Der Arbeitsmarkt präsentierte sich im vergangenen Jahr robust und krisenerprobt

Die Agentur für Arbeit Hildesheim zieht eine gemischte Jahresbilanz und richtet ihren Blick auf die sich verändernden Herausforderungen am Arbeits- und Ausbildungsmarkt.

31.01.2023 | Presseinfo Nr. 6

Der Arbeitsmarkt hat sich im Jahr 2022 trotz der enormen Beeinflussung durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Konflikt relativ gut entwickelt: die Zahl der arbeitslosen Menschen im Agenturbezirk Hildesheim ist im Jahresdurchschnitt gegenüber 2021 sogar leicht gesunken, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist bis zum Stichtag erneut angestiegen und die Nachfrage der Betriebe nach neuen Mitarbeitenden blieb auf hohem Niveau.

„Trotzdem bleibt es für uns als Agentur für Arbeit und für unsere Kollegen/innen in den Jobcentern eine dauerhafte Herausforderung, im Spannungsfeld zwischen den Auswirkungen der Pandemie, des Ukrainekrieges und unserem Kerngeschäft Beratung und Vermittlung sowie dem Fachkräftemangel die richtigen Antworten anzubieten“, sagte Evelyne Beger, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hildesheim. Lange Phasen ungewisser Zurückhaltung durch die Energiekrise und Kostensteigerungen haben das Arbeitsmarktgeschehen dominiert, eine Welle von Unternehmensinsolvenzen ist zum Glück bisher jedoch ausgeblieben. Auch der Zustrom von ukrainischen Schutzsuchenden konnte mit großer Kraftanstrengung gemeistert werden. „Darauf dürfen alle Beteiligten von Arbeitsagentur und insbesondere dem Jobcenter wirklich stolz sein“, kommentiert Beger abschließend.

Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung

Im Jahresdurchschnitt 2022 waren im Arbeitsagenturbezirk Hildesheim 13.302 Menschen arbeitslos gemeldet. Damit reduzierte sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr geringfügig um -10 (-0,1%). Die Arbeitslosenquote lag mit einem jahresdurchschnittlichen Wert von 6,0% (+/-0,0% gegenüber dem Vorjahr) um 0,7 Prozentpunkte über dem niedersächsischen Landeswert. Die Unterbeschäftigung[1] betrug nach vorläufigen Angaben im Jahresschnitt 16.524 (Vorjahr: 16.645). Die Unterbeschäftigungsquote stagniert damit im Schnitt bei 7,4% (Vorjahr: 7,4%).

 

 

 

 

Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hat im Jahr 2022 weiter zugenommen. Im Agenturbezirk waren zum Stichtag 30.06.2022 insgesamt 127.620 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, 0,6% mehr als im Vorjahr und 1,7% mehr als in 2021.

Arbeitskräftenachfrage

Der Bestand gemeldeter Arbeitsstellen lag im Jahresdurchschnitt 2022 bei 3.467, 288 Stellen (+9,0%) mehr als im Vorjahr. Die meisten neu gemeldeten Stellenangebote richteten sich an Arbeitskräfte in den Branchen Gesundheits- und Sozialwesen (1.288 Stellen), Erbringung wirtschaftlicher Dienstleistungen (1.197 Stellen), sowie Handel (982 Stellen) und Verarbeitendes Gewerbe (829 Stellen). Von Arbeitnehmerüberlassungen wurden im vergangenem Jahr 1.080 neue Stellen gemeldet.

Insgesamt liegen die Stellenneumeldungen mit 7.864 unter dem Vorjahreswert von 8.809 (-10,7%) trotzdem auf einem stabilen Niveau.

Ausgaben

Die Arbeitsagentur Hildesheim hat im Jahr 2022 insgesamt rund 80 Millionen Euro (incl. Kranken- und Rentenversicherung) Arbeitslosengeld I ausgezahlt. Rund fünf Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wurden rund 12 Millionen Euro ausgegeben.

Landkreis Hildesheim

Im Landkreis Hildesheim stieg die Arbeitslosenzahl minimal an. Im Jahresdurchschnitt waren 9.582 Personen arbeitslos gemeldet, +10 bzw. +0,1% gegenüber dem Vorjahr. Die Arbeitslosenquote im Landkreis lag bei 6,5% (Vorjahr: 6,4%).

Bei dieser Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hat sich insbesondere Zahl der arbeitslosgemeldeten Ausländer (+14,7% auf 2.925 Personen) und die der älteren arbeitslosen Menschen über 55 Jahre (+8,1% auf 2.367 Personen) deutlich erhöht.

