Der Düsseldorfer Arbeitsmarkt zeigt sich nach zwei Jahren Corona-Pandemie robust. Langzeitarbeitslose Menschen profitierten jedoch weniger von dieser positiven Entwicklung. Stadtdirektor Burkhard Hintzsche stellte am Donnerstag, 3. März, gemeinsam mit Birgitta Kubsch-von Harten und Ingo Zielonkowsky, den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters Düsseldorf, die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, die Situation für Langzeitarbeitslose und die aktuellen Projekte zur Kommunalen Beschäftigungsförderung vor.
Der Arbeitsmarkt ist auf dem Weg aus der Krise, die Zahl der Beschäftigten in Düsseldorf ist weiterhin auf einem stabilen Niveau. Im Juni 2021 waren über 435.000 Menschen in Düsseldorf in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
Die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften in Düsseldorf steigt weiter. Im Februar waren rund 5.600 offene Stellen gemeldet, davon rund 4.500 für Fachkräfte und Spezialisten. Gleichzeitig waren 24.169 Menschen in Düsseldorf arbeitslos gemeldet. Nachdem zu Beginn des letzten Jahres die Arbeitslosigkeit in Düsseldorf noch an der 30.000er-Marke kratzte, nähert sie sich nun wieder dem Vorkrisenniveau an.
Der Abbau der Arbeitslosigkeit erfolgte in allen Segmenten, allerdings stärker bei den gut Qualifizierten. 44 Prozent der Arbeitslosen in Düsseldorf sind Langzeitarbeitslose, zwei Drittel von ihnen haben keinen Berufsabschluss. Deshalb ist für Birgitta Kubsch-von Harten, die Chefin der Düsseldorfer Arbeitsagentur, die Aus- und Weiterbildung als stärkstes Instrument zur Vermeidung und Beendigung von Langzeitarbeitslosigkeit besonders wichtig, erst recht in einer Arbeitswelt, die sich durch neue Technologien ständig weiterentwickelt. "Langzeitarbeitslose Menschen, die sich neuen Aufgaben stellen und digitale Herausforderung annehmen, müssen gute Bedingungen auf dem Düsseldorfer Arbeitsmarkt vorfinden. Mit Blick auf die demographische Entwicklung werden wir es uns schlichtweg nicht leisten können, Potentiale nicht zu nutzen", so Kubsch-von Harten.
Auch Ingo Zielonkowsky, Leiter des Jobcenters Düsseldorf, hebt die Fort- und Weiterbildung als wesentlichen Schlüssel zum Erfolg beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit hervor. "Im letzten Jahr haben mehr als 10.000 Kundinnen und Kunden des Jobcenters an beruflichen Fort- und Weiterbildungen oder Aktivierungen teilgenommen", erläutert Zielonkowsky und fügt hinzu, wie wichtig es gerade bei dem anspruchsvollen Düsseldorfer Arbeitsmarkt ist, durch individuelle Vorgehensweisen auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der arbeitslosen Menschen einzugehen. "Durch diese zielgerichtete Förderung gelingt es Jahr für Jahr, mehrere Tausend Menschen im SGB II-Bezug wieder in Arbeit zu bringen und Perspektiven für diese Menschen und ihre Familien zu schaffen", so Zielonkowsky weiter.
Trotz ungünstiger Rahmenbedingungen durch die Corona-Pandemie ist deshalb die Zahl der Düsseldorferinnen und Düsseldorfer, die finanzielle Hilfen des Jobcenters erhalten, weiter gesunken. Im Februar lag die Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit 27.384 (mit rd. 55.000 betroffenen Menschen) so niedrig wie noch nie. Die SGB II-Quote beträgt 10,8%.
Zu dieser positiven Entwicklung trägt auch das Teilhabechancengesetz bei, das Langzeitarbeitslosen, für die der Arbeitsmarkt aktuell schwer zugänglich ist, und ihren Familien neue Perspektiven bietet. Seit 2019 konnten mit diesem Instrument über 800 Düsseldorfer Bürger*innen in reguläre Arbeitsverhältnisse mit Tariflohn oder Mindestlohn, bei privaten und öffentlichen Arbeitgebern vermittelt werden.
Ingo Zielonkowsky unterstreicht die Wirkung dieses Programms für Langzeitarbeitslose: „Das ist wirklich ein tolles Gesetz! Und wir zeigen damit, wie die Düsseldorf-Community aus Wirtschaft und Verwaltung Chancen und Perspektiven bietet“.
