Göttingen. Der Mai verabschiedete sich in Südniedersachsen in diesem Jahr mit einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit. Insgesamt waren im vergangenen Monat im Agenturbezirk Göttingen 14.772 Menschen arbeitslos gemeldet, 124 weniger als im April (-0,8%). Damit blieb die Entwicklung hinter dem durchschnittlich üblichen saisonalen Minus zurück. Im Vergleich zum Vorjahresmonat fallen die Arbeitslosenzahlen weiterhin deutlich höher aus. Gegenüber Mai 2022 waren 2.989 Menschen mehr von Arbeitslosigkeit betroffen. Das entspricht einem Plus von 25,4%.
Die Nachfrage nach Arbeitskräften in der Region ist weiterhin relativ konstant, liegt allerdings unter dem gemeldeten Bedarf des letzten Jahres. Im Mai meldeten Wirtschaft und Verwaltung insgesamt 951 neue Arbeitsangebote bei der Agentur für Arbeit Göttingen. Das waren 136 (12,5%) weniger als im April und 164 (14,7%) weniger als vor Jahresfrist. Gegenüber dem Vormonat stieg allerdings der Bestand an offenen Stellen auf 6.123.Das waren 77 (1,3%) mehr als im April und 276 (4,3%) weniger als im Mai 2022.
Klaudia Silbermann, Chefin der Agentur für Arbeit Göttingen, beurteilt die aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt der Region wie folgt: „Bei der Nachfrage nach Arbeitskräften und der Meldung von Stellenangeboten beobachten wir seit einigen Monaten eine gewisse Zurückhaltung der Betriebe. Das hängt insbesondere mit den wirtschaftlichen und unternehmerischen Risiken im Kontext Energiekrise, Inflation, Transformation und den Folgen des Ukraine-Krieges zusammen. Allerdings zeigt der hohe Bestand an offenen Stellen auch, wie schwierig es für Unternehmen ist, geeignete Mitarbeitende zu gewinnen.“
Weiter führt die Arbeitsmarktexpertin aus, dass die Zahl der Arbeitslosen seit Juni letzten Jahres insbesondere infolge des Arbeitsmarktzugangs der nach Deutschland geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer deutlich gestiegen sei. Diese würden seit Mitte 2022 überwiegend durch die Jobcenter betreut.
Darüber hinaus steige der Anteil älterer Arbeitsloser über 55 Jahre. Im Mai waren 3.285 Arbeitslose 55 Jahre und älter. Das entspricht einem Plus von 809 bzw.32,7% gegenüber dem Vorjahresmonat. Dies habe, erläutert die Agenturchefin weiter, mehrere Gründe: Zum einen gebe es natürlich auch einen gewissen Anteil geflüchteter Ukrainerinnen und Ukrainer unter den älteren Arbeitslosen.
Ein wichtiger Punkt sei jedoch auch, dass im Zuge des Bürgergeld-Gesetzes eine Regelung im Sozialgesetzbuch II aufgehoben worden sei, die für Arbeitslose ab 58 Jahren unter bestimmten Bedingungen einen arbeitsmarktpolitischen Sonderstatus vorgesehen habe. „Diese stammte aus der Zeit, als die Zeichen eher auf Massenarbeitslosigkeit denn auf Fach- und Arbeitskräftemangel standen. Künftig wird die Statistik in diesem Punkt noch aussagekräftiger, da sukzessive das gesamte Potenzial älterer Arbeitsuchender abgebildet wird. Und das ist gut so, denn ältere Arbeitsuchende sind wertvolle Ressourcen für die Betriebe. Leider ist diese Gruppe nicht so häufig an Einstellungen beteiligt, wie es ihrem Anteil an den Arbeitslosen entspräche. Dabei stellen Männer und Frauen über 55 knapp ein Viertel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in unserer Region und zeigen, dass sie erfahrene und verlässliche Mitarbeitende sind. Ältere Beschäftigte in Transformationsprozessen mitzunehmen, sie gegebenenfalls weiterzubilden und im Unternehmen zu halten, liegt letztlich im eigenen Interesse der Betriebe, insbesondere unter dem Aspekt des Fachkräftemangels.“
Silbermann appelliert an Arbeitgebende, erfahrenen Beschäftigten wie älteren Arbeitsuchenden gute Perspektiven zu bieten. In vielen Fällen könne die Agentur für Arbeit notwendige Qualifikationen fördern, um Betriebe zu unterstützen und neue Chancen zu eröffnen.
Die Beratungskräfte im Arbeitgeber-Service stehen bei Fragen gerne zur Verfügung.
Unterbeschäftigung
Ergänzend zur gesetzlich definierten Arbeitslosenzahl veröffentlicht die Agentur für Arbeit Angaben zur Unterbeschäftigung. Dazu zählen zusätzlich zu den Arbeitslosen solche Personen, die nicht als arbeitslos gelten, die aber z.B. im Rahmen von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen gefördert werden[1]. Die Unterbeschäftigung betrug nach vorläufigen Angaben im Mai 19.102. Damit stieg der Wert im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3.068 bzw. 19,1%.
Ausbildungsmarkt
Der Ausbildungsmarkt bietet auch zwei Monate vor dem Einzug der ersten Nachwuchskräfte in die Betriebe noch zahlreiche Chancen. Ende Mai waren 1.575 Ausbildungsstellen nicht abschließend besetzt. Auf der anderen Seite suchten 822 junge Menschen noch einen Lehrbetrieb. „Wer eine Ausbildung machen möchte und sich bisher noch nicht beworben hat, der sollte spätestens jetzt damit anfangen. Die Betriebe hoffen noch auf interessierte Bewerberinnen und Bewerber, denn die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen. Und die werden dringend herbeigesehnt“, so Silbermann.
Seit Oktober haben sich insgesamt 1.794 Ausbildungsinteressierte bei der Agentur für Arbeit und den Jobcentern gemeldet. Das waren 80 bzw. 4,7% mehr als im Vorjahreszeitraum. Auf der anderen Seite meldeten Betriebe und Verwaltung in dem Zeitraum 2.837 Ausbildungsstellen. Das bedeutet ein Plus von 96 bzw. 3,5%.
Entwicklung in den Landkreisen des Arbeitsagenturbezirkes Göttingen
In den beiden zum Agenturbezirk Göttingen zählenden Landkreisen Northeim und Göttingen gab es einen leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit gegenüber April und einen deutlichen Anstieg gegenüber dem Vorjahresmonat.
Im Landkreis Göttingen liegt die Arbeitslosenquote bei 6,3% und damit 1,4 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Insgesamt waren hier im Mai 10.779 Menschen arbeitslos gemeldet, 70 (0,6%) weniger als im April, aber 2.361 (28,0%) mehr als vor Jahresfrist.
Im Landkreis Northeim waren im zurückliegenden Monat 3.993 Menschen arbeitslos, 54 (1,3%) weniger als im April, allerdings 628 (18,7%) mehr als im Vorjahresmonat. Die aktuelle Arbeitslosenquote beträgt 5,7% und liegt damit 0,9 Prozentpunkte über dem Mai-Wert 2022.
[1] Dazu gehören Personen, die mit Arbeitsmarktmaßnahmen wie z.B. beruflicher Weiterbildung, Arbeitsgelegenheiten oder Gründungszuschuss gefördert werden, oder sich in einem arbeitsmarktpolitischen Sonderstatus befinden. Aufgrund der Vorläufigkeit der Daten zur Förderstatistik können sich hier in den kommenden Monaten noch Änderungen ergeben. Nicht enthalten sind Beschäftigte in Kurzarbeit, da diese Daten erst mit mehrmonatiger zeitlicher Verzögerung erhoben werden können.