsmarkt hat sich verändert. Durften den Unternehmen früher „nur die Besten gut genug“ sein, geben sie heute bei ihren potenziellen Azubis selbst eine Bewerbung ab. Eine Bilanz des Ausbildungsjahres 2023/2024 stellten Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, DGB und Agentur für Arbeit Dortmund heute gemeinsam vor.
Der Ausbildungsmarkt hat sich verändert, er ist komplexer geworden. So hat das Interesse junger Menschen an einer Ausbildung in Dortmund ebenso zugenommen wie das Angebot an freien Stellen. Insbesondere im Handwerk scheinen die Anstrengungen aller Partnerinnen und Partner am Ausbildungsmarkt erste Früchte zu tragen. Die Zahl abgeschlossener Ausbildungsverträge ist deutlich angestiegen und liegt über dem Vor-Corona-Niveau.
Allerdings nahmen auch die Schwierigkeiten weiter zu, das Ausbildungsangebot der Betriebe und die Nachfrage der Jugendlichen zusammenzuführen. Bei der Agentur für Arbeit Dortmund sind zum Berichtsjahresende noch gut 600 Stellen unbesetzt gemeldet. Das sind 20 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt im vergangenen Jahr. Die Herausforderungen für die Betriebe und Unternehmen bei der Besetzung von Ausbildungsstellen sind größer geworden. Beruflichen Mismatches kann durch intensive Berufsorientierung und gutes Ausbildungsmarketing von Unternehmen entgegengewirkt werden. Ergänzt um mehr Flexibilität und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten, ist die duale Ausbildung in Dortmund auf einem guten Weg.
Diese Bilanz zogen Maike Fritzsching, Geschäftsführerin Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund, Olesja Mouelhi-Ort, Geschäftsführerin bei der Handwerkskammer Dortmund, Jutta Reiter, Geschäftsführerin der DGB-Region Dortmund-Hellweg sowie Heike Bettermann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Dortmund.
Agentur für Arbeit Dortmund
„Mehr junge Menschen setzen zum Start in ihr Berufsleben wieder auf eine duale Ausbildung. Das ist eine positive Entwicklung, über die ich mich sehr freue. Dabei resultiert das Plus zu zwei Drittel auf Jugendlichen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Aber auch viele Jugendliche mit einem Hauptschulabschluss oder Schülerinnen und Schüler von einem Berufskolleg haben sich für eine Ausbildung entschieden. Die Aktivitäten und das Engagement aller Ausbildungsmarktpartner in der Berufsorientierung tragen offenbar erste Früchte.
Dennoch bereiten die vielen unbesetzten Ausbildungsstellen uns und vor allem den Unternehmen Kopfzerbrechen. Die ungleiche Verteilung von Angebot und Nachfrage bleibt eine große Herausforderung. Die berufliche Orientierung muss daher noch Intensiver und praxisnaher gestaltet werden. Die Arbeitswelt und die Lebensrealität von Jugendlichen sind nicht selten weit voneinander entfernt. Genau hier setzt die neue Kampagne „Berufsfelderkundungen 2025“ des Bildungsbüros der Stadt Dortmund an. Die Schülerinnen und Schüler lernen an drei aufeinanderfolgenden Entdeckertagen drei Betriebe und ihre Berufe kennen. Sie erleben so praktische Tätigkeiten und erhalten realistische Einblicke in den Arbeitsalltag. Wir müssen den jungen Menschen auch die Chance geben, die Attraktivität und die Vielfalt der Ausbildung kennenzulernen, dazu brauchen wir aber die Betriebe, die den jungen Leuten ihre Türen öffnen“, kommentiert Arbeitsagenturchefin Heike Bettermann die Lage auf dem Dortmunder Ausbildungsmarkt.
„Persönliche und praxisnahe Berufsorientierung auf der einen Seite, aber auch gutes Ausbildungsmarketing von Unternehmen auf der anderen Seite ist gefragt, um dem Mismatch entgegenzuwirken. Die Ausbildungsbetriebe müssen sich auf die junge, selbstbewusste Generation und ihre Belange einlassen. Die jungen Menschen wollen eine sinnstiftende Tätigkeit von Beginn ihrer Ausbildung an. Sie erwarten Respekt, wollen aber auch Verantwortung übernehmen. Der Ausbildungsmarkt hat sich gedreht, die Betriebe werben junge Menschen nun offensiver an. Ohne Anreize geht es dabei oft nicht“, so Bettermann.