Die Jugendarbeitslosigkeit hingegen ist 2022 leicht zurückgegangen. Im Landkreis Hildesheim waren durchschnittlich 824 junge Menschen unter 25 Jahre arbeitslos gemeldet, -30 bzw. -3,5% gegenüber dem Vorjahr.

Im Rechtskreis SGB III (Agentur für Arbeit/Arbeitslosengeld I) lagen die Arbeitslosenzahlen unter dem Vorjahreswert. Im Jahresschnitt sind Zahlen hier gegenüber dem Vorjahr mit -10,9 % (-334 Personen) deutlich auf 2.736 gesunken.

Im Rechtskreis SGB II (Jobcenter/Arbeitslosengeld II) hingegen ist die Arbeitslosigkeit deutlich gestiegen. Im Schnitt waren beim Jobcenter Hildesheim 6.846 Arbeitslose im Jahr 2022 gemeldet. Das sind +344 Personen bzw. +5,3% mehr als im Vorjahr.

Der Arbeitskräftebedarf der Unternehmen lag im Jahr 2022 klar unter dem Vorjahr. Arbeitgeber aus dem Landkreis Hildesheim meldeten insgesamt 6.166 neue Stellen. Das waren 1.003 bzw. -14,9% weniger als im Jahr 2021. Der Stellenbestand erhöhte sich allerdings leicht um 4,4%. Die Anzahl der Stellen, die länger als 3 Monate vakant blieben, stieg um 53,8 % auf 1.391. Der wachsende Fachkräftemangel wird auch hier deutlich.

„Stellenbesetzungen werden zunehmend herausfordernder“, so Dennis Schoon, Teamleiter im gemeinsamen Arbeitgeber-Service von Arbeitsagentur und Jobcenter. „Durch den steigenden Fachkräftebedarf können viele Stellen nicht besetzt werden“. Fleischerei, Bäckereien und Arztpraxen z.B. müssen aufgrund fehlender Beschäftigter ihre Öffnungszeiten einschränken. Zur Kompensierung der steigenden Energiekosten und fehlenden Beschäftigten legen viele Gastronomiebetriebe vermehrt den Fokus weg vom a la carte-Geschäft hin zu größeren Feierlichkeiten.

 „Bei vielen Arbeitgeber/innen zählt zunehmend die Motivation der Bewerber/innen zur Arbeitsaufnahme noch vor der eigentlichen Qualifikation“ berichtet Schoon. Das Angebot der Beschäftigtenqualifizierung wird im Bereich Pflege und Medizin positiv aufgenommen und umgesetzt.

Auf dem Ausbildungsmarkt im Landkreis Hildesheim ging die Anzahl der gemeldeten Ausbildungsstellen gegenüber 2021 leicht um -9 Stellen zurück, die Anzahl der gemeldeten Bewerber/innen sank ebenfalls leicht um -48 auf 1498 Personen.Der Fachkräftemangel nimmt zunehmen Einfluss auf die Ausbildungsbereitschaft. Arbeitgebende bietet nur dann eine Ausbildung an, wenn diese personell auch begleitet werden kann. Und das kann in Betrieben immer häufiger nicht gewährleistet werden“, so Schoon abschließend.

 Landkreis Peine

Der Landkreis Peine verzeichnete die geringste Arbeitslosenquote im Hildesheimer Agenturbezirk. Diese lag mit 5,0% (Vorjahr: 5,1%) sogar unter dem niedersächsischen Landeswert (5,3%). Im Jahresschnitt sank die Zahl der Arbeitslosen um -20 bzw. -0,5% auf 3.720 Personen.

Hierbei haben nicht alle Personengruppen davon profitiert. Insbesondere die Zahl der arbeitslosgemeldeten Ausländer (+24,2% % auf 1.246 Personen) ist gegenüber Vorjahr deutlich gestiegen.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist 2022 im Landkreis Peine ist nur leicht angestiegen. Durchschnittlich waren 357 junge Menschen unter 25 Jahre arbeitslos gemeldet, +13 bzw. +3,7 % gegenüber dem Vorjahr.

Im Zuständigkeitsbereich der Agentur für Arbeit Peine (Arbeitslosengeld I / Rechtskreis SGB III) war der Rückgang der Arbeitslosigkeit stärker ausgeprägt. Im Schnitt waren hier 1.209 Personen arbeitslos, -287 bzw. -19,2% weniger als im Vorjahr.

Im Jobcenter Peine hingegen (Optierende Kommune des Landkreis Peine / Arbeitslosengeld II) stieg die Arbeitslosigkeit hingegen um 267 bzw. +11,9% auf 2.511 Personen an.

