Lehrlinge zu finden, ist derzeit nicht unbedingt ein leichtes Geschäft – besonders nicht für Bäcker, deren Beruf noch immer der Ruf unattraktiver Arbeitszeiten vorauseilt. Michael Lutz hat in jüngster Zeit gleich drei Nachwuchskräfte hinzugewonnen. Geplant war das nicht, und die jungen Leute brachten alle ihre „Päckchen“ mit. Dass sie es trotzdem miteinander versuchten, haben bislang weder der Bäckermeister noch seine jungen Auszubildenden bereut. Erleichtert wurde ihnen das Wagnis durch das Engagement von Berufsberater Dietmar Bauer und das eine oder andere Förderprogramm.
Sascha war schon fast auf der schiefen Bahn gelandet, als er über eine sogenannte Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme als Praktikant in die Bäckerei am Bücheler Ortsrand kam. Während der zwei Wochen im Betrieb zeigte der junge Mann sich von seiner besten Seite und überzeugte seinen Chef, der um seine eher unrühmliche Vergangenheit wusste. „Er war zuverlässig und hatte offenkundig Spaß am Job.“ Das reichte Lutz, um es mit Sascha zu wagen.
Noch wird die Ausbildung von der Arbeitsagentur als „außerbetriebliche Maßnahme“ (BaE) gefördert, aber schon im Herbst, wenn Sascha volljährig ist, soll der junge Mann in eine reguläre Ausbildung übernommen werden. „Eine Anerkennung – auch dafür, dass er noch rechtzeitig die Kurve gekriegt hat“, betont Berufsberater Dietmar Bauer, der seinem Schützling im Zusammenspiel mit seinem Kollegen vom Arbeitgeberservice, Matthias Benz, diese Chance eröffnet hat.
Beide sind für Michael Lutz jederzeit ansprechbar, um bei Problemen zu vermitteln. Außerdem gibt es im BaE-Programm eine pädagogische Begleitung durch den von der Agentur beauftragten Bildungsträger, der darauf achtet, Schwierigkeiten möglichst schon im Vorfeld zu verhindern. Dass dies bislang bestens geklappt hat, liegt wohl auch an der entspannten Haltung von Bäcker Lutz: „Welche Ausbildung läuft schon reibungslos? Schließlich haben wir mit jungen Leuten zu tun, die sich und ihren Weg erst noch finden müssen. Da wird auch mal Mist gebaut.“
Dass Sascha genau diesen Mist an seinem Arbeitsplatz bisher noch nicht gebaut hat, könnte dazu beigetragen haben, dass Michael Lutz nicht lange zögerte, als Berufsberater Bauer ihn vor einigen Wochen bat, sich einen weiteren seiner Schützlinge anzuschauen. Justin hatte eine Lehre als Koch abgebrochen und war ratlos, wie es weitergehen sollte. Nach einem Praktikum war schnell klar, dass Michael Lutz auch ihm eine Chance geben würde.
Der Einstieg zum Jahresanfang, vier Monate nach dem regulären Start der Berufsschule, war nicht unproblematisch. Doch mit ausreichender Hartnäckigkeit klappte es, und nach einer kurzen Förderphase durch die Arbeitsagentur ist Justin nun regulär im Bäckereibetrieb angestellt.
Dennis, der Dritte im Lehrstellen-Bunde, ist erst seit kurzem dabei, nachdem er seine Ausbildung in einem kleineren Bäckerbetrieb geschmissen hatte. „Der Job hat ihm gefallen, aber mit seinem Chef kam er nicht klar“, erinnert sich Dietmar Bauer. Also wurde er noch einmal bei Michael Lutz vorstellig – und hatte wieder Erfolg. Zwar braucht Dennis Unterstützung durch eine BaE-Maßnahme und wird das zweite Lehrjahr wiederholen müssen, weil er durch den Wechsel den Anschluss in der Berufsschule verpasst hat, doch damit können alle Beteiligten gut leben.
Dass er drei Bäckerlehrlinge gleichzeitig ausbildet, sei nicht üblich, räumt Michael Lutz ein. Aber im Hinblick auf den absehbaren Fachkräftebedarf auch in seinem Betrieb, sei das kein Problem. „In den nächsten Jahren gehen vier oder fünf von den 25 Leuten, die in der Produktion arbeiten, in Rente. Ich würde also auch noch jemanden nehmen“, ermuntert er Bauer lächelnd und betont, dass der Arbeitstag auch für Bäcker dank moderner Technik heutzutage „erst“ um vier Uhr morgens beginnt.
Ohnehin ist der Bäckermeister, der das Familienunternehmen in dritter Generation leitet, durchaus experimentierfreudig, wenn es um die Zukunftssicherung seines Betriebs geht. So zögerte er nicht lange, als eine seiner Aushilfen, die nach dem Abitur in einer der inzwischen 20 Filialen jobbte, vorschlug, gemeinsam Neuland zu betreten und sich an ein Duales Studium Food-Management zu wagen. Genauso offen zeigt er sich für den Vorschlag seines Arbeitgeberbetreuers Benz, doch mal über die Qualifizierung von Helfern zu Fachkräften nachzudenken. „Gute Idee. Da fallen mir spontan einige Leute ein, für die das infrage kommt.“