Der Ausbildungsmarkt in Essen bietet derzeit sowohl Bewerberinnen und Bewerben als auch Betrieben noch gute Erfolgsaussichten. Eine Ausgangssituation, in der die gemeinsame Botschaft aller Partner am Arbeitsmarkt daher nur lauten kann, dass es sich für beide Seiten in den nächsten Wochen lohnt, die Zeit und Möglichkeiten noch intensiv zu nutzen.
Um gemeinsam noch etwas zu bewegen, zogen die Partner am Ausbildungsmarkt: die Agentur für Arbeit Essen, das JobCenter Essen, die IHK zu Essen, die Kreishandwerkerschaft Essen und der DGB daher erstmals schon Anfang September eine erste Zwischenbilanz zum Ausbildungsmarkt.
Die Pressekonferenz zu diesem Zeitpunkt soll die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit noch einmal gezielt auf das Thema Ausbildung lenken. Denn darin sind sich alle Partner einig: Da geht noch was. 933 freie Ausbildungsstellen sind 933 Möglichkeiten jungen Menschen eine Perspektive zu schaffen und die dürfen auf keinen Fall ungenutzt bleiben. Denn die Jugendlichen von heute sind unsere Zukunft von morgen. Sie sind genau die Fachkräfte, die dringend benötigt werden.
Und auch an die 691 motivierten Jugendlichen, die derzeit noch auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle sind, soll mit der Pressekonferenz zu diesem frühen Zeitpunkt ein Signal gesetzt werden: Wir sind für euch da, gemeinsam schaffen wir es. Wir lassen keinen Jugendlichen zurück!
Und die Aussichten für die Jugendlichen noch in diesem Sommer last minute in die Ausbildung zu starten sind sehr gut. Daher gilt es jetzt den Endspurt einzuläuten, um mit vereinten Kräften den Sommer der Berufsausbildung zu einem gelungenen Ende zu bringen.
Die ganz unkonventionellen Formate wie die Ausbildungsmesse auf dem Kennedyplatz „Zukunft was geht“ oder auch die Pop-Up-Box „Wir für euch“ direkt in der Innenstadt haben gezeigt, dass die direkte und unkomplizierte Ansprache genau der Weg ist, die Jugendlichen wieder zurückzugewinnen. So liegen die Bewerberzahlen mit 3.727 über dem Vorjahr und auch höher als im Jahr 2019/2020.
Gemeinsam mit allen Partnern gilt es, auch in den nächsten Wochen Begegnungsräume für Arbeitgeber und Jugendliche zu schaffen, in denen diese sich im wahrsten Sinne des Wortes begegnen und kennenlernen können. Den Jugendlichen muss der Raum geboten werden, durch ihre Persönlichkeit und ihre individuellen Skills zu überzeugen – jenseits von allen Noten. Veranstaltungen, in denen sich junge Menschen und Unternehmen ungezwungen kennenlernen konnten und Zeugnisse erst einmal zweitrangig waren, haben den Erfolg dieser Vorgehensweise bestätigt: Gesucht und gefunden war nach jeder der Veranstaltungen das Fazit.
Die Kennzahlen zum Ausbildungsmarkt im Einzelnen:
Das Ausbildungsplatzangebot im aktuellen Ausbildungsjahr liegt leicht über dem Niveau des Vorjahres. So wurden seit Oktober 2021 insgesamt 3.195 freie Ausbildungsstellen gemeldet, 77 mehr als im Jahr 2020/2021, aber 63 weniger als im Jahr 2019/2020.
Auf der anderen Seite meldeten sich in diesem Jahr 3.727 Jugendliche und junge Erwachsene bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit Essen, um bei der Suche nach dem passenden Ausbildungsplatz unterstützt zu werden.
Gegenüber dem vergangenen Ausbildungsjahr bedeutet das einen Anstieg von 8 Bewerbern. Damit kam rein rechnerisch auf eine/n Bewerber/in 0,86 Ausbildungsstelle.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind noch 933 Ausbildungsstellen unbesetzt.
Eine Zahl, die eine deutliche Sprache spricht und die Frage aufwirft: Greifen die tradierten Methoden noch um die Jugendlichen anzusprechen? Eine Anzeige schalten und hoffen, dass unzählige Bewerbungen ankommen, war gestern. Heute gilt es, auf die jungen Menschen zuzugehen und sie direkt anzusprechen. Und vor allem, Ausbildung wieder attraktiv zu machen. Es ist essentiell den Jugendlichen, aber auch ihren Eltern aufzuzeigen, dass eine Ausbildung ein hochwertiger Abschluss ist und bleibt, vor allem ein Abschluss mit großen Perspektiven und guten Verdienstmöglichkeiten.
Bei gleichzeitig noch 691 Bewerbern, die aktuell auf der Suche nach einer Ausbildung sind, rückt damit auch wieder das Stichwort „Passungsproblem“ in den Fokus. Es ist an der Zeit auch Jugendlichen eine Chance zu geben, die dem Zeugnis nach vielleicht nicht die erste Wahl sind. Zumal überlegt werden muss, ob Noten tatsächlich noch die Aussagekraft haben oder ob Motivation, Aufgeschlossenheit und praktische Lernbereitschaft die Chancen eine Ausbildung erfolgreich zu absolvieren nicht deutlich mehr erhöhen als eine eins in Mathe. Die Assistierte Ausbildung sowie die Einstiegsqualifizierung sind zudem sehr gute Instrumente, um Auszubildenden die notwendige Unterstützung zu geben, eine passende Ausbildungsstelle zu erlangen und dann den Abschluss erfolgreich zu meistern.
