Der Arbeitsmarkt 2023
- 14,8 Prozent mehr Arbeitslose als im Jahresdurchschnitt 2022 – vielfältige Krisen hinterlassen ihre Spuren am lokalen Markt
- Anzahl der neuen Stellenmeldungen in der Jahressumme stark rückläufig (-32,5 Prozent). Viele Unternehmen versuchen, ihr Stammpersonal zu halten, wo möglich, Neueinstellungen sind insgesamt jedoch stark reduziert
Ausblick 2024
- Die Auswirkungen der vielfältigen Krisen werden sich weiter abzeichnen. Das Ausmaß dieses Trends ist abhängig von vielen Faktoren und somit nicht vorhersehbar.
- Der Fachkräftemangel ist auch in akuten Krisenzeiten weiterhin die langfristige und größte Herausforderung für den Arbeitsmarkt. Betriebe müssen an dem Thema dranbleiben. Wer als Unternehmen diese Herausforderung heute vernachlässigt, wird in Zukunft starke Schwierigkeiten haben.
Jahresrückblick 2023 – Ein Krisenjahr hinterlässt Spuren am Arbeitsmarkt
Im Kreis Minden-Lübbecke nahm die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenzahl um 1.277 oder 14,8 Prozent auf 9.920 Personen zu. Die Arbeitslosenquote stieg im Jahresdurchschnitt 2023 im Vergleich zu 2022 von 5,1 auf 5,8 Prozent.
Im Rechtskreis der Arbeitslosenversicherung (Sozialgesetzbuch III) waren im Schnitt 3.572 Männer und Frauen arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosigkeit nahm hier binnen Jahresfrist um 547 oder 18,1 Prozent zu. Die Arbeitslosenquote stieg im Bereich SGB III um 0,3 Prozentpunkte von 1,8 Prozent auf 2,1 Prozent im Jahresdurchschnitt 2023.
Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Frauen und Männer, die Bürgergeld beziehen (Sozialgesetzbuch II), stieg gegenüber dem Vorjahr um 730 Personen oder 13,0 Prozent auf 6.348 Personen. Die Arbeitslosenquote im Bereich SGB II stieg damit im Jahresschnitt von 3,3 Prozent auf 3,7 Prozent.
Betriebe und Verwaltungen meldeten im Jahresverlauf 6.539 Arbeitsstellen, 3.155 oder 32,5 Prozent weniger als 2022. Im Bestand befanden sich im Jahresdurchschnitt 3.992 Arbeitsstellen und damit 1.026 oder 20,4 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
„2023 war der Arbeitsmarkt im Kreis Minden-Lübbecke geprägt von den Krisen der aktuellen Zeit. Durch Kriege, Inflation und andere gesamtgesellschaftliche Herausforderungen waren die Wirtschaftslage und damit in einem gewissen Umfang auch der Arbeitsmarkt stark strapaziert. Viele Unternehmen haben versucht, ihre Mitarbeiter zu halten – das ist leider nicht immer gelungen. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen Neueinstellungen stark zurückgefahren und teils sogar gänzlich gestoppt haben. Das Resultat dieser Gesamtlage ist eine im Jahresdurchschnitt deutlich steigende Arbeitslosigkeit im Mühlenkreis“, stellt Frauke Schwietert, Leiterin der Herforder Arbeitsagentur, fest.
Sie ordnet aber auch ein: „Wir sprechen hier von einem Niveau, dass sich etwas über dem Niveau des ersten Pandemiejahres 2020 bewegt – und damals war der Einfluss auf den Arbeitsmarkt durch Maßnahmen wie den vereinfachten Zugang zu Kurzarbeitergeld stark abgeschwächt. Es ist also durchaus eine negative Entwicklung, aber wir sehen mit Blick auf die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung im 10-Jahrestrend einen Zuwachs von fast 14 Prozent. Es gilt jedoch, die Situation weiter zu beobachten.“
Bei den jungen Arbeitnehmern unter 25 Jahren verzeichnete der Kreis Minden-Lübbecke im Jahresdurchschnitt einen Anstieg um 273 Personen oder 28 Prozent auf 1.247 Jugendliche. Bei den Älteren über 50 Jahre waren es 216 Personen oder 7,9 Prozent mehr Arbeitslose im Jahresdurchschnitt – insgesamt 2.950.
