- Angebot größer als Nachfrage: 86 Bewerbern stehen 100 Stellen gegenüber
- Rückgang sowohl bei Bewerbern, als auch bei Stellen
- 224 Bewerber suchen im Mühlenkreis noch einen Ausbildungsplatz, 44 Stellen sind nur noch unbesetzt
Zum Abschluss dieses Beratungsjahres meldeten die Unternehmen im Mühlenkreis dem Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur 2.242 Ausbildungsstellen, 196 oder 8,0 Prozent weniger als im Vorjahr. Mit insgesamt 1.833 gemeldeten Bewerbern suchten 41 oder 2,2 Prozent weniger Jugendliche im Vorjahresvergleich mit Hilfe der Berufsberatung einen Ausbildungsplatz.
„Die demografische Entwicklung, aber auch die konjunkturelle Lage, scheint auch am Ausbildungsmarkt im Kreis Minden-Lübbecke ihre Spuren hinterlassen zu haben“, stellt Frauke Schwietert, Leiterin der Herforder Arbeitsagentur. Sie fügt hinzu: „Der demografische Wandel zeichnet sich im Mühlenkreis schon länger ab. Der dadurch ausgelöste Bewerberrückgang wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch in den nächsten Berichtsjahren fortsetzen.“
Mit Blick auf die Arbeitgeberseite analysiert die Expertin: „Der Kreis Minden-Lübbecke zeigt aufgrund des regionalen Branchenmix‘ konjunkturelle Entwicklungen sowohl am Arbeits- als auch am Ausbildungsmarkt immer besonders früh und deutlich an. So auch hier: Für einen Kreis, der traditionell immer vergleichsweise viele Ausbildungsstellen vorzuweisen hatte, ist ein Rückgang von 8 Prozent schon deutlich. Der Ursprung liegt hier vermutlich in den finanziellen Herausforderungen, die durch Ukraine-Krieg und Inflation ausgelöst werden. Bevor vorhandenes Personal entlassen wird, pausieren Unternehmen oft erst einmal die Neueinstellungen – und dazu können auch neue Auszubildende gehören.“
Die Agenturchefin betont: „Der Ausbildungsmarkt hat sich in den letzten Jahren immer stärker zum Bewerbermarkt entwickelt. Wir brauchen unsere Jugend als Fachkräfte für morgen. Deshalb sollten Unternehmen der Ausbildung eine zentrale Rolle einräumen und wenn irgend möglich wieder Auszubildende einstellen. Da sind kreative Rekrutierungswege und attraktive Ausbildungsbedingungen gefragt. Der Fachkräftemangel wartet nicht auf das Ende dieser Krise, und Lücken in der Gewinnung von Nachwuchskräften können die Zukunft eines Unternehmens genauso gefährden wie fehlendes Kapital.“
IHK: IHK-Ausbildungsberufe unverändert auf Wachstumskurs
„Für Jugendliche bietet eine Duale Ausbildung in Industrie-, Handels- und Dienstleistungsberufen vielfältige Perspektiven“, betont Uwe Gößling, Referent gewerblich-technische Berufsausbildung der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). „Die IHK betreut allein in Ostwestfalen 18.575 Ausbildungsverhältnisse. Das ist eine enorme Zahl.“ Damit sei schon Anfang Oktober dieses Jahres das Jahresendniveau von 2022 (18.147) überschritten. Auch bei der Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverträge stehen die Zeichen auf Wachstum: Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverträge zum 30.September 2023 um 2,7 Prozent gestiegen.
Auch im Kreis Minden-Lübbecke sei die Entwicklung positiv. Hier sei die Zahl der neu eingetragenen IHK-Ausbildungsverträge im Jahresvergleich um 2,5 Prozent gewachsen. Insgesamt konnten bis Anfang Oktober 1.361 neu eingetragene Ausbildungsverträge verzeichnet werden (2022: 1.328). Die Entwicklung der Berufe verlaufe unterschiedlich: Während sich bei den gewerblich-technischen Berufen mit einem sehr hohen Niveau an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen (Vorjahr: plus 13,6 Prozent) ein starkes Wachstum ergebe, wiesen die kaufmännischen Berufe im Mühlenkreis ein etwas moderateres Plus von 4,3 Prozent (Vorjahr: plus 8,5 Prozent) auf.
„Insgesamt leistet die Duale Ausbildung in Industrie, Handel und Dienstleistung einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Betriebe“, resümiert Uwe Gößling. „Der starke Anstieg im Bereich der Köchinnen und Köche mit einem Plus von 85,7 Prozent beispielsweise zeigt nicht nur, dass dieser Beruf sehr attraktiv ist, sondern die Duale Ausbildung gleichzeitig ein probates Mittel ist, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.“ Die Ausbildungsbereitschaft der IHK-Mitgliedsunternehmen sei enorm, und auch in diesem Jahr seien noch viele Ausbildungsstellen in den IHK-Betrieben zu vergeben.
Für die Zukunft gelte es, alles daranzusetzen, die Berufsorientierung der Jugendlichen weiter zu unterstützen und zu fördern. Dazu gehöre aus IHK-Sicht, zum Beispiel Kooperationen zwischen Unternehmen und Schulen zu vermitteln oder Besuche von Auszubildenden - den sogenannten Ausbildungsbotschafterinnen und -botschaftern zu organisieren, die in Abgangsklassen der Schulen über ihre Ausbildung berichten.
Insbesondere die Berufswahlplattform www.ausbildungschance-owl.de, die gemeinsam von der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld, der IHK Lippe zu Detmold und der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld betrieben wird, spiele hier eine große Rolle. „Mit unseren Projekten unterstützen wir eine noch nachhaltigere Berufswahlvorbereitung junger Menschen mit dem Ziel, noch mehr Ausbildungsplätze zu besetzen“, unterstreicht Gößling.
Handwerkskammer: Die eigenen Fähigkeiten sinnstiftend einsetzen
Mit fast 3.900 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen befinden sich die Ausbildungszahlen im ostwestfälisch-lippischen Handwerk weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Im Vergleich zum Rekordjahr 2022 ist die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse zum 30. September zwar um 1,5 Prozent gesunken. „Dennoch verzeichnen wir das zweitbeste Ergebnis der letzten zehn Jahre und ich bin optimistisch, dass wir das leichte Minus bis Jahresende noch ausgleichen und damit die Erfolgsserie des OWL-Handwerks fortsetzen können“, erklärt Carl-Christian Goll, Geschäftsführer Berufsbildung der Handwerkskammer.
Im Kreis Minden-Lübbecke gab es 561 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zu verzeichnen, das entspricht einem Minus von 6,2 Prozent im Vergleich zum sehr starken Vorjahresergebnis. „Im Handwerk finden junge Menschen ausgezeichnete Jobperspektiven vor“, betonte Goll. „Wer Interesse an einer nachhaltigen Tätigkeit hat und die eigenen Fähigkeiten sinnstiftend einsetzen möchte, ist im Handwerk bestens aufgehoben“.
Insgesamt absolvieren im OWL-Handwerk derzeit knapp 11.000 junge Menschen eine Ausbildung im Handwerk. Ein Einstieg in die handwerkliche Berufsausbildung ist auch für Spätentschlossene weiterhin noch möglich. Gute Chancen einen Ausbildungsplatz mit Karriere-potenzial zu finden, gibt es in den sogenannten „Klimaberufen“ wie Elektroniker/in, Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik und Dachdecker/in, aber auch in den Lebensmittelgewerken stehen noch Ausbildungsangebote zur Verfügung. „Diejenigen, die eine Ausbildung absolvieren möchten, können auch jetzt noch Ausbildungsverträge abschließen und sofort durchstarten. Die Chance darauf, den Traumberuf im Handwerk zu finden, ist größer denn je“, erklärte Goll.
Um noch suchenden Jugendlichen und Unternehmen zu helfen, haben die IHK Ostwestfalen, die HWK Ostwestfalen-Lippe, gemeinsam mit den Jobcentern und den Arbeitsagenturen in Ostwestfalen Nachvermittlungsaktionen durchgeführt. So auch im Kreis Minden-Lübbecke: Die Kammern, das Jobcenter Amt proArbeit Kreis Minden-Lübbecke und die Berufsberatung der Agentur für Arbeit haben am 16.10. und 18.10. in Minden und Lübbecke gemeinsam daran gearbeitet, noch möglichst viele Jugendliche mit Ausbildungsstellen zusammenzubringen.
Zum Thema Nachvermittlung, aber auch zum Ausbildungsstart 2024 unterstützt der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur Unternehmen bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze kostenfrei unter 0800 4555520. Junge Menschen, die Hilfe bei der Ausbildungssuche benötigen, melden sich jederzeit unter 0571 8867 890 bei der Berufsberatung an.