- Ausbildungsmarkt im Mühlenkreis rechnerisch ausgeglichen: Auf 100 Ausbildungsstellen kommen 99 Bewerberinnen und Bewerber
- Rückgang bei den Stellen, Anstieg bei den Bewerbern
- 253 Bewerber suchen im Mühlenkreis noch einen Ausbildungsplatz, 35 Stellen sind noch unbesetzt
Zu Ende September meldeten die Unternehmen im Mühlenkreis dem Arbeitgeber-Service der Arbeitsagentur 2.107 Ausbildungsstellen, 135 oder 6,0 Prozent weniger als im Vorjahr. Mit insgesamt 1.976 gemeldeten Bewerbern suchten 143 oder 7,8 Prozent mehr Jugendliche im Vorjahresvergleich mit Hilfe der Berufsberatung einen Ausbildungsplatz.
Frauke Schwietert, Leiterin der Herforder Arbeitsagentur, analysiert die Tendenzen bei den Bewerber- und Stellenzahlen: „Wir verzeichnen in diesem Jahr eine gegenläufige Entwicklung am Bewerber- und Stellenmarkt: Während die Zahl der gemeldeten Bewerber steigt, sinkt zeitgleich die Zahl der gemeldeten Stellen. Im Gesamtergebnis bleibt der Ausbildungsmarkt im Kreis Minden-Lübbecke aber traditionell weiterhin ausgeglichen.“
Die steigenden Bewerberzahlen nach einem Rückgang im Vorjahr freuen die Expertin: „Die Jugendlichen im Mühlenkreis zeigen damit ihr zunehmendes Interesse an einer dualen Ausbildung. Junge Menschen sehen in der Ausbildung ihre berufliche Zukunft.“
Das Ausbildungsstellenangebot ist auch in diesem Jahr zurückgegangen: „Im Mühlenkreis hatten wir traditionell meist mehr gemeldete Ausbildungsstellen als Bewerberinnen und Bewerber. Das ist auch weiterhin der Fall. Dennoch schließt sich die Schere nun. Die Zurückhaltung der Unternehmen aufgrund der aktuellen konjunkturellen Lage ist nachvollziehbar, aber aufgrund des demografischen Wandels sind die Unternehmen mittelfristig auf neue Fachkräfte angewiesen“, so Schwietert. Tatsächlich erreichen rund ein Viertel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Kreis in den nächsten zehn Jahren ihr reguläres Renteneintrittsalter. Deshalb appelliert die Leiterin der Agentur für Arbeit an die Unternehmen, ihr Ausbildungsengagement aufrecht zu erhalten und an die demografischen Entwicklungen der kommenden Jahre anzupassen.
Nicht zuletzt auch, weil es noch viele suchende Bewerberinnen und Bewerber gibt: „Der Start in das Berufsleben ist einer der wichtigsten Schritte für eine erfolgreiche Karriere. Aktuell suchen noch 253 junge Menschen eine Ausbildung. Ich hoffe, dass wir einigen von ihnen im Rahmen unserer Nachvermittlungsaktionen mit den Kammern noch eine passende Ausbildung anbieten können. Ein Start in eine Ausbildung ist auch jetzt noch möglich: So haben Unternehmen noch 35 offene Ausbildungsstellen bei uns gemeldet und suchen dringend noch Jugendliche“, weiß die Agenturleiterin. Unternehmen empfiehlt sie, auch jungen Menschen eine Chance zu geben, die auf den ersten Blick nicht alle gewünschten Voraussetzungen erfüllen: „Wenn die Motivation für eine Berufsausbildung vorhanden ist, können wir mit einer bedarfsorientierten fachlichen oder sprachlichen Förderung individuell unterstützen.“
Auch die beiden Kammern ziehen Bilanz zum vergangenen Berichtsjahr und dem nun begonnenen Ausbildungsjahr.
