Ausbildungsmarktbilanz Landkreis Hildesheim

•    Rückgang bei den Ausbildungsstellen/ Anstieg bei den Ausbildungssuchenden
•    Steigender Unterstützungsbedarf bei Jugendlichen
•    Agentur und Jobcenter setzen weiterhin auf individuelle Berufsorientierung

08.11.2024 | Presseinfo Nr. 40

Auch im vergangenen Ausbildungsjahr blieb die angespannte Situation auf dem Ausbildungsmarkt ein zentrales Thema. Um möglichst vielen jungen Menschen eine berufliche Perspektive zu bieten – sei es durch einen Ausbildungsplatz oder den Besuch einer weiter-führenden Schule – haben die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, die HWK und die IHK ihre Anstrengungen erneut verstärkt.
In einem gemeinsamen Einsatz setzen sich die Ausbildungsmarktakteure zusammen mit ihren Netzwerkpartnern dafür ein, jungen Menschen Chancen und Orientierung zu bieten. Ziel ist es, die Jugendlichen erfolgreich auf ihrem Weg in die berufliche Zukunft zu unter-stützen.

Agentur für Arbeit – Berufsorientierung für die Zukunft junger Menschen stärken 

Die Berufsberatung blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Mit einer hohen Nachfrage und zahlreichen Beratungsgesprächen konnten junge Menschen wieder umfassend in ihrer beruflichen Orientierung und Entscheidung unterstützt werden.

Von Oktober 2023 bis September 2024 haben sich insgesamt 1.615 junge Menschen für eine Ausbildungsstelle bei der Berufsberatung im Landkreis Hildesheim gemeldet, 131 Personen mehr als im Vorjahr.
Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen im Landkreis Hildesheim liegt mit 1.607 deutlich unter dem Niveau des Vorjahres (-164 Stellen). 
Insgesamt 85 der gemeldeten Bewerber/innen um einen Ausbildungsplatz blieben Ende September noch als unversorgt registriert (im Vorjahr 79 Personen). Demgegenüber stehen noch 142 gemeldete Ausbildungsstellen, die bisher nicht besetzt werden konnten (Vorjahr: 177).

Hauptagentur Hildesheim

Bei der Arbeitsagentur in Hildesheim waren im Beratungsjahr insgesamt 1.259 junge Bewerberinnen und Bewerber ausbildungsplatzsuchend gemeldet, 91 bzw. +7,8% mehr als im Vorjahr. Demgegenüber standen insgesamt 1.251 gemeldete Ausbildungsstellen (-170 bzw. -12,0% zum Vorjahr). 
Die Zahl der noch nicht in Ausbildung vermittelten jungen Menschen lag bei 71 und ist da-mit um 14 Personen (+24,6%) gestiegen. Zeitgleich konnten 83 Ausbildungsstellen bis zum Stichtag noch nicht besetzt werden (-39 gegenüber dem Vorjahr).

Geschäftsstelle Alfeld

Im Geschäftsstellenbezirk Alfeld nutzten 356 Ausbildungsplatzsuchende den Service der Berufsberatung, +40 (+12,7%) gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt meldeten die Unter-nehmen im Raum Alfeld 356 Ausbildungsstellen und damit genau sechs Stelle mehr, als im Vorjahr.  
Die Zahl der noch nicht in Ausbildung vermittelten jungen Menschen lag zum Stichtag bei 14, -8 gegenüber dem vergangenen Jahr. Zeitgleich konnten 59 Ausbildungsstellen noch nicht besetzt werden (+4 gegenüber dem Vorjahr).

Evelyne Beger, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Hildesheim, betont das Engagement der Agentur für die berufliche Zukunft junger Menschen. Angesichts der dynamischen wirtschaftlichen Entwicklungen, die den Ausbildungsmarkt und die Chancen für Schulabgänger erheblich beeinflussen, sieht die Agentur die Notwendigkeit, Jugendlichen gezielt Orientierung zu bieten. 

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„Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der die steigende Komplexität der Rahmenbedingungen für junge Menschen berücksichtigt“, so Beger.

Ein zentraler Wunsch der Agentur für Arbeit ist es, die Berufsorientierung in Schulen als Pflichtfach zu etablieren.

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 „Die Vielzahl an Berufen und Ausbildungswegen wird zunehmend unübersichtlich, und viele Jugendliche fühlen sich bei der Wahl ihrer beruflichen Zukunft überfordert. Eine systematische Berufsorientierung als fester Bestandteil im Lehrplan würde es Jugendlichen ermöglichen, besser auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet zu sein und nachhaltige Entscheidungen zu treffen“, erklärt Beger.

Michael Lang, Teamleiter der Berufsberatung in der Agentur für Arbeit Hildesheim, ergänzt: „In der Digitalisierung sehen wir großes Potenzial, um Jugendliche auf modernen Wegen zu erreichen. Unsere digitalen Angebote werden kontinuierlich ausgebaut, um allen Schülergruppen eine flexible und individuell anpassbare Orientierung zu ermöglichen. Von interaktiven Online-Formaten bis hin zu virtuellen Beratungstools – wir möchten Jugendliche und Eltern dort abholen, wo sie sich am häufigsten aufhalten: im digitalen Raum.“


Die Agentur für Arbeit setzt verstärkt auf maßgeschneiderte Angebote, die in enger Kooperation mit Netzwerkpartnern entstehen. „Die Zusammenarbeit mit Schulen, Unternehmen und sozialen Einrichtungen erlaubt es uns, innovative und passgenaue Orientierungslösungen für alle Jugendlichen zu entwickeln und bestehende Programme kontinuierlich weiterzuentwickeln“, so Lang.

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Evelyne Beger fasst zusammen: „Die Agentur ist überzeugt, dass gezielte Berufsorientierung eine wesentliche Grundlage für die Zukunft der Jugend ist. Indem wir junge Menschen aktiv auf ihrem Weg begleiten, schaffen wir die besten Voraussetzungen, um ihnen eine erfolgreiche berufliche Perspektive zu eröffnen.“

Handwerkskammer (HWK) Hildesheim-Südniedersachsen – Intensivierung der Berufsorientierung 

Aktuell sind die Ausbildungszahlen im Vergleich zum Vorjahr Stand heute stabil. Dies ist definitiv ein erfreuliches Zeichen, auch mit Blick auf unsere Aktivitäten bei der Berufsorientierung. 

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„Gerade in den klimarelevanten Berufen sehen wir seit Jahren eine kontinuierliche Steigerung der Ausbildungszahlen. Wir sind überzeugt: Immer, wenn in unserem Land große Umbrüche anstehen, wird es nie ohne das Handwerk gehen“ so Tobias Dunkel, Abteilungsleiter der Beruflichen Bildung bei der HWK.

 Darüber hinaus ist die Nahversorgung in einer alternden Gesellschaft ebenfalls besonders wichtig. „Wenn wir heute in die Innenstädte schauen, sehen wir neben den Leerständen vor allem Handwerksbetriebe“, so Dunkel. Das Handwerk bietet wie kein anderer Wirtschaftsbereich berufliche Sicherheit, Aufgaben mit Sinn und die Herausforderung und das Glück, jeden Tag etwas mit den eigenen Händen zu schaffen. Und auch beim Gehalt steht das Lebenseinkommen eines Meisters (ca. 1,9 Mio. €) dem eines Fachhochschul-Absolventen (2,0 Mio. €) in nichts nach. „Wir haben mit unseren Beratern ein umfassendes Angebot, um Berufsinteressierte dabei zu unterstützen, den passenden Beruf und auch den passenden Betrieb zu finden. Wir präsentieren uns auf Berufsmessen und auf Schulveranstaltungen, stehen aber auch für individuelle Beratungen zur Verfügung“ erklärt Dunkel. Die Südniedersächsischen Handwerksbetriebe investieren in diesem Jahr fast 600.000 Euro für die Stärkung der eigenen Berufsorientierung. Für die Politik sollte dies auch ein Gradmesser sein, seine eigenen Aktivitäten in diesem Bereich ebenfalls auszubauen.

Politisch stehen deshalb vor allem zwei Themen aktuell auf der Agenda. So wünscht sich die HWK die Einführung einer landesfinanzierten Praktikumsprämie für freiwillige Schülerpraktika in den Ferien nach dem Vorbild aus Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. In Sachsen-Anhalt gibt es dieses Instrument seit einigen Jahren. Dort zeigt sich eindrücklich, dass junge Menschen für das Handwerk begeistert werden können: Rund ein Drittel der Praktikanten hat sich anschließend für eine Ausbildung im Handwerk entschieden. Dunkel: „Darüber hinaus setzen wir uns für Stärkung des Handwerks in den gesetzlichen Regelungen zu schulischen Berufsorientierung ein, die gerade überarbeitet werden. In unseren Gesprächen mit den politischen Vertretern sind wir zuversichtlich, dass wir bei diesen Themen gemeinsam vorankommen.“

Ausbildungsstart 2024 mit Ausbildungsverträgen bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hannover im Landkreis Hildesheim gut gelungen 

Das Ausbildungsjahr 2024 im Bezirk der IHK Hannover startet per 01.08. stabil mit einem leichten Plus von 0,4 Prozent. Die üblicherweise noch folgenden Nachmeldungen lassen die Summe der abgeschlossenen Ausbildungsverträge dann bis zum Jahresende noch weiter steigen – in 2024 bisher allerdings etwas schwächer, als in den Vorjahren.
In der regionalen Betrachtung verzeichnet der Landkreis Hildesheim einen leiten Rück-gang um 14 auf aktuell 803 abgeschlossene Ausbildungsverträge in IHK-Berufen.

In einzelnen Berufsgruppen konnten nicht alle Ausbildungsplätze besetzt werden. Nach wie vor gibt es großen Bedarf in den Ausbildungsberufen Elektrotechniker, Mechatroniker, Fachinformatiker, Berufskraftfahrer, Lagerberufe, oder in den Hotel- und Gaststättenberufen und im Einzelhandel. Die Unternehmen suchen auch 2024 kurzfristig noch Nachwuchskräfte für das gestartete Ausbildungsjahr. Heute bewerben sich Unternehmen mit attraktiven Benefits bei Jugendlichen, um sie für eine Ausbildung zu begeistern. Ausbildung ist und bleibt der Garant für ausgezeichnete Job- und Aufstiegsperspektiven. Unter dem Motto „Ausbildung macht mehr aus uns“ informieren IHK Organisationen jugendgerecht rund um Ausbildung. Schülerinnen und Schüler lernen unter „Jetzt #könnenlernen“ alles zum Thema Ausbildung. Sie erhalten Anregungen, sich mit der eigenen Zukunft zu beschäftigen. Welche Ausbildungsplätze aktuell noch zur Verfügung stehen können Interessierte auf der Seite meine-Ausbildung-in-Niedersachsen.de erforschen. Hier werden alle aktuellen und auch schon die für 2025 verfügbaren Ausbildungsplätze aus IHK-, Handwerks-, Gesundheits- und weiteren Berufen für Niedersachsen mit guten Filterfunktionen dargestellt.

Appell an Ausbildungsbetriebe: Junge Talente erkennen und Chancen auf Ausbildung bieten

Die drei Ausbildungsmarktpartner rufen die Unternehmen im Landkreis dazu auf, ihre Türen weit für junge Menschen zu öffnen – unabhängig davon, wie deren Schulzeugnisse aussehen. „Viele Jugendliche bringen Potenziale mit, die auf den ersten Blick nicht immer sichtbar sind. Gerade die verborgenen Fähigkeiten und Talente werden oft in den Noten nicht abgebildet“. Sie appellierten an Ausbildungsbetriebe, verstärkt auf die persönlichen Stärken der jungen Menschen zu achten und ihnen eine berufliche Perspektive zu bieten.
„Kreativität und Offenheit sind gefragt: Unternehmen können durch Praktika und Schnuppertage gezielt die Interessen und Talente der Jugendlichen erkunden und fördern. Mit innovativen Ideen in der Ausbildung lassen sich Fachkräfte von morgen aufbauen. Dies bietet nicht nur den jungen Menschen eine Chance, sondern ist auch eine Investition in die eigene Zukunft des Unternehmens“.

Berufliche Chancen nutzen: Aufruf an Jugendliche zur aktiven Ausbildungssuche

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Die Jugendlichen werden von Beger, Dunkel und Rambow aufgerufen, die vielfältigen Möglichkeiten des Ausbildungsmarktes aktiv zu nutzen. Die Botschaft ist klar: „Geht selbstbewusst auf Ausbildungsbetriebe zu und zeigt Eigeninitiative. Eine Ausbildung bietet beste Zukunftsperspektiven – jetzt ist die Zeit, sich umfassend zu informieren und Chancen wahrzunehmen“.

Jugendliche sollten das Beratungsangebot der Berufsberatung in Anspruch nehmen, um herauszufinden, welche Berufe am besten zu ihren Interessen und Fähigkeiten passen. Die Beraterinnen und Berater stehen bereit, um zu helfen und bei Bedarf auch alternative Berufsfelder aufzuzeigen. Darüber hinaus ist es ratsam, sich auf den Webseiten von Kammern, Jobcenter und Arbeitsagentur zu informieren. Hier finden sich nützliche Tipps und aktuelle Informationen rund um das Thema Ausbildung.
„Auch digitale Angebote, wie Online-Seminare und Informationsportale, bieten eine hervor-ragende Möglichkeit, sich ortsunabhängig über Ausbildungsberufe und die Erwartungen der Betriebe zu informieren. Nutzt diese modernen Informationskanäle und geht proaktiv auf die Betriebe in Eurer Region zu, um Praktika oder Schnuppertage zu vereinbaren,“ raten alle drei.

Ausblick 2024/2025

Neben den bisherigen Angeboten zur Berufsorientierung und -beratung bauen Arbeitsagentur, HWK und IHK ihre Zusammenarbeit weiter aus, um den Herausforderungen des Ausbildungsmarktes in der Region noch gezielter zu begegnen. Mit neuen Entwicklungen und innovativen Ansätzen sind beide Einrichtungen für die Zukunft gut aufgestellt. Die verstärkte Kooperation zwischen den Institutionen und weiteren Netzwerkpartnern ist darauf ausgelegt, flexibel auf Veränderungen im Ausbildungsmarkt zu reagieren. 
„Die Herausforderungen auf dem Ausbildungsmarkt erfordern ein gemeinsames Handeln und kreative Lösungsansätze“, erklären Beger, Dunkel und Rambow. „Durch unsere enge Zusammenarbeit sind wir für die Zukunft gut aufgestellt und können den jungen Menschen die Unterstützung bieten, die sie benötigen, um erfolgreich in die Arbeitswelt einzutreten.“