Schon ganz am Anfang, kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland zur Weihnachtszeit, war Heba Bani Saad klar, dass Zeit und angebotene Chancen gut genutzt werden wollen. „Daher habe ich mich ganz schnell darum gekümmert an Bücher zu kommen. Einfach geschriebene Bücher, wo Dinge drinstanden, die mir in meinem täglichen Leben weiterhalfen. Diese Bücher habe ich immer noch und werde sie wahrscheinlich auch für immer behalten.“
Für immer in Erinnerung behalten wird Heba wohl auch die weiteren Stationen, die dann folgten. Zunächst der Besuch der sogenannten DaZ–Klasse in der Grundschule in Kellinghusen. In DaZ-Klassen wird Deutsch als Zweitsprache unterrichtet und Schülerinnen und Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache darin unterstützt, die deutsche Sprache in Wort und Schrift zu erlernen und auch das hiesige kulturelle Leben besser zu verstehen. Heba fand sich schnell ein und bereits nach sechs Monaten wechselte sie an die Gemeinschaftsschule – erneut in eine DaZ-Klasse. „Ich mag es Sachen zu lernen! Und ich habe sehr schnell verstanden, dass die Sprache der Schlüssel ist“, sagt die junge Frau und strahlt dabei über das ganze Gesicht. Und so kam es, dass sie wiederum nach nur einem halben Jahr in eine ‚normale‘ Klasse an der Gemeinschaftsschule Kellinghusen wechselte.
Was war ihr Antrieb? „Ich war schon so lange fest entschlossen, Humanmedizin zu studieren. Ich setzte alles daran, dieses Ziel zu erreichen! Deswegen war es damals für mich klar, dass ich nach dem Mittleren Schulabschluss den Wechsel an das Berufliche Gymnasium Gesundheit am RBZ Steinburg und damit das Abitur schaffen wollte“, erklärt sie ihren weiteren Schulbesuch.
Den Wechsel an das berufliche Gymnasium schaffte sie. Dann aber wurde der Lernstoff schwieriger und besonders das Fach Mathematik machte Heba schwer zu schaffen. Gut, dass neben Motivation und Interesse auch das Bewusstsein bei ihr vorhanden war, Hilfe anzunehmen, wenn sie ihr angeboten wurde.
„Frau Harms war sehr ehrlich zu mir. Und das hat geholfen“, sagt Heba. ‚Frau Harms‘ ist Kerstin Harms, Berufsberaterin bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit und berät in dieser Funktion Schülerinnen und Schüler aus Itzehoe und ganz Steinburg bei ihrer Berufswahl. Zudem unterstützt sie bei der Entscheidung, welcher Weg nach der Schule ein guter und sinnvoller sein könnte. „Mein Job als Berufsberaterin ist es, den jungen Menschen die bunte Palette der Möglichkeiten aufzuzeigen, sowie Neigungen und Eignungen miteinander abzustimmen. Dazu gehört manchmal auch, Wunsch und Wirklichkeit in Einklang zu bringen. Mein Ratschlag an Heba war an dieser Stelle, lieber mit einem guten schulischen Teil der Fachhochschulreife die Schule zu verlassen, als mit einem schlechten Abitur. Mit einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss in der Tasche, ist viel möglich und kein Weg verbaut“, erklärt Kerstin Harms. Die Information über attraktive medizinische Ausbildungen und Informationen über gute Alternativen zum Medizinstudium taten dann ihr übriges und Heba und fing an, Bewerbungen zu schreiben.
„Ich habe 30, 40 oder noch mehr Bewerbungen geschrieben. Ich habe mich überall beworben, aber irgendwie hat nichts funktioniert. Ich war richtig frustriert und hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben“, berichtet die 19-jährige junge Frau. „Wir hatten mittlerweile Juni. Deswegen hatte ich mich dann dazu entschieden, mir persönlich einen Platz zu suchen. Ich bin zu einem Ärztehaus gegangen, hab ganz unten angefangen und mich dann bis oben hin durchgeklingelt.“ Schlussendlich hat es dann geklappt und der Mut wurde belohnt. Sie erhielt eine Ausbildungsplatzzusage als Medizinische Fachangestellte und tatsächlich konnte nun sie einigen Ausbildungsbetrieben Absagen erteilen – eine ganz neue Erfahrung. Allerdings verliefen die ersten Monate der Ausbildung nicht ganz so gut, wie erhofft. „Irgendwann habe ich das Gespräch gesucht und schlussendlich einen Tag vor Ende der Probezeit meine Kündigung abgebeben. Ich habe dann die Absagen, die ich getätigt hatte, durchgearbeitet, Praktika absolviert und so gerade noch rechtzeitig einen neuen Ausbildungsplatz erhalten!“ Heba ist jetzt im zweiten Ausbildungsjahr und es läuft super. Sie möchte im Januar 2025 die Ausbildung beenden – verkürzt um ein halbes Jahr. Und Pläne für danach hat sie auch schon: „Perspektivisch möchte ich gerne Physician Assistant werden. Dies ist ein noch recht neuer Studiengang und Beruf im deutschen Gesundheitswesen. Man ist im späteren Arbeitsleben das Bindeglied zwischen ärztlichem und pflegerischem Personal und sorgt dafür, beide Berufsgruppen zu entlasten.“ Physician Assistant – ein Tipp von Kerstin Harms. „Mit Frau Harms habe ich den verlorenen Faden wiedergefunden. Ich bin froh, diese Unterstützung angenommen zu haben! Es ist unglaublich, was man alles leisten kann, wenn man ein Ziel vor Augen hat“, erklärt Heba erleichtert.
‚Heba‘ – der Name kommt aus dem Arabischen und bedeutet ‚Geschenk‘. Und genauso empfindet Kerstin Harms die Zusammenarbeit mit Heba Bani Saad: „Es ist immer toll, junge Menschen wie Heba zu begleiten und zu sehen, wie Initiative, Offenheit, Mut und Engagement zum Erfolg führen.“