Um den von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Menschen diese Perspektiven aufzuzeigen, arbeiten die Landeshauptstadt und das Jobcenter Düsseldorf eng zusammen. Die Kommunale Beschäftigungsförderung des Amtes für Soziales und das Düsseldorfer Jobcenter gestalten gemeinsam innovative Projekte und Angebote für spezifische Zielgruppen. Umgesetzt werden die Projekte durch soziale Träger, wie dem AWO Berufsbildungszentrum gGmbH, der Caritas Düsseldorf e. V., der Diakonie Düsseldorf, der renatec GmbH und Zukunftswerkstatt Düsseldorf GmbH.
"Langzeitarbeitslose Menschen brauchen individuelle Wege und passgenaue, regionale Angebote als Ergänzung zu den Angeboten des Jobcenters", erläutert Stadtdirektor Burkhard Hintzsche. "Aus diesem Grund hat das Amt für Soziales gemeinsam mit seinen Partnern seit dem Jahr 2015 Strategien entwickelt und setzt diese erfolgreich um. Für die Projekte und Angebote werden jährlich kommunale Mittel in Höhe von 2,2 Millionen Euro bereitgestellt." Stadtdirektor Burkhard Hintzsche stellte einige Projekte und Angebote vor:
i-Punkt Arbeit Standorte
Ein Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und Kommunaler Beschäftigungsförderung sind die i-Punkt Arbeit Standorte, die es zwischenzeitlich in den fünf Düsseldorfer Stadtteilen Eller/Hassels-Nord, Oberbilk/Flingern, Rath/Mörsenbroich, Wersten/Holthausen und Garath gibt. Durch die Arbeit vor Ort wird der quartiersbezogene Ansatz gestärkt. Hilfe und Unterstützung gibt es direkt im Quartier; für die Bürgerinnen und Bürger wird sichtbar, dass sich die Landeshauptstadt für die Verminderung von Arbeitslosigkeit engagiert. Gleichzeitig werden die Arbeitgeber und Multiplikatoren im Quartier durch Netzwerkarbeit aktiv einbezogen.
In den i-Punkten Arbeit steht die individuelle Beratung an erster Stelle. Je nach Bedarf kann in einem Beratungsprozess eine individuelle Perspektive für eine Arbeitsaufnahme entwickelt werden. Außerdem werden konkrete Fragen, wie zum Beispiel zur Anerkennung von ausländischen Zeugnissen, beantwortet und bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen unterstützt. Arbeitsmarktlotsen bilden dabei die Schnittstelle zwischen den Arbeitsuchenden, lokalen Arbeitgebern, Jobcenter, Agentur für Arbeit und anderen lokalen Akteurinnen und Akteuren. Vier i-Punkt Arbeit Standorte werden gemeinsam vom Jobcenter und von der Kommunalen Beschäftigungsförderung finanziert. Der i-Punkt Arbeit Standort in Garath wird ausschließlich aus kommunalen Mitteln finanziert.
2021 wurden in den i-Punkten rund 800 Beratungsprozesse mit unterschiedlicher Dauer durchgeführt. 183 Personen wurden in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt. 337 Personen konnten aktiviert werden und gehen nächste Qualifikationsschritte, wie zum Beispiel der Wiedereinstieg in die Schulausbildung, Teilnahme an Sprachkursen oder an Qualifikationsangeboten des Jobcenters.
Arbeitsgelegenheiten (AGH) "Garaths gute Geister"
Im Stadtteil Garath startet am 15. März 2022 das Projekt "Garaths gute Geister". Die AGH richtet sich an Menschen in SGB-II-Bezug, die bereits seit einem längeren Zeitraum keinen Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Sie sollen durch das Projekt einer sinnvollen und integrierenden Tätigkeit nachgehen können.
"Das Projekt wurde von der Kommunalen Beschäftigungsförderung entwickelt und wird in Abstimmung und Kooperation mit dem Jobcenter durchgeführt", sagt Stadtdirektor Burkhard Hintzsche. "Es verfolgt verschiedene Ziele. Grundgedanke ist es, arbeitslosen Menschen im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit eine Möglichkeit zur Teilhabe zu bieten, sie zu fördern und die vielfältigen gemeinwesenorientierten Aufgaben im Quartier zu unterstützen. Außerdem soll der Stadtteil Garath mit seinen Bewohnerinnen und Bewohnern von diesem Projekt profitieren, indem Langzeitarbeitslose als Quartiershelferinnen und Quartiershelfer im Stadtteil sichtbar und ansprechbar sind."
