Herr Windisch, wo ist der Fachkräftemangel im Landkreis Freising am Größten?
Nikolaus Windisch: „Die Fachkräftesicherung ist eines der zentralen Themen am Arbeitsmarkt – bundesweit und natürlich auch in unserer wirtschaftlich starken Region. So ist im Landkreis Freising die Stellenbesetzung im Gesundheits- und Sozialwesen beispielsweise im Pflegebereich, im Handwerk, dem Baugewerbe oder auch den Metallbauberufen mit Herausforderungen verbunden. Besonders hoch ist die Personalnachfrage naturgemäß auch in den Starken Branchen der Region – hierzu zählen unter anderem der Handel sowie der Bereich Verkehr und Logistik.“
Welche Branchen bekommen es mit diesem Problem, vielleicht auch Corona-bedingt, aktuell langsam zu tun?
Nikolaus Windisch: „Die Corona-Pandemie hat auch auf dem Arbeitsmarkt im Landkreis Freising deutliche Spuren hinterlassen. In Folge der Pandemie stieg die Arbeitslosigkeit an und die Nachfrage der Unternehmen nach neuen Mitarbeiter*innen hat sich deutlich verringert. Die Arbeitskräftenachfrage ist beispielsweise im Gastgewerbe oder auch in der Sicherheitsbranche deutlich zurückgegangen. Doch auch hier nehmen die Stellenmeldungen aktuell wieder zu.“
Wie viele arbeitslose Frauen und Männer registriert die Agentur für Arbeit aktuell?
Nikolaus Windisch: „Zum Jahresende 2021 waren insgesamt 2.481 arbeitslose Frauen und Männer aus dem Landkreis Freising bei der Agentur für Arbeit gemeldet – darunter waren rund 1.470 Fachkräfte, also knapp 60 Prozent. Viele können natürlich schnell wieder vermittelt werden. Aber das ist nicht immer der Fall: So kann es beispielsweise sein, dass aus gesundheitlichen Gründen die bisherige Tätigkeit nicht mehr ausgeführt werden kann. Bei anderen stimmt die Qualifikation nicht mit den Anforderungsprofilen der ausgeschriebenen Stellen überein. Hier müssen wir gemeinsam einen Weg entwickeln, die Kund*innen fit für den Arbeitsmarkt zu machen – zum Beispiel durch Qualifizierungen, Weiterbildungen oder Umschulungen.“
Ist die Vermittlung der arbeitslosen Personen im Bezug auf den Fachkräfteengpasst nur ein Tropfen auf den heißen Stein – oder können sie das Problem lindern?
Nikolaus Windisch: „Natürlich sind die Qualifizierung und Vermittlung von Arbeitslosen wichtige Bausteine. Sie alleine können allerdings nicht die hohe Fachkräftenachfrage abdecken. Vor allem, wenn wir den Blick weiter Richtung Zukunft lenken: Digitalisierung und Automatisierung werden den Arbeitsmarkt stark verändern. Deshalb sollten Betriebe möglichst jetzt die Weichen für ihre Zukunftsfähigkeit stellen.“
Was raten Sie Unternehmen für ein erfolgreiches Recruiting?
Nikolaus Windisch: „Zunächst einmal ist es wichtig, alle Potenziale zu nutzen: Ältere, Menschen mit Migrationshintergrund sowie Menschen mit Handicap. Auch sollten die Freisinger Unternehmen in ihrer hohen Ausbildungsbereitschaft auf keinen Fall nachlassen.
Ich rate zudem unbedingt, bei der Personalsuche den Blick auch nach innen zu richten, denn in vielen Betrieben schlummern verborgene Talente: Beschäftigte, deren Qualifikation noch nicht oder nicht mehr den Anforderungen des Unternehmens entsprechen, sollten verstärkt weitergebildet werden. Von einer solchen Qualifizierung im Betrieb profitieren dann alle Seiten: Den Arbeitgeber*innen stehen ihre erfahrenen und mit den Unternehmensabläufen vertrauten Beschäftigten künftig als gut ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung. Und die Mitarbeiter*innen reduzieren ihr Risiko, arbeitslos zu werden. Die Agentur für Arbeit unterstützt die Betriebe auf diesem Weg – beratend und finanziell.“
Welche Qualifizierungen für Beschäftigte sind hier denkbar?
Nikolaus Windisch: „Die Bandbreite der möglichen Qualifizierungen für Beschäftigte ist groß: Ausbildungen zur Alten- oder Kinderpfleger*in, zur Fachkraft Schutz- und Sicherheit oder zur Maler- und Lackierer*in sowie Vorbereitungslehrgänge auf Externen-Prüfungen wurde von der Agentur für Arbeit Freising bereits genauso unterstützt wie Anpassungsqualifizierung in den Bereichen CNC, Lager oder Physiotherapie. Förderleistungen nach dem Qualifizierungschancengesetz wie die Übernahme von Lehrgangskosten und Zuschüsse zum Arbeitsentgelt sind sowohl für langjährig Beschäftigte als auch für neu eingestellte Mitarbeiter*innen ab dem 1. Arbeitstag möglich.“
Unternehmen aus den Landkreisen Freising, Erding, Ebersberg und Dachau, die sich zu den Fördermöglichkeiten und den Voraussetzungen informieren möchten, können sich an unseren Arbeitgeber-Service oder die bekannten Ansprechpartner*innen wenden.