Wie auch schon in den vergangenen Jahren war die angespannte Situation auf dem Ausbildungsmarkt auch im abgelaufenen Ausbildungsjahr wieder ein absoluter Dauerbrenner. Um einer größtmöglichen Anzahl von jungen Menschen einen Ausbildungsplatz oder Schulbesuch an einer weiterführenden Schule anbieten zu können, haben die Ausbildungsmarktakteure Agentur für Arbeit und Jobcenter im Landkreis Peine wieder gemeinsam große Anstrengungen unternommen. Diese Bemühungen haben sich gelohnt, denn die Anzahl von von gemeldeten Ausbildungsplatzsuchenden haben deutlich zugenommen.
Agentur für Arbeit – Die Berufsberatung stellt sich den neuen Herausforderungen
Von Oktober 2022 bis September 2023 haben sich insgesamt 991 junge Menschen als Bewerber um eine betriebliche Ausbildungsstelle bei der Berufsberatung der Arbeitsagentur und beim Jobcenter in Peine gemeldet, 111 bzw. +12,6% mehr als im Vorjahr.
Die Zahl der der Agentur gemeldeten Ausbildungsstellen im Landkreis Peine liegt mit 515 Ausbildungsstellen über dem Niveau des Vorjahres (+16, bzw. +3,2%).
Insgesamt 40 der gemeldeten Ausbildungsplatzsuchenden blieben Ende September als unversorgt registriert (Vorjahr 50). Demgegenüber stehen noch 54 gemeldete Ausbildungsstellen, die bisher nicht besetzt werden konnten (Vorjahr: 70).
Alexandra Fuchs, Geschäftsführerin Operativ der Agentur für Arbeit Hildesheim: „Die Auswirkungen der Corona-Pandemie waren auf dem Ausbildungsmarkt immer noch spürbar und haben dementsprechend für Veränderungen gesorgt. In den Schulen musste insbesondere durch das lange Homeschooling und viele Ausfallzeiten immer noch massiv Unterrichtsstoff nachgeholt werden. In der Folge wurde die dringend notwendige Berufsorientierung zwangsläufig vernachlässigt. Als Resultat daraus fehlen den jungen Schülerinnen und Schülern ausreichend Kenntnisse über mögliche Ausbildungsberufe und Alternativen. Zusätzlich verlagert sich das Thema Ausbildung immer weiter nach hinten. „Die Schere zwischen denen, die sich sehr frühzeitig für einen Ausbildungs- oder Studienplatz entscheiden und denjenigen, die erst zum Schuljahresende anfangen, sich damit überhaupt auseinanderzusetzen, geht immer weiter auseinander“, erläutert Fuchs die Entwicklung. So kommt es, dass sich immer mehr junge Menschen vermehrt für weiteren Schulbesuch entscheiden, um mehr Zeit für berufliche Zukunftsplanung zu gewinnen. „Hier steht die Berufsorientierung vor ganz neuen Herausforderungen, denen wir uns zusammen mit unseren Ausbildungsmarktpartnern stellen“, so Fuchs.
Die in Peine im zweiten Jahr in Folge deutlich gestiegene Anzahl an Ausbildungsplatzsuchenden ist zum einen durch die sehr starke Präsenz der Berufsberatung in den entsprechenden Schulen zustande gekommen - die Schülerinnen und Schüler werden dort abgeholt und beraten, wo sie sich aufhalten. „Junge Menschen haben Ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen zum Thema Ausbildung. Diese gilt es, in den gemeinsamen Gesprächen mit unseren Berufsberaterinnen und -beratern aufzunehmen und zusammen mit der Eignung und den Fähigkeiten der jungen Menschen auf geeignete Ausbildungsberufe zu lenken“, erklärt Frauke Ammerpohl, Teamleiterin in der Berufsberatung Peine. „Wir haben uns erneut durch digitale Medien, Projekte und Ausweitung in die Fläche (z.B. Beratung in Schulen, Entwicklung neuer Projekte, Zusammenarbeit mit Sozialarbeitern, etc.) an die Veränderungen in der Berufsorientierung angepasst“, berichtet Ammerpohl weiter.
Zum anderen leisten unsere Kolleginnen und Kollegen seit einigen Jahren erfolgreiche Arbeit in der gemeinsamen Jugendberufsagentur (JBA). Die JBA ist eine Kooperation aus Agentur für Arbeit, Jobcenter und Jugendhilfe. Das trägt erheblich dazu bei, die Jugendlichen frühzeitig zu erreichen und bei der Weichenstellung in Richtung Ausbildung zu begleiten.
Von den Jugendlichen kann neben den persönlichen Gesprächen vor Ort auch gern die Videokommunikation von zu Hause genutzt werden, so dass daneben beispielsweise die Eltern am Abend an Gesprächen teilnehmen können. „Wir haben die Weichen neu justiert, um der derzeitigen Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt begegnen zu können“, so Fuchs und Ammerpohl abschließend.
Landkreis Peine Jobcenter – Ausbildungsbilanz 2023
Das kommunale Jobcenter Peine konnte erfreulicherweise im Ausbildungsjahr 2023 das Level des vergangenen Jahres nahezu halten. Die Arbeitsvermittlerinnen und Arbeitsvermittler begleiten und beraten die jungen Erwachsenen engmaschig und individuell auf dem Weg in die Ausbildung. Arbeitsmarktpolitische Instrumente und Unterstützungsleistungen werden dabei adressatengerecht und gemeinsam mit dem jungen Erwachsenen vereinbart.
Bei den Ausbildungstrends ist in diesem Jahr der Beruf der Verkäuferin/des Verkäufers stärker nachgefragt bzw. sind hier die meistens Ausbildungsaufnahmen zu verzeichnen. Während der Pandemie war hier in den letzten Jahren eher ein Rückgang zu beobachten. Erfreulicherweise ist der Gesundheits- und Pflegebereich weiterhin stark vertreten. In diesem Sektor werden gerne mehrsprachige Bewerberinnen und Bewerber eingestellt, da dieses die Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten erleichtert.
Nachgefragt sind auch weiterhin Ausbildungsberufe aus dem Bereich Mechatronik/Elektronik. Hier ergeben sich im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung und dem Ausbau von klimaneutralen Technologien zukunftsfähige berufliche Perspektiven.
Die Vorstellungen und Interessen der Bewerberinnen und Bewerber mit den Stellenanforderungen zusammenzubringen ist ein zentrales Element für die Beratung und Ausbildungsvermittlung. Neben dem breiten Angebot an Informationen nimmt weiterhin das Praktikum im Betrieb eine Schlüsselrolle ein. Die Bewerberinnen und Bewerber können so ihre Vorstellungen mit der beruflichen Realität abgleichen. Arbeitgeber haben die Gelegenheit ihre potenziellen Auszubildenden abseits von Schulnoten vorab kennenzulernen. „Berufliche Perspektiven, das soziale Miteinander im Betrieb und die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf gewinnen zunehmend an Bedeutung bei der Berufswahl“ so Claudia Geyer, Fachdienstleiterin des Jobcenter Peine.
Weitere Unterstützungsangebote der Arbeitsagentur
Zurzeit laufen wieder die gemeinsamen Nachvermittlungsaktionen von Arbeitsagentur und Jobcenter. Alle jungen Menschen, die noch auf der Ausbildungssuche sind, bekommen nun in diesem Zuge ein entsprechendes Angebot. Eine Ausbildung kann auch zum jetzigen Zeitpunkt nach Rücksprache mit den Kammern und dem Ausbildungsbetrieb begonnen werden.
Um den Jugendlichen eine bessere Ausgangslage für das kommende Jahr zu schaffen, stehen der Berufsberatung diverse Maßnahmen zur Verfügung, die zu einer Entspannung auf dem Ausbildungsstellenmarkt beitragen: Dazu zählen auch wieder Plätze für berufsvorbereitende Maßnahmen (BvB), außerbetriebliche Berufsausbildungen (BaE) und Einstiegsqualifizierung (EQ) zur Verfügung.
Aus Sicht der Betriebe entsprechen vielfach die Qualifikationen von Jugendlichen, die eine duale Berufsausbildung anstreben, nicht den betrieblichen Anforderungen oder es fehlen den jungen Menschen die ersten beruflichen Eindrücke durch Praktika. Häufig lässt sich zumindest das Problem mit der mangelnden Qualifizierung durch den Einsatz der AsAflex (Assistierte Ausbildung Flexibel) der Arbeitsagentur lösen. Zusätzlich können die Teilnehmer hier auch verstärkt sozialpädagogische Unterstützung und Begleitung bekommen.
Arbeitgeber können sich bei allen Fragen an ihre Ansprechperson des gemeinsamen Arbeitgeberservice von Arbeitsagentur und Jobcenter wenden oder die kostenfreie Rufnummer 0800 4 5555 20 anrufen.
Zwei Appelle von Agentur für Arbeit und Jobcenter
An die Betriebe und Unternehmen im Landkreis richten Frau Fuchs und Frau Geyer ihren ersten Appell: Viele Jugendliche entsprechen vielleicht auf dem ersten Blick nicht ihren Vorstellungen. „Ergreifen Sie einfach die Chance, auch Jugendliche in Ausbildung zu nehmen, die nicht allen Anforderungen entsprechen – sei es bei bestimmten Schulnoten oder anderen Gründen. Gerade in jungen Menschen schlummern oft verborgene Begabungen und Talente, die sich nicht in den Schulzensuren wiederspiegeln. Bieten Sie Ihnen immer wieder Praktika an, um diese Fähigkeiten zu entdecken und zu aktivieren. Viele Menschen machen dadurch eine erstaunliche Entwicklung. Geben Sie Ihnen eine berufliche Perspektive und schaffen Sie sich so auch mit unserer Unterstützung Ihre Fachkräfte von morgen. Wir sind uns sehr bewusst, wie schwierig die Lage teilweise am Ausbildungsmarkt ist und stehen Ihnen stets als starke Partner zur Seite. Ihre Azubis von heute sind Ihre Fachkräfte für die Zukunft.“
Und auch an die Jugendlichen geht ein Appell: „Der Ausbildungsmarkt steht Euch offen wie noch nie, die Auswahlmöglichkeiten sind riesig. Nutzt die Chance auf eine Ausbildung, die zu euren Fähigkeiten und Wünschen passt. Lasst Euch von der Berufsberatung und den Kammern auch über mögliche alternative Berufe beraten, um die Eure Auswahlmöglichkeiten zu vergrößern. Geht eigeninitiativ auf die hier ansässigen Firmen und Unternehmen zu und fragt nach Praktikumsmöglichkeiten oder Schnuppertagen. Holt Euch wertvolle Tipps rund um das Thema Ausbildung auf den Webseiten der Agentur für Arbeit und der Kammern und tauscht Euch mit Freunden und Bekannten aus, dann findet Ihr Euren Weg in die berufliche Zukunft.“
Ausblick 2023/2024
Neben den bisherigen Angeboten der Berufsberatung hat die Agentur für Arbeit für das kommende Jahr bereits neue Entwicklungen auf den Weg gebracht, um auf Veränderungen am Ausbildungsmarkt schnell reagieren zu können. „Wir sind für die Zukunft gemeinsam gut aufgestellt“ stellen Fuchs und Geyer abschließend fest.