Sebastian Placke, operativer Geschäftsführer der Agentur für Arbeit, ist besorgt über die Situation der jungen Menschen am Arbeitsmarkt, die sich für das Jahr 2023 abzeichnet: „Die junge Personengruppe war besonders betroffen von der Situation am Arbeitsmarkt. Wenn man aus einem Ausbildungsverhältnis ohne Übernahme oder einem abgeschlossenen Studium kommt und auf einen Markt trifft, der seine Einstellungen stark zurückgefahren hat, dann liegt nahe, warum die Jugendarbeitslosigkeit in diesem Jahr besonders gestiegen ist. Hinzu kommt, dass viele Jugendliche geringere Betriebszugehörigkeiten aufweisen, was bei Entlassungen zum Nachteil gereichen kann. Diese Entwicklung ist aufgrund der beschriebenen Lage logisch nachvollziehbar, darf sich jedoch nicht verfestigen: Der Fachkräftemangel besteht weiterhin, und Nachwuchskräftegewinnung ist wichtig, um gegen diesen zu bestehen.“
Der jahresdurchschnittliche Bestand an ausländischen Arbeitslosen ist um 802 oder 27,7 Prozent auf 3.699 Personen gestiegen. Dies ist zum Teil durch die Zahl der aus humanitären Gründen eingereisten geflüchteten Menschen begründet. Auf der anderen Seite hat die Gruppe der ausländischen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen mit über 9 Prozent Steigerung bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten den stärksten Anteil.
Die Zahl der Langzeitarbeitslosen stieg im Jahresdurchschnitt um 346 Personen oder 10,1 Prozent von 3.444 auf 3.790 Personen.
Ausblick 2024 – Die langfristigen Herausforderungen dürfen nicht vergessen werden
Mit Blick auf den Arbeitsmarkt sieht Frauke Schwietert auch für das Jahr 2024 weitere Herausforderungen: „2023 hat gezeigt, dass auch ein robuster Arbeitsmarkt am Ende von Krisen eingeholt wird. Entsprechend müssen wir wachsam bleiben und mit den uns möglichen Mitteln gemeinsam mit unseren Arbeitsmarktpartnern dem negativen Trend entgegenwirken.“
Die Agenturleiterin ist sich der Verantwortung des eigenen Hauses bewusst: „Die vielfältigsten Chancen sehen wir in der Ausbildung, Qualifizierung und Zuwanderung. Hier können wir gemeinsam im Netzwerk und mit den Unternehmen viel bewegen. Arbeitgeber werden wir weiterhin dafür sensibilisieren, dass der demografische Wandel keine Pause einlegt, nur weil die allgemeine Lage momentan kritisch ist. Der Fachkräftemangel wird sich weiter verschärfen. Zudem forcieren auch die Dekarbonisierung und Digitalisierung den Wandel der Arbeitswelt.“
Die Arbeitsagentur wird über mögliche Lösungsansätze informieren und bei der Umsetzung unterstützen. Operativer Geschäftsführer Sebastian Placke berichtet: „In diesem Jahr steht der Jobturbo an. Hier werden wir unsere Netzwerke nutzen, um Arbeitgeber und geflüchtete Menschen zusammen zu bringen. Darüber hinaus planen wir für Ende Februar einen Arbeitgebertag unter dem Motto Zukunftsmacher: Gemeinsam für Ausbildung, Qualifizierung und Zuwanderung. Hier möchten wir Arbeitgeber mit einem interessanten Programm auf die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten aufmerksam machen und haben uns dafür eine Vielzahl an erfahrenen Netzwerkpartner eingeladen.“