Um das alte Passungsproblem und neue Versorgungsprobleme zukünftig effektiv anzugehen, gilt es ganzheitliche Lösungsansätze zu finden. Vor diesem Hintergrund stellt sich vor allem die Frage: wer bildet eigentlich noch aus? Aktuell liegt die Ausbildungsbetriebsquote in Essen bei 18,6 Prozent, das sind 0,3 %-Punkte weniger als im Vorjahr. Von 13.247 Betrieben vor Ort bilden aktuell 2.468 Betriebe aus. Dies macht ganz deutlich, dass ein Umdenken in Richtung Ausbildung erfolgen muss. Die Wirtschaft muss in Ausbildung investieren, wenn die Fachkräfte von morgen gewonnen werden wollen.
Andrea Demler, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Essen:
„Der Fachkräftemangel ist nicht mehr ein mögliches Szenario von morgen, sondern eine Problematik, vor der wir schon massiv im hier und jetzt stehen. Die Gründe dafür, wie zum Beispiel die demografische Entwicklung, Dekarbonisierung und Energiekrise sind vielfältig, genauso vielfältig sollten daher aber auch die Lösungsansätze sein, die wir verfolgen, um den Wirtschaftsstandort Essen zukunftsfähig zu machen. Wir müssen uns auf die Generation Z und ihre Bedürfnisse einstellen. Nur wenn wir nah an den Jugendlichen dran sind, wird es uns gelingen sie auch zu erreichen, um sie wieder für das Thema Ausbildung zu begeistern. Zudem zeigen wir ihnen, dass Abi und Studium nicht alleinig der Weg in den Erfolg sind. Die jungen Menschen sind das Potential, das wir dringend benötigen, um uns die Fachkräfte von morgen zu erschließen. Das bedeutet, dass wir sie auf dem Weg in die Ausbildung unterstützen, zum Beispiel durch unkomplizierte Gelegenheiten, die Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten kennenzulernen. Es müssen nicht immer die ewig gleichen top ten der Ausbildungsberufe sein, die berufliche Welt ist bunt und abwechslungsreich“, resümiert Andrea Demler, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Essen.
Thomas Mikoteit, Abteilungsleiter des JobCenter Essen:
„Aktuell fehlen in vielen Branchen Fachkräfte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Angesichts der demografischen Entwicklung wird sich dieser Trend weiter verstärken. Auf der anderen Seite ist das Interesse der Jugendlichen an einer dualen Ausbildung weiterhin hoch. Daher ist es wichtig und notwendig, dass Unternehmen weiter attraktive Ausbildungsstellen anbieten.“
Franz Roggemann, Leiter des Geschäftsfeldes Bildung und Prüfungen der IHK zu Essen:
"Die Betriebe wollen, was fehlt sind Bewerber. Mit dieser Formel lässt sich die Situation am Ausbildungsmarkt gut zusammenfassen. Zahlreiche Betriebe berichten von unbesetzten Ausbildungsplätzen und Bewerbern, die wieder abgesprungen sind. Mit Blick auf die jungen Menschen heißt das, dass die Chancen auf einen Ausbildungsplatz so gut wie noch nie waren. Die Betriebe warten auf Sie! Bewerben Sie sich!"
Wolfgang Dapprich, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Essen:
„Mit Datum zum 28. August 2022 sind in der Kreishandwerkerschaft insgesamt 618 neue Lehrverträge registriert worden. Das sind exakt 18 Verträge mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Dies ist eine Steigerung von exakt 3 Prozent. Insgesamt ist das Essener Handwerk verhalten optimistisch, dass sich die Zahl der handwerklichen Vertragsabschlüsse bis zum Ende des Ausbildungsjahres zum 30. September 2022 noch weiter erhöht. Die Gründe für diese positive Entwicklung sehen wir zum einen in den von uns angeführten Argumenten, die für eine duale Ausbildung sprechen. Zum anderen kommt die bundesweite Imagekampagne des Deutschen Handwerks langsam in den Köpfen der jungen Leute an und bewegt wieder mehr Jugendliche dazu, eine duale Ausbildung aufzunehmen.“
Dieter Hillebrand, Regionsgeschäftsführer des DGB:
„Leider ist es den Unternehmen und Betrieben auch in diesem Jahr wieder nicht gelungen, eine Trendwende bei Erhöhung der Ausbildungsstellen hinzubekommen. Denn nach wie vor bildet nur rund jeder 5. Betrieb aus. Das ist definitiv zu wenig. Alleine den Fokus auf die Anzahl der noch unbesetzten Ausbildungsstellen zu legen, birgt die Gefahr eingeschränkter Lösungen. Unser heutiges Ziel sollte es aber sein, in der Nachvermittlung noch möglichst viele der freien Ausbildungsstellen zu besetzen. Denn jeder junge Mensch der Heute nicht in eine Ausbildung einmündet, fehlt dem Arbeitsmarkt von Morgen“, so Dieter Hillebrand, Regionsgeschäftsführer des DGB. „Wir bleiben aber bei unserer Forderung, eine Ausbildungsgarantie für die jungen Menschen einzuführen. Den jeder junge Mensch, der eine duale Berufsausbildung anstrebt, sollte auch einen Ausbildungsplatz bekommen. Dazu bedarf es natürlich ein auswahlfähiges Angebot“.