Im Bezirk der Agentur für Arbeit Göppingen mit den Landkreisen Esslingen und Göppingen ist zum Abschluss des Beratungsjahres 2021 / 2022 die Zahl der Berufsausbildungsstellen gestiegen, die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz aber erneut gesunken. Das Beratungsjahr dauerte von Oktober 2021 bis September 2022. Insgesamt gab es im gesamten Bezirk 2 240 Stellen mehr als Bewerber. Mit 1,6 Ausbildungsstellen je Bewerber hatten junge Menschen auch in diesem Jahr eine sehr gute Ausgangssituation für den Start ins Berufsleben.
„Corona und wirtschaftliche Transformation und die dadurch ausgelösten Material- und Lieferengpässe, die Energiekrise, Inflation und ab Februar 2022 der Krieg in der Ukraine haben dem Ausbildungsmarkt im Berufsberatungsjahr 2021 / 2022 besondere und herausfordernde Rahmenbedingungen gesetzt. Ausbildung ist schwierig geworden – dennoch haben Arbeitgeber mit Weitblick an der Ausbildung von Fachkräften im eigenen Haus festgehalten“, bilanziert Karin Käppel, Leiterin der Agentur für Arbeit Göppingen. „Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes hin zum Bewerbermarkt hat sich weiter fortgesetzt: Die Zahl der Ausbildungsstellen ist gestiegen, bei den Bewerbern gab es einen Rückgang. Nach dem regelrechten Einbruch der Bewerberzahlen vergangenes Jahr übersteigt jetzt die Zahl der Stellen die der Bewerber deutlich.“
Im Agenturbezirk Göppingen war der Anstieg bei den Ausbildungsstellen stärker als in Baden-Württemberg oder Deutschland. Der Rückgang bei den Bewerberinnen und Bewerbern fiel aber schwächer aus.
Die Entwicklung in Zahlen:
Die Ausbildungsstellensituation
Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen ist im Vergleich zum Berichtsjahr 2020 / 2021 um 561 oder 10,8 Prozent auf 5 760 Ausbildungsstellen gestiegen.
„In nahezu allen Wirtschaftszweigen gibt es ein Plus bei den Ausbildungsstellen. Die Chancen für junge Menschen auf Ausbildung sind so gut, wie sie noch nie zuvor waren“, sagt Karin Käppel. „Wir versuchen deshalb, gemeinsam mit unseren Partnern am Ausbildungsmarkt die Karrierechancen mit Ausbildung aufzuzeigen und junge Menschen dafür zu gewinnen“.
545 gemeldete Ausbildungsstellen (Vorjahr: 640) blieben zum Ende des Ausbildungsjahres unbesetzt. Vor allem fehlten Bewerberinnen und Bewerber im Einzelhandel, bei medizinischen und zahnmedizinischen Fachangestellten, im Fleischer- und Bäckerhandwerk sowie in Hotel- und Gaststättenberufen, als Fachinformatiker Systemintegration und im Friseurhandwerk. Aber auch in anderen Berufen gab es noch freie Plätze.
Die Bewerbersituation
3 520 Bewerberinnen und Bewerber haben bei ihrer Ausbildungsplatzsuche die Berufsberatung der Arbeitsagentur eingeschaltet. Das waren 37 oder 1,0 Prozent weniger als im Vorjahr.
Bettina Münz, stellvertretende Leiterin der Göppinger Arbeitsagentur und Verantwortliche für das operative Geschäft sagt dazu: „Für die Besetzung der Ausbildungsstellen brauchen wir jeden und jede. Denn bei dem aktuellen Ungleichgewicht wird es immer schwieriger, Betrieb und Nachwuchskraft zusammen zu bringen. Bei einer fast unerklärlich niedrigen Bewerberzahl scheitert dies beispielsweise an fehlender Mobilität oder weil die Qualifikation bei jungen Berufswählern nicht zu den Anforderungen der Betriebe passt. Oder weil einfach ihre Berufswünsche, häufig Verwaltung, Büro und KfZ-Berufe, schlicht nicht zu den angebotenen Berufen beispielsweise im Handwerk, der Lebensmittelbranche oder der Gastronomie passen“. Rein rechnerisch kamen auf einen Bewerber 1,6 Ausbildungsplätze. Künftige Azubis haben also eine große Auswahl an attraktiven Berufen. Es lohnt sich aber unbedingt, auch die Berufe jenseits des Traumberufs in die Wahl einzubeziehen und sich nicht auf die eine Idee, den Plan A, zu versteifen. Dann, so ist sich Münz sicher, gelingt jedem der Einstieg ins Berufsleben, und sei es mit Unterstützung der Agentur für Arbeit durch Instrumente wie Einstiegsqualifizierung oder Assistierte Ausbildung. Sie appelliert auch an Jugendliche, die sich in den vorhergehenden Jahren für keinen beruflichen Weg entscheiden konnten und deshalb eine „Zwischenschleife“ gedreht haben, jetzt den ersten Schritt ins Berufsleben über eine Ausbildung im Dualen System zu gehen.
Insgesamt gibt es rund 350 Ausbildungsberufe. Die Berufsberatung der Ar-beitsagentur kennt diese Berufe und weiß, welche Voraussetzungen, Wege und Alternativen es bei den einzelnen Ausbildungen gibt. Sie hilft Jugendlichen dabei, ihre Interessen und Fähigkeiten in den Blick zu nehmen, die richtige Wahl für einen Ausbildungsberuf zu treffen und vermittelt in Ausbildungsplätze.
„Der Strukturwandel in der Wirtschaft und die insgesamte wirtschaftliche und politische Situation beschäftigt Jugendliche und Eltern gedanklich auch im Hinblick auf ihre Berufswahl“, ergänzt Markus Knorpp, Teamleiter der Berufsberatung der Arbeitsagentur Göppingen. „Die genannten Punkte verstärken Unsicherheit und Angst und behindern eine Berufswahl, die sich an Interessen und Fähigkeiten ausrichtet, weil viele Aspekte die Berufswahl beeinflussen, die außerhalb der Person des Berufswählers liegen“. Die Berufsberatung berät ganzheitlich und individuell, langfristig und regelmäßig und macht Jugendlichen Mut für eine tragfähige Berufswahlentscheidung mit Zukunft.
Die Berufsberatung der Agentur für Arbeit hat ihr Angebot seit Beginn der Coronapandemie laufend an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und verstärkt auf digitale Angebote wie Live-Chats und Videokommunikation sowie Online-Angebote zur Eigenrecherche gesetzt. Persönliche Kontakte zu den Berufswählern sind aber unersetzlich. Neue Rahmenbedingungen haben so auch in der Berufsberatung zu neuen und kreativen Wegen geführt, wie etwa spezielle Elternsprechtage oder auch das „Ausbildungsforum“ als Brücke zwischen Ausbildungsbetrieb und Ausbildungsinteressierten.
Ausblick auf das folgende Jahr:
„Die aktuellen Herausforderungen für die Betriebe und die Partner am Arbeits- und Ausbildungsmarkt sind weiter hoch und werden es bleiben. Die Rückmeldungen aus dem Arbeitgeber-Service signalisieren, dass viele Unternehmen ihre Ausbildungsstellen für den Ausbildungsbeginn in 2023 bereits gemeldet haben. Trotz der unsicheren Lage nimmt der Wunsch nach Auszubildenden zu, da die Unternehmen einen Fachkräftebedarf haben beziehungsweise in den letzten Jahren weniger oder gar keine Azubis bekommen haben. Betriebe sehen die Notwendigkeit, in Ausbildung zu investieren“, sagt Karin Käppel.