Die Teilnehmenden werden täglich mehrere Stunden in den Parks und auf Kinderspielplätzen sowie Grünflachen im Quartier unterwegs sein und so die Ordnung und Sauberkeit verbessern. Gleichzeitig ermöglichen die Teilnehmenden einen leichteren Zugang zu bestehenden Hilfs- und Unterstützungsangeboten, weil sie als Lotsen für alle Bewohnerinnen und Bewohner im Quartierauftreten. Darüber hinaus werden sie bei bürgerschaftlichen Aktionen unterstützen und können Menschen mit spezifischen Unterstützungsbedarfen, wie beispielsweise mobilitätseingeschränkte Personen, zu Angeboten begleiten.
Arbeitsgelegenheiten Plus (AGHPlus)
Viele Kundinnen und Kunden des Jobcenters haben vielfältige Vermittlungshemmnisse und ein anhaltend hoher Anteil von zwei Dritteln ist ohne Berufsabschluss. Daraus resultieren längere Integrationsprozesse. Um langzeitarbeitslose Menschen in kleinen Schritten an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen und die soziale Integration zu fördern, werden vom Jobcenter finanzierte, zeitlich befristete Arbeitsgelegenheiten bei verschiedenen Träger angeboten.
Das ergänzende, durch kommunale Mittel finanzierte Angebot AghPlus, bietet rund 300 Teilnehmenden flankierende Zusatzangebote in Form von kleinschrittigen Trainings und Schulungen an wie zum Beispiel persönliche Coachings, Computer- oder Sprachkurse, Kurse zu Themen wie Gesundheit, Verhalten im Arbeitskontext, Telefontraining, Arbeitssicherheit sowie Pflege und Betreuung. Mehr als zwei Drittel der Teilnehmenden nutzt – unter anderem aus Abneigung oder Unkenntnis - weder Smartphone noch Tablet. Daher gibt es Schulungen zur Nutzung digitaler Endgeräte und Medien, um der zunehmenden Bedeutung digitaler Kompetenzen Rechnung zu tragen.
Arbeitsgelegenheiten "Arbeiten & Deutsch lernen"
Bei einigen Langzeitarbeitslosen mit Fluchthintergrund sind die Deutschkenntnisse nicht ausreichend für den Arbeitsmarkt, obwohl alle regulären und öffentlich finanzierten Deutschkurse bereits absolviert wurden. Durch die AGH „Arbeiten & Deutsch lernen“ sollen sie weiter gefördert werden, damit sie nicht dauerhaft Transferleistungen beziehen müssen.
Das Angebot verbindet Sprachunterricht mit praktischen Phasen am Arbeitsplatz. An beiden Orten werden die Teilnehmenden individuell beim Spracherwerb unterstützt. Sie werden als "Lernende Unterstützer und Helfer" für zusätzliche Angebote in Einrichtungen für Seniorinnen und Senioren sowie in Kindertagesstätten eingesetzt. Der für den jeweiligen Einsatz notwendige Wortschatz wird vor Ort erarbeitet und in gemeinsamen Schulungen gefestigt. Aktuell werden 27 Teilnehmende geschult und begleitet. Seit Mai 2021 konnten bereits 3 Teilnehmende in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden. Die Finanzierung erfolgt anteilig durch das Jobcenter und die Kommunale Beschäftigungsförderung. Letztere übernimmt dabei insbesondere Projektbestandteile, die aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen einer AGH nicht durch das Jobcenter finanziert werden können, wie zum Beispiel der hohe Anteil von Schulungen innerhalb einer AGH.
Beschäftigte gemäß Teilhabechancengesetz (§ 16i SGB II)
Mit dem Teilhabenchancengesetz nach § 16i SGB II sollen besonders arbeitsmarktferne Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen eingegliedert werden. Zielgruppe sind Personen, die seit mindestens sechs Jahren Leistungen nach dem SGB II beziehen und in dieser Zeit nicht erwerbstätig waren.
Seit Mitte 2019 erfolgten aufgrund von Vorschlägen des Jobcenters insgesamt 65 Einstellungsverfahren für zusätzlich bereitgestellte sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in Ämtern und Instituten der Stadtverwaltung Düsseldorf. Aktuell bestehen 40 Arbeitsverhältnisse und mehrere Bewerbungsverfahren laufen, 4 Beschäftigte konnten auf eine Planstelle in der Verwaltung wechseln. Rund 80 Prozent der geförderten Beschäftigten sind über 50 Jahre.