Am 29. Februar ist Equal Care Day, am 06. März Equal Pay Day und am 08. März Weltfrauentag – eine Woche, in der sich viel um die Gerechtigkeit der Geschlechter dreht. Annette Budzynski, Beauftragte für Chancengleichheit der Agentur für Arbeit Herford, nutzt diese Gelegenheit, um auf die Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt aufmerksam zu machen.
Dabei äußert sich diese Ungleichheit zum männlichen Geschlecht auf verschiedene Weisen: „Frauen übernehmen in der Gesellschaft immer noch die meiste Care-Arbeit. Damit ist allerdings nicht nur – wie viele vielleicht annehmen würden – die bezahlte Pflegearbeit gemeint. Nein, es geht vielmehr um private, unbezahlte Familien- und Fürsorgearbeit. Und diese zusätzliche, außerberufliche Verantwortung hat oft Auswirkungen auf die beruflichen Perspektiven der Frauen“, so Annette Budzynski. Der Equal Care Day will auf diese Lage aufmerksam machen – bewusst hat man ihn auf den 29.02., das Schaltdatum, das es nur alle vier Jahre gibt, gelegt. „Das soll die Tatsache symbolisieren, dass - wie der 29. Februar - auch die Care-Arbeit – vor allem die private – oft übersehen oder übergangen wird“, so Budzynski. Doch leider bedeutet diese Arbeitsaufteilung oft, dass Frauen aufgrund der privaten Verpflichtungen oft nur in Teilzeit arbeiten können oder sogar berufliche Aufstiegschancen nicht wahrnehmen können. „Das sorgt – zusätzlich zum sowieso vorhandenen Gender-Pay-Gap – für weitere finanzielle und soziale Ungerechtigkeit“, erklärt die Expertin.
Um diesen Gender-Pay-Gap geht es dann am 06. März, denn dann findet in diesem Jahr der Equal Pay Day statt. Nach den aktuellsten Zahlen für das Kalenderjahr 2022 haben Frauen im Kreis Herford mit einem Median-Bruttoentgelt von 3.158 Euro rund 351 Euro weniger bekommen als Männer, deren Median-Bruttoentgelt bei 3.509 Euro lag. Im Kreis Minden-Lübbecke verdienten Männer brutto im Median 3.608 Euro, Frauen hatten am Monatsende mit 3.195 Euro rund 413 Euro weniger Bruttoeinnahmen. „Die Zahlen beziehen sich auf ausschließlich Vollzeitbeschäftigte – die Lücke ist also nicht mit dem höheren Anteil an Frauen, die in Teilzeit arbeiten, zu erklären“, betont Budzynski. „Ein Teil ist sicherlich auch damit zu begründen, dass Frauen oft in grundsätzlich weniger gut bezahlten Berufen arbeiten.“
Grundsätzlich habe sich die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen im Vergleich zum Jahr 2021 verringert – damals verdienten Frauen im Kreis Herford noch 381 Euro weniger, im Kreis Minden-Lübbecke lag die Lücke bei 417 Euro. „Die Tendenz ist die Richtige – dass es aber weiterhin eine deutliche Lücke gibt, zeigt, dass wir weiter daran arbeiten müssen“, so Budzynski.
Am 08. März ist schließlich der Weltfrauentag. „An diesem Tag geht es natürlich nicht nur um Frauen in der Arbeitswelt, sondern um Frauen im gesamtgesellschaftlichen Kontext. Dennoch möchte ich hier eines beleuchten: Wie sind Frauen qualifiziert und beschäftigt – und wie hängt dies mit ihrem Gehalt und ihrer Care-Arbeit zusammen?“, so Budzynski. Dafür blickt sie auf die aktuellsten Beschäftigtendaten vom Juni 2023.
Tatsächlich sind Frauen im Schnitt besser qualifiziert als Männer: Im Kreis Herford haben 17,3 Prozent der beschäftigten Männer keinen anerkannten Berufsabschluss, bei den Frauen sind es nur 14,0 Prozent. Im Kreis Minden-Lübbecke haben 15,5 Prozent der beschäftigten Männer keinen Berufsabschluss, bei Frauen sind es 13,7 Prozent. Auch arbeiten Frauen im Kreis Herford ungefähr genauso häufig auf höheren Anforderungsniveaus: 79 Prozent der Frauen erledigen Fachkraftaufgaben oder höher, bei den Männern sind es 78,7 Prozent. Im Kreis Minden-Lübbecke liegen die Zahlen ähnlich nah beieinander: Hier verrichten 79,6 Prozent der beschäftigten Frauen Fachkraft- oder höher eingestufte Aufgaben – die Männer erreichen 80,7 Prozent.
„Es wird also deutlich: Frauen sind seltener geringqualifiziert und arbeiten prozentual gesehen auf ähnlichen Anforderungsniveaus wie Männer – verdienen dennoch deutlich weniger. Das zeigt noch einmal, dass die Gender-Pay-Gap weiterhin existiert.“
Außerdem lässt sich an den Beschäftigtendaten erkennen, dass Frauen wesentlich häufiger in Teilzeit arbeiten als Männer: Der Anteil der in Teilzeit beschäftigten Frauen liegt im Kreis Herford bei 53,1 Prozent, und im Kreis Minden-Lübbecke bei 51,8 Prozent. Bei den Männern liegt der Anteil der Teilzeitbeschäftigten weitaus niedriger: 9,1 Prozent im Kreis Herford und 9,3 Prozent im Kreis Minden-Lübbecke. „Natürlich lassen sich die Gründe dafür nicht an den Daten ablesen, und dennoch liegt nahe: Frauen haben oft mehr familiäre Verantwortung, und darunter fällt auch die Care-Arbeit.“
Insgesamt sieht Annette Budzynski die Arbeitswelt auf dem richtigen Weg: „Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird heutzutage viel größer geschrieben, als das noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Auch gibt es immer mehr und immer flexiblere Arbeitszeitmodelle. Arbeitgeber wissen um den Nutzen familienfreundlicher Arbeitsbedingungen. Home Office – in den Berufen, wo dies möglich ist – ermöglicht zum Beispiel weitere Flexibilität, besonders für die, die in familiärer Verantwortung stehen - für Männer und Frauen gleichermaßen. Die Richtung ist also die richtige – aber: wir sind noch nicht am Ziel.“