Handwerkskammer Dortmund
„„Die aktuelle Ausbildungsbilanz in Dortmund zeigt ein erfreuliches Wachstum: Mit insgesamt 823 neuen Ausbildungsverträgen in Dortmund verzeichnen wir im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von 3,1 Prozent. Diese Zahlen unterstreichen das anhaltend hohe Interesse am Handwerk und die Bedeutung unserer Region als Ausbildungsstandort.
Auch im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 ist die Entwicklung in Dortmund positiv: Damals wurden 809 Ausbildungsverträge geschlossen, 2024 sind es nun 823 – ein Zuwachs von etwa 1,7 Prozent. Dieser Anstieg zeigt, dass Dortmund für angehende Fachkräfte zunehmend attraktiv ist. Die erfreuliche Tendenz im Handwerk lässt sich u. a. auf gezielte Ausbildungsinitiativen und das große Engagement der beteiligten Akteure zurückführen, die die Relevanz und Zukunftsfähigkeit des Handwerks in Dortmund weiter fördern.
Im gesamten Kammerbezirk Dortmund wurden im Jahr 2024 bislang 3.774 Ausbildungsverträge abgeschlossen, was einem leichten Rückgang von 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Trotz dieser geringfügigen Abnahme zeigt sich das Handwerk in unserer Region weiterhin als stabiler und verlässlicher Wirtschaftssektor, der jungen Menschen hervorragende Karrierechancen und eine sichere berufliche Perspektive bietet“, so Olesja Mouelhi-Ort, Geschäftsführerin der HWK Dortmund
Industrie- und Handelskammer Dortmund
„Auf dem Ausbildungsmarkt in Dortmund herrscht derzeit eine hohe Dynamik. Die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverträge liegt aktuell (31. Oktober) mit 2.463 auf dem Niveau des Vorjahres (2.466). Anders als in den Zeiten der Pandemie ist die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen konstant, wir registrieren aber einen Rückgang der Bewerberzahlen. Unternehmen sind weiterhin stark an der Ausbildung interessiert, wie die steigende Zahl gemeldeter Ausbildungsplätze zeigt. Allerdings besteht das Risiko, dass auch in diesem Jahr zahlreiche Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben, weil es an genügend Bewerberinnen und Bewerbern fehlt. Die Herausforderung besteht nun darin, möglichst viele Jugendliche für die noch offenen Ausbildungsstellen zu gewinnen und sie mit den passenden Angeboten zusammenzubringen. Hierfür sind erneut gemeinsame Initiativen mit Partnern geplant, beispielsweise in Form von Aktionen zur Nachvermittlung, um freie Plätze zu besetzen und jungen Menschen Perspektiven zu bieten.
Um den Fachkräftebedarf der Unternehmen zu decken, werden zusätzlich verstärkt weitere Wege in die Ausbildung oder zum Ausbildungsabschluss in den Fokus genommen, wie Teilqualifizierungen, Einstiegsqualifizierungen und ab dem kommenden Jahr die gesetzlich verankerten Validierungsverfahren“, sagt Maike Fritzsching, IHK-Geschäftsführerin für Berufliche Bildung und Fachkräftesicherung.
DGB Dortmund
„Es ist sehr erfreulich, dass Arbeitgebende den Blick weiten und wieder stärker Hauptschüler*innen in die Duale Ausbildung aufnehmen. Hier sind noch viele Potentiale zu heben. Für Jugendliche bietet eine duale Ausbildung eine sehr gute berufliche Qualifizierung, in der direkt Geld verdient wird und wo die erworbenen Kompetenzen nach dem Abschluss voll in den Beruf eingebracht werden können“, kommentiert Jutta Reiter, Vorsitzende DGB Dortmund
Hoher Beratungsbedarf – wachsenden Interesse an Ausbildung
Vom 1. Oktober 2023 bis 30. September 2024 meldeten sich bei der Berufsberatung im Jugendberufshaus Dortmund insgesamt 3.439 junge Frauen und junge Männer, die eine duale Ausbildung suchten und dabei Unterstützung nachfragten, 307 oder 9,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Bis Ende September haben in Dortmund davon 1.392 junge Menschen eine Ausbildung oder Erwerbstätigkeit begonnen. Andere Jugendliche entschieden sich dagegen für einen weiteren Schulbesuch, einen gemeinnützigen sozialen Freiwilligendienst oder nehmen an einer berufsvorbereitenden Förderangebot der Agentur für Arbeit teil.
Der Beratungsbedarf von Jugendlichen beim Übergang von der Schule in den Beruf ist weiter gestiegen. Rund 9.800 junge Dortmunder und Dortmunderinnen suchten im vergangenen Jahr Rat bei der Berufsberatung. Das sind knapp 10 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Berufsorientierung ist intensiver und persönlicher geworden.
134 Bewerberinnen und Bewerber hatten Ende September weder eine Ausbildungsstelle noch eine Alternative gefunden. Doch auch nach dem offiziellen Ende des Ausbildungsjahres ist es noch möglich, in Ausbildung einzusteigen. Die Berufsberater und Beraterinnen arbeiten mit großem Engagement zusammen mit den Partnern und Partnerinnen im Ausbildungskonsens daran, auch diesen Jugendlichen noch eine berufliche Perspektive zu bieten. Es gibt für alle Ausbildungsinteressierten auch jetzt noch betriebsnahe Angebote.
Hohe Ausbildungsbereitschaft, aber mehr unbesetzte Ausbildungsstellen
Unternehmen, Betriebe, Verwaltungen und Träger meldeten im abgelaufenen Berichtsjahr 3.970 Ausbildungsplatzangebote. Dies entspricht einem Plus von 188 Stellen oder 5,0 Prozent. 620 Lehrstellen waren zum Stichtag noch unbesetzt. Im vergangenen Jahr waren es 514. Dies sind gut 20 Prozent mehr. Auch ist die Anzahl derer, die am Ende des Berichtjahres noch einen Ausbildungsplatz suchten, leicht angestiegen. Besetzungsschwierigkeiten traten insbesondere in folgenden Berufen auf: Verkäufer/in allgemein, Kaufmann/-frau im Einzelhandel, Zahnmedizinische Fachangestellte/r sowie Fachkräfte Schutz und Sicherheit.
Kaufmännische Berufe prägen den Ausbildungsmarkt
Die meisten Ausbildungsstellen wurden im abgelaufenen Ausbildungsjahr für die Ausbildungsberufe „Verkäufer/in allgemein“, „Kaufmann/-frau im Einzelhandel“ und im Büromanagement“ gemeldet. Seit Jahren verändert sich die Liste der Top-Berufe bei den Ausbildungsstellen und den Wunschberufen der Bewerberinnen und Bewerber kaum. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass diese Berufe einen hohen Bedarf an Fachkräften haben und somit auch bei den Bewerberinnen und Bewerbern sehr präsent sind.
Trotzdem ist es wichtig, dass die Jugendlichen auch die übrigen Ausbildungsberufe kennen lernen. Nur mit einem umfassenden Überblick über die Angebote können die Ausbildungsinteressierten den passenden Ausbildungsberuf finden. Vor allem in Zeiten eines Ausbildungsmarktes im Umbruch besteht ansonsten die Gefahr, dass sich nur noch wenige oder gar keine Bewerberinnen und Bewerber um weniger bekannte Ausbildungsberufe bemühen.
TOP 10 Ausbildungsplatzwünsche der unversorgten Bewerber (Stand: 30. 09. 2024)
Die meisten Bewerber und Bewerberinnen, die zum Berichtsjahresende noch einen Ausbildungsplatz suchten, gaben folgende Wunschberufe an:
1. Kaufmann/-frau - Büromanagement
2. Kaufmann/-frau im Einzelhandel
3. Fachinformatiker/in -Anwendungsentwicklung
4. Verwaltungsfachangestellte/r.- Kommunalverwaltung
5. Verkäufer/in
6. Maler/Lackierer/in - Gestaltung/Instandhaltung
7. Fachkraft - Schutz und Sicherheit
8. Friseur/in
9. Industriemechaniker/in
10. Kfz-Mechatroniker/in - PKW-Technik
TOP 10 der unbesetzten Berufsausbildungsstellen
1. Kaufmann/-frau im Einzelhandel
2. Kaufmann/-frau - Büromanagement
3. Verkäufer/in
4. Fachkraft - Lagerlogistik
5. Fachkraft - Schutz und Sicherheit
6. Medizinische/r Fachangestellte/r
7. Fachinformatiker/in - Systemintegration
8. Bankkaufmann/-frau
9. Fachlagerist/in
10. Kfm. - Versicherungen/Finanzanlagen
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