„Das Ausbildungsinteresse von Jugendlichen hat nunmehr zwei Jahre in Folge das Vor-Corona-Niveau bei weitem nicht wieder erreicht, denn Ausbildung wird trotz des
vielfältigen Angebots bei Jugendlichen vielfach nicht als attraktiv genug angesehen. Demgegenüber ist die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen im Kreis wieder deutlich gestiegen, sie meldeten mehr Ausbildungsstellen als 2019. Das zeigt, wie groß das Fachkräftethema ist. Viele Betriebe suchen händeringend Nachwuchskräfte. Der Trend weg vom Stellen- und hin zum Bewerbermarkt hat sich fortgesetzt. Damit hat sich zwar eine verbesserte Stellen-Bewerber-Relation ergeben, doch der Ausbildungsmarkt bleibt insgesamt im Ungleichgewicht“, zieht Katja Heck, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hagen, Bilanz. „Viele Jugendliche, die keine Ausbildung aufnehmen, haben sich trotz besserer Chancen als je zuvor sehr früh gegen eine qualifizierte Berufsausbildung und für Alternativen wie weiteren Schulbesuch entschieden.“
In diesem Ausbildungsjahr wurden insgesamt 2.177 Ausbildungsstellen von den Arbeitgebern im Kreis angeboten, 364 oder 20,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei sah es hier im übrigen Bezirk ähnlich aus: In Hagen war es ein Anstieg um 241 oder 18,9 Prozent auf 1.514. Kreisweit nahmen bis zum Ende des Beratungsjahres 2.033 Bewerber die Berufs-beratung in Anspruch und suchten eine Ausbildungsstelle. Damit war ihre Zahl im Vergleich zu 2021 unter anderem auch wegen der Lockdown-Folgen nur um 34 ge-stiegen (+ 1,7 Prozent), in Hagen sogar um 0,3 Prozent auf 1.909 gesunken. „Trotz der neuen Wege, mit den Jugendlichen zu kommunizieren, wie Online-Gesprächen und Videoberatungen, aber auch digitalen Formate für größere Gruppen, sehen wir bei den Schülerinnen und Schülern nach der 10. Klasse immer weiter schwindendes Interesse an betrieblicher Ausbildung“, so Katja Heck weiter. „Die Bemühungen aller Partner am Ausbildungsmarkt mit vielen zusätzlichen Formaten und Projekten, ge-rade auch aufgrund der zuvor pandemiebedingt eingeschränkten beruflichen Orien-tierung, konnten bisher nicht erreichen, dass sich die Zahl der Übergänge in Ausbil-dung direkt nach den allgemeinbildenden Schulen deutlich erhöht.“
Rund 19,4 Prozent aller Bewerber haben einen Hauptschulabschluss, 31,0 Prozent verfügen über den Realschulabschluss und 40,5 Prozent über Fachhochschul- oder Hochschulreife. Der Trend zu höheren Schulabschlüssen ist damit immer noch hoch, hat im Kreis aber etwas nachgelassen.
Die Zahl der jungen Menschen, die bislang noch keinen passenden Ausbildungs-betrieb gefunden haben, ist im EN-Kreis mit genau 85 um 37 oder 30,3 Prozent nied-riger als im Vorjahr. Fast zwei Drittel von ihnen verfügen mindestens über den mitt-leren Bildungsabschluss.
„Die unbesetzten Stellen und unversorgten Bewerber Ende September sind überwie-gend darauf zurückzuführen, dass Angebot und Nachfrage nicht deckungsgleich sind. Bedeutsamer ist, dass auf dem Weg dahin bereits zu viel Bewerberpotential verloren gegangen ist – oder gar nicht erst erreicht wurde“, so Katja Heck weiter. „Für alle Partner gilt, dass die duale Ausbildung für die Jugendlichen attraktiver sein muss. Für ausbildende Unternehmen gilt heute mehr denn je, dass der Nachwuchs, der jetzt nicht ausgebildet wird, bereits in naher Zukunft fehlen wird. Für Ausbildungsbe-triebe ist es deshalb eine gute Entscheidung, proaktiv auf die jungen Menschen zu-zugehen und zum Beispiel verschiedene Formen von Praktika anzubieten und sich auf Ausbildungsmessen oder ähnlichen Veranstaltungen zu präsentieren. So können sie ihnen die Vielfalt der Möglichkeiten, das breite Spektrum an Ausbildungsberufen und den Wert der Ausbildung für die eigene Karriere und Lebensplanung nahebrin-gen. Die Jugendlichen erhalten dabei mehr als nur Einblicke in die Arbeitswelt. Wer feststellt, dass man willkommen ist, verliert die Hemmung und die Distanz, die viele der zum Teil noch sehr jungen Menschen haben und entscheidet sich eher für die Ausbildung – und wird so zu dem potentiellen Nachwuchs, der dringend gebraucht wird.“
Aktuell sind noch 220 Ausbildungsstellen im Kreis unbesetzt. „Noch ist es nicht zu spät für den Ausbildungsbeginn – der Einstieg ist bis Anfang 2023 in vielen Fällen ohne weiteres möglich“, erläutert Heck. „Die Arbeitsagentur bietet individuelle Unter-stützung und Begleitung nicht nur durch professionelle Beratung, sondern durchaus auch mit einer Förderung der berufsschulischen Inhalte. Alle interessierten Jugend-lichen sollten sich dringend bei uns melden!“
Im Ennepe-Ruhr-Kreis standen für jeden Bewerber statistisch 1,03 Stellen zur Verfügung (Vorjahr 0,87), in Hagen 0,79 Stellen (Vorjahr 0,66).
Jugendliche im EN-Kreis, die eine Ausbildung suchen, können sich jederzeit bei der Berufsberatung melden unter 0800 / 4 5555 00 oder 02302 / 929 450.
Arbeitgeber können jederzeit freie Arbeits- und Ausbildungsplätze kostenfrei melden unter 0800 / 4 5555 20. Hier können sie auch Beratung zu Förderleistungen erhalten.