IHK appelliert: Passungsprobleme dürfen den Ausbildungsmarkt nicht gefährden
Auf dem Ausbildungsmarkt ist aktuell noch einiges möglich. Am Stichtag 30. September sind die Neueintragungen in Industrie-, Handel- und Dienstleistungsberufen im Vorjahresvergleich rückläufig. Im Kreis Minden-Lübbecke ist die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverträge um 6,4 Prozent auf 1.274 gesunken (2023: 1.361). Während die gewerblichen Ausbildungsberufe ein Minus von 4,8 Prozent verzeichnen (534 Neueintragungen), kommen die kaufmännischen Berufsbilder auf ein Minus von 7,5 Prozent (740 Neueintragungen). „Leider sind die Ausbildungszahlen in diesem Jahr rückläufig, obwohl der Ausbildungsmarkt noch immer Potenzial bietet. Tatsächlich konnten viele Unternehmen ihre Ausbildungsplätze nicht vollständig besetzen“, betont Ute Horstkötter-Starke, Geschäftsführerin Berufliche Bildung der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld (IHK). Es bestehen nach wie vor Passungsprobleme. Denn viele IHK-Ausbildungsunternehmen seien noch auf der Suche. In der aktuellen IHK-Ausbildungsumfrage gaben 44 Prozent der Unternehmen an, gar keine oder zumindest keine geeigneten Bewerbungen bekommen zu haben. Die Chancen, dass die Zahlen bis zum Ende des Jahres noch steigen, stünden aus IHK-Sicht gut. Auf der Berufseinstiegsplattform „Ausbildungschance OWL“ werden für den Kreis Minden-Lübbecke aktuell noch 165 freie Ausbildungsstellen angeboten. „Eine Duale Ausbildung in Industrie-, Handels- und Dienstleistungsberufen bietet jungen Menschen einen praxisnahen Berufseinstieg und vielversprechende Karriereperspektiven. Auf der anderen Seite sichern sich Unternehmen ihre Fachkräfte von morgen, die so dringend benötigt werden“, unterstreicht Horstkötter-Starke die Chancen der Berufsausbildung. Die rückläufigen Ausbildungszahlen, insbesondere im technischen Bereich, stimmen nachdenklich. Aktuelle Herausforderungen der Wirtschaft, wie die digitale Transformation, könnten nur mit gut ausgebildeten Fachkräften gelingen. „Um das Matching von Jugendlichen und Unternehmen zu unterstützen, bieten wir mit dem Service der ‚Passgenauen Besetzung‘ konkrete Hilfestellungen an. Unser IHK-Team steht allen Interessierten gerne zur Verfügung“, so Horstkötter-Starke. Für die Zukunft gelte es zudem, alles daranzusetzen, die Berufsorientierung der Jugendlichen weiter zu fördern. Schülerinnen und Schüler fokussieren sich häufig auf die bekannten Berufe. Im Kreis Minden-Lübbecke entfallen beispielsweise mehr als ein Drittel (450) der 1.274 neu eingetragenen Ausbildungsverträge auf nur fünf Berufsbilder. Spitzenreiter dabei sind Industriekaufleute (128 Neueintragungen). Aus IHK-Sicht sei es deshalb sinnvoll, den jugendlichen Blick auf die vielen anderen Berufsbilder auszuweiten, denn im Bezirk der IHK Ostwestfalen werde aktuell in 166 Berufen ausgebildet. Die IHK unterstützt die Berufsorientierung, indem sie Kooperationen zwischen Unternehmen und Schulen vermittelt oder Besuche von Auszubildenden, den sogenannten Ausbildungsbotschafterinnen und -botschaftern, organisiert, die in Abgangsklassen der Schulen über ihre Ausbildung berichten. „Wir setzen uns mit aller Kraft für eine noch nachhaltigere Berufswahlvorbereitung junger Menschen ein“, so Horstkötter-Starke.
Handwerkskammer: Abgeschlossene Ausbildungsverträge in OWL auf stabilem Niveau
Zum offiziellen Stichtag 30. September haben mehr als 3.800 Auszubildende eine Ausbildung in über 90 verschiedenen Ausbildungsberufen im OWL-Handwerk begonnen. Damit befinden sich die Zahlen weiterhin auf einem hohen Niveau, auch wenn sie im Vergleich zum Vorjahresstichtag um rund 1,6 Prozent zurückgegangen sind. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Schulabgängerinnen und -abgänger in OWL, also die Anzahl der für den Ausbildungsmarkt grundsätzlich zur Verfügung stehenden jungen Menschen, um 3,61 Prozent. Im Kreis Minden-Lübbecke ist die Anzahl der Auszubildenden dagegen um 5,7 Prozent auf insgesamt 593 Auszubildende gestiegen.
„Auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten bleibt das Handwerk ein Stabilitätsanker und bietet kontinuierlich Ausbildungsplätze an, um jungen Menschen eine sichere berufliche Perspektive zu ermöglichen“, betont Carl-Christian Goll, Geschäftsführer Berufsbildung der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld.
Um in Zeiten des demografischen Wandels die Zukunftsfähigkeit des Handwerks zu sichern, brauche es junge Talente, die die wichtigen Aufgaben und Herausforderungen von morgen übernehmen – sei es in der Energiewende, im nachhaltigen Bauen oder in der Digitalisierung. „Nur so können wir weiterhin wirtschaftliche Stabilität gewährleisten und die ökologische Transformation aktiv gestalten“, bekräftigte Goll. Alle Ausbildungsinteressierten haben die Chance, noch in diesem Jahr mit einer Ausbildung im Handwerk durchzustarten. Eine Auflistung mit freien Ausbildungsplätzen gibt es in der Lehrstellenbörse oder unter www.ausbildungschance-owl.de.
Um noch suchenden Jugendlichen und Unternehmen zu helfen, haben die IHK Ostwestfalen und die HWK Ostwestfalen-Lippe, gemeinsam mit den Jobcentern und den Arbeitsagenturen in Ostwestfalen Nachvermittlungsaktionen durchgeführt. So auch im Kreis Minden-Lübbecke: Die Kammern, das Jobcenter Amt proArbeit Kreis Minden-Lübbecke und die Berufsberatung der Agentur für Arbeit haben am 04.11. und 07.11. in Minden und Lübbecke gemeinsam daran gearbeitet, noch möglichst viele Jugendliche mit Ausbildungsstellen zusammenzubringen.
Zum Thema Nachvermittlung, aber auch zum Ausbildungsstart 2024 unterstützt der Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur Unternehmen bei der Besetzung freier Ausbildungsplätze kostenfrei unter 0800 4555520. Junge Menschen, die Hilfe bei der Ausbildungssuche benötigen, melden sich jederzeit unter 0571 8867 890 bei der Berufsberatung an.