Der Arbeitskräftebedarf der Unternehmen in Peine im Jahr 2022 lag leicht über dem Niveau des Vorjahres. Arbeitgeber meldeten 2.057 neue Stellen. Das waren +2,6% bzw. +52 mehr als im Jahr 2021 (ohne die Daten des Jobcenter des Landkreises Peine).

Der Trend aus 2021 setzte sich im vergangenen Jahr fort. „Der Arbeitsmarkt in Stadt und Landkreis Peine war auch in 2022 trotz der Corona-Pandemie weiterhin stabil und aufnahmefähig“, analysiert Ralf Kowalski, Teamleiter im Arbeitgeber-Service Peine, die Situation im vergangenen Jahr.

Es gab im Jahresdurchschnitt einen etwas höheren Stellenzugang (+2,6%) als im Vorjahr. der Stellenbestand erhöhte sich um 25,9%. Die Anzahl der Stellen, die länger als 3 Monate vakant blieben, stieg dabei deutlich um 52,8 % auf 477.

„Die hohe Auspendlerquote von mehr als 61% und der anhaltende Fachkräftemangel gestalteten die Stellenbesetzung in vielen Fällen schwierig“, weiß Kowalski zu berichten. „Insbesondere der hohe Bedarf an Erzieher/innen, Sozialpädagogen/innen und Pflegekräften ist bei weitem nicht zu decken. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in den handwerklich geprägten Berufen“, so Kowalski weiter.

Im Bereich des Einzelhandels beobachtete die Agentur einen Rückgang der Stellenangebote um 11%. Bei den Gastronomieunternehmen war der gemeldete Bedarf gegenüber dem Jahr 2021 unverändert. Die Nachfrage der Logistikbranche nach Helfern und Fachkräfte ist unverändert hoch.

Auf dem Peiner Ausbildungsmarkt ging die Anzahl der gemeldeten Ausbildungsstellen gegenüber 2021 um 6,7% zurück, die Anzahl der gemeldeten Bewerber/innen stieg um 9,3% auf 880 Personen.

 Kurzarbeitergeld (KuG)

Im vergangenen Jahr ist die Anzahl der Anzeigen auf Kurzarbeitergeld im Agenturbezirk unverkennbar zurückgegangen, wenn auch aufgrund der Ukraine-Krise noch nicht wieder auf das Niveau vor Pandemiebeginn. Während die coronabedingten Anträge auf Kurzarbeit stetig zurückgingen, sorgten Lieferengpässe und Auftragseinbrüche, auch in Folge der enorm gestiegenen Energiekosten, bei den Unternehmen im Agenturbezirk für zusätzliche Anzeigen auf Kurzarbeit.

Wie viele dieser Anzeigen im letzten Jahr letztlich wirklich zu einem Antrag auf KuG geführt haben, kann erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgewertet werden.

Ausblick 2023

Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist im Januar 2023 erneut leicht gestiegen. „Niemand kann derzeit absehen, wie lange der Konflikt in der Ukraine noch anhalten und somit auch unsere Wirtschaft belasten wird“ erläutert Torben Lach, Geschäftsführer Operativ der Arbeitsagentur. „Wir nehmen jedoch wahr, dass sich unser örtlicher Arbeitsmarkt als recht robust erwiesen hat und die Anzahl der Beschäftigten im Agenturbezirk trotzdem gestiegen ist“. Um diesen Trend nicht zu gefährden, bleibt der Fachkräftebedarf weiter eines der zentralen Themen am Arbeitsmarkt. „Neben neuen Perspektiven durch Weiterbildung und Qualifizierung setzen wir zusätzlich auf die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland und auf die Integration bleibewilliger ukrainischer Fachkräfte“ erläutert Lach.

Ebenso intensiviert die Arbeitsagentur ihre Angebote in der Berufsorientierung insbesondere für Jugendliche mit Startschwierigkeiten. Für ein motiviertes und erfolgreiches Arbeitsleben ist ein gelungener Ausbildungs- oder Studienstart unabdingbar. „Am Übergang von Schule und Beruf dürfen uns keine jungen Menschen verloren gehen“, so Evelyne Beger abschließend.


[1]Dazu gehören Personen in Arbeitsmarktmaßnahmen, beruflicher Weiterbildung, Arbeitsgelegenheiten, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Gründungszuschuss, Altersteilzeit etc. Aufgrund der Vorläufigkeit der Daten zur Maßnahmeteilnahme können sich hier in den kommenden Monaten noch Änderungen ergeben. Nicht enthalten sind Beschäftigte in Kurzarbeit, weil diese Daten erst mit mehrmonatiger zeitlicher Verzögerung erhoben werden können.