Jahresbilanz 2021 zum Arbeitsmarkt der Stadt Gelsenkirchen

Das zweite Pandemiejahr – Herausforderungen bleiben

20.01.2022 | Presseinfo Nr. 2

Das zweite Pandemiejahr – Herausforderungen bleiben

  • Arbeitslosigkeit sank im Jahresverlauf 2021 kontinuierlich
  • Durchschnittliche Arbeitslosenquote von 14,8%
  • Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung trotz Pandemie stabil
  • Kurzarbeit rückläufig
  • Qualifizierung sichert Beschäftigung

„Das zweite Pandemiejahr in Folge war für unsere heimische Wirtschaft und damit auch den Arbeitsmarkt eine Belastungsprobe“, berichtet Frank Thiemann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen. „Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen sank seit Anfang des Jahres zwar kontinuierlich und nähert sich weiter dem Vorkrisenniveau. Das darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns im Jahresdurchschnitt mit 19.452 Arbeitslosen auf dem höchsten Stand seit 2008 befinden. Dabei ist besonders der Anteil der Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind und daher als langzeitarbeitslos gelten, durch die Pandemie deutlich gestiegen. Ein Grund mag in der mangelnden Qualifikation liegen: 71,7 Prozent der 19.452 Arbeitslosen verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Kurzarbeit konnte auch im vergangenen Jahr viele Arbeitsplätze retten. Es zeigte sich aber, dass vor allem diejenigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und bleiben, die Fachkraft oder höher qualifiziert sind. Und die derzeitige Verschärfung der Lage durch die vierte und kommende fünfte Welle macht es den Betrieben nicht leichter. Wir brauchen nun einen langen Atem und vereinte Kraft, um die vergangenen Monate aufzuarbeiten und weiter auf einem guten Kurs zu bleiben.“

Entwicklung der Arbeitslosigkeit

Nach einem wirtschaftlich schwierigen Jahresübergang 2020/2021, der von einem fast sechsmonatigen Lockdown geprägt war, sank die Zahl der arbeitslosen Gelsenkirchener*innen ab Februar 2021 wieder kontinuierlich von 20.631 auf 18.138 Personen im Dezember 2021(-8,5%). Die Arbeitslosenquote sank damit ebenfalls von 15,8 auf 13,7 Prozent.

Beim Vergleich der Jahresdurchschnittszahlen zeigt sich jedoch, dass der Arbeitsmarkt auch im zweiten Jahr noch mit den Herausforderungen der Pandemie zu kämpfen hat. In den Jahren 2020 und 2021 befand sich die Arbeitslosigkeit mit einer durchschnittlichen Quote von 14,9 Prozent (2020) bzw. 14,8 Prozent in 2021 auf dem höchsten Stand seit über 10 Jahren. Zwar sank die Jugendarbeitslosigkeit im Vergleich zu 2020 um 5,4 Prozent, deutliche Verlierer blieben hingegen die Menschen, die länger als ein Jahr ohne Arbeit waren und damit als langzeitarbeitslos gelten. Ihre Anzahl stieg im Vergleich zu 2020 um 28 Prozent auf nunmehr 9.594 Personen im Jahresdurchschnitt.

Weniger Kurzarbeit in 2021

Kurzarbeit sicherte auch 2021 die Liquidität einiger Unternehmen und verhinderte einen stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Jedoch wurde im vergangenen Jahr ein deutlicher Anzeigenrückgang Gelsenkirchener Unternehmer*innen sichtbar. Hatten im Januar 2021 noch 511 Unternehmen für 3.685 Beschäftigte Kurzarbeitergeld beantragt, waren es im November nur noch 5 Betriebe mit 49 Mitarbeiter*innen. Der im Dezember verzeichnete leichte Anstieg auf 21 Unternehmen (363 Beschäftigte) lässt sich mit der letzten Welle der Pandemie und den damit einhergegangenen, wirtschaftlichen Einschränkungen begründen. Dennoch haben insgesamt 60,1 Prozent weniger Unternehmen als noch in 2020 dieses arbeitsmarktpolitische Instrument für sich beanspruchen müssen.

Verhaltene Nachfrage nach Arbeitskräften – sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stabil

Die Nachfrage nach Arbeitskräften zeigte sich im Jahresverlauf wechselhaft. Setzte zum Ende des Lockdowns im Frühsommer wieder ein leichter Zuwachs an neu gemeldeten Stellen ein, zeigten sich Arbeitgeber*innen mit Beginn des pandemischen Winters wieder zurückhaltend. Zwar konnten im Dezember 327 neue Stellen akquiriert werden (+44 im Vergleich zum Vormonat), im Vergleich zum Vorjahr lagen die Stellenzugänge jedoch 7,9 Prozent unter denen aus Dezember 2020. Tatsächlich wurden mit insgesamt 4.487 Vakanzen seit 2009 (3.402 Vakanzen) die wenigsten Stellen neu gemeldet.

Der Stellenbestand nahm in 2021 weiter ab. Arbeitgeber*innen suchten zu fast 80 Prozent Fachkräfte oder noch höher qualifizierte Mitarbeiter*innen. Ein deutlicher Anstieg war jedoch im Helferbereich zu verzeichnen – ein Sondereffekt der Pandemie: Dort konnten 31,1 Prozent mehr Menschen als noch 2020 eine Anstellung finden. Vor allem im Bereich Lagerwirtschaft, Post, Zustellung und Güterumschlag wurden im vergangenen Jahr Arbeitskräfte gesucht. Im Dezember 2021 konnte in dieser Berufsgruppe eine Steigerung von 154,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnet werden.

Die Zahl sozialversicherungspflichtig beschäftigter Arbeitnehmer*innen stieg, dem Trend der vergangenen Jahre folgend, weiter an. Zum aktuellen Stichtag Ende Juni 2021[1] waren am Arbeitsort Gelsenkirchen insgesamt 82.535 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 0,8 Prozent mehr als im Jahr davor. 62 Prozent dieser Beschäftigten sind Fachkräfte, nur 15,6 Prozent haben keinen beruflichen Abschluss.

Ausblick

„Die Entwicklung des Arbeitsmarktes im vergangenen Jahr war immer noch spürbar von der Pandemie und ihren damit einhergehenden Einschränkungen geprägt“, stellt Frank Thiemann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit fest. „Die Verunsicherung der Arbeitgeber*innen hinsichtlich Mitarbeiterakquise und Neueinstellungen ist nach wie vor zu spüren. Vorläufige positive Effekte wie der Zuwachs an Helferjobs vor allem bei Paket- und Lieferdiensten sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass es vor allem die Geringqualifizierten sind, die in diesen zwei Jahren der Pandemie ins Hintertreffen geraten sind. 13.937 arbeitslose Menschen in unserer Stadt haben keine abgeschlossene Berufsausbildung, das sind fast 72 Prozent! Der Weg in die Langzeitarbeitslosigkeit ist hier fast schon vorprogrammiert. Unsere gemeinsame Aufgabe, zusammen mit unseren Partner*innen vom Jobcenter IAG sowie Gelsenkirchener Unternehmerinnen und Unternehmern ist es, diesen Menschen eine Chance auf Qualifizierungen zu geben und ihnen Wege und Möglichkeiten zu eröffnen, im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Der Fachkräftebedarf ist nach wie vor vorhanden, es gibt also genug Optionen, sich beruflich zu orientieren. Die Förderung von Weiterbildung wird daher eine unserer Hauptaufgaben für dieses – sich hoffentlich wieder einer Normalität annähernden – Jahr sein.“

Seit Anfang Januar bietet die Agentur für Arbeit auch online die Möglichkeit, sich arbeitslos zu melden. Auch der Antrag auf Arbeitslosengeld sowie die Buchung eines Beratungstermins sind online möglich. Mehr dazu unter www.arbeitsagentur.de.

[1] Die Beschäftigungsstatistik wird aus den Arbeitgebermeldungen zur Sozialversicherung gewonnen. Die statistische Berichterstattung erfolgt monatlich mit einer Wartezeit von 6 Monaten. Aufgrund der Abgabefristen und des Meldeflusses sind stabile Ergebnisse aus der Beschäftigungsstatistik erst nach dieser Wartezeit zu erzielen.