Wer den regionalen Arbeitsmarkt beobachtet, konnte in den letzten Monaten den Eindruck gewinnen, dass dort eine Atmosphäre des Abwartens herrschte – und das blieb auch im Juni so: Zum Monatsende meldeten die Statistiker der Arbeitsagentur für den Landkreis Cochem-Zell 1.193 arbeitslose Menschen. Das sind 43 weniger als im Mai und 64 mehr als im Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote sinkt um 0,1 Punkte auf 3,5 Prozent, im Juni 2022 lag sie bei 3,4 Prozent.
Dem Arbeitgeberservice wurden in den letzten vier Wochen 83 zusätzliche Stellen gemeldet. Damit liegen der Arbeitsagentur aus dem COC-Kreis insgesamt 493 Stellenangebote vor, 31 weniger als im Vorjahr. Auch wenn der Landkreis sich damit entspannter präsentiert als die meisten Nachbarregionen, fällt die übliche Frühjahrsbelebung auch hier eher mager aus.
„Das saisonale Auf und Ab am Arbeitsmarkt ist kein Uhrwerk, das präzise zeitliche Prognosen zulässt. Deshalb kann es durchaus sein, dass eine Frühjahrsbelebung auch mal etwas länger auf sich warten lässt“, erklärt Frank Schmidt, Leiter der Agentur für Arbeit Koblenz-Mayen. „Es verstärkt sich jedoch der Eindruck, dass wir es diesmal mit einer Flaute zu tun haben, die die bislang gewohnte Dynamik nachhaltig bremst.“ Abgemildert werde sie an der Mosel durch die Touristikbranche, die nach schwierigