Uwe Weist hat gerade seinen 60. Geburtstag gefeiert, als ihm betriebsbedingt gekündigt wird. Der Projektmanager, der fast 40 Jahre im selben Unterneh-men beschäftigt war, stand plötzlich wieder vor der Aufgabe: Bewerben, und einen Job finden. Wie er das gemeistert hat, und was er anderen Menschen in einer ähnlichen Situation raten kann, das erzählt er heute.
Der Fachkräftemangel ist in aller Munde, oft wird davon gesprochen, wie wichtig es ist, junge Nachwuchskräfte auszubilden. „Dabei wird aber oft eines nicht thematisiert: Wie wichtig es ist, auch die langjährigen Erfahrungswerte von älteren Mitarbeitern an das junge Personal weiterzugeben. Ältere Arbeitnehmer beschäftigen, das zahlt sich oft also auch für die Unternehmen aus“, so Frank Horstmeier, Berater im INGA-Team der Arbeitsagentur Herford. INGA steht für „Interne ganzheitliche Integrationsberatung“ – ein Team aus erfahrenen und zertifizierten Beraterinnen und Beratern der Arbeitsagentur, das sich individuell und intensiv mit ihren Kundinnen und Kunden auseinandersetzt.
Hier wurde auch Uwe Weist beraten, als er Mitte 2021 seinen langjährigen Job als Projektmanager verlor. Denn: Der Herforder möchte noch nicht in Rente gehen, möchte noch weiterarbeiten. Also heißt es: Bewerben, bewerben, bewerben. „Natürlich habe ich mir dann erstmal auch ein Profil bei LinkedIn erstellt und mich fleißig beworben“, erinnert er sich. 50 bis 60 Bewerbungen habe er geschrieben, so schätzt er – und viele Absagen erhalten, die meisten ohne individuelle Begründung. „Irgendwann fragt man sich dann schon, gerade mit Bürojob: Spielt mein Alter eine Rolle? Glauben die Unternehmen, dass man nicht mehr leistungsfähig ist?“
Auch Frank Horstmeier kennt diese Sorgen aus seinen Beratungsgesprächen: „Mit jeder Bewerbung schickt man auch die Hoffnung mit. Und jede Absage ist dann ein Kratzer am Selbstbewusstsein.“
Doch trotz dieser Widrigkeiten hat Uwe Weist es geschafft: Bereits im November 2022 hat er seine neue Stelle als Prozessmanager bei der Sänger GmbH & Co. KG in Löhne aufgenommen. Dort wurde seine Lebenserfahrung positiv aufgenommen, so berichtet er: „Erst wollte ich mich auf eine Stelle im Projektmanagement bewerben, die war dann aber schon besetzt. Alternativ hat man mir die Stelle als Prozessmanager angeboten – und das ging dann alles auch ganz schnell. Von erstem Kontakt bis zum ersten Arbeitstag sind vielleicht ein bis zwei Wochen vergangen.“ Die Geschäftsführung von Sänger hat das Potenzial im erfahrenen Herforder gesehen, einem Mitarbeiter, der Ruhe und Routine in dem Betrieb bringt: Junger Nachwuchs sei wichtig, aber Erfahrung sei genauso wichtig, deshalb war Uwe Weist genau der Richtige für den Job, so hieß es beim Gespräch.
Und so kam der inzwischen 62-Jährige doch noch zu seiner neuen Stelle. Natürlich ist aller Anfang schwer. „Insbesondere nach so langer Zeit im selben Betrieb wieder in einen neuen Betrieb zu kommen, ist schon fast wieder, wie in ein neues Berufsleben einzusteigen. Doch von Woche zu Woche habe ich die Strukturen und Abläufe im Betrieb mehr verstanden, und die Kolleginnen und Kollegen haben mich auch unterstützt“, weiß auch Uwe Weist.
So hat er diese Herausforderung gemeistert und kann anderen in seiner Situation nur raten: Dran bleiben. „Man sollte sich alle Optionen offenhalten: Bei allen erdenklichen Online-Portalen anmelden, Initiativbewerbungen schreiben, auch einfach mal bei Unternehmen vorbeigehen. Auch Kontakte im Bekanntenkreis sind ganz wichtig“, empfiehlt er.
Zeitgleich wurde Uwe Weist von Frank Horstmeier begleitet, der ihm auf Augenhöhe begegnet ist. Etwas, das Uwe Weist sehr geschätzt hat und das ihm auch wichtig war: „Wenn man den Weg gemeinsam geht, und miteinander arbeitet, dann klappt es auch – und da bin ich froh, dass ich an Frank Horstmeier gekommen bin“, so der Prozessmanager.
Das Beispiel von Uwe Weist zeigt also: Mit dem richtigen Arbeitgeber und auch mit über 60 Jahren kann man noch einen guten Neustart im Berufsleben schaffen – und im neuen Betrieb wunschlos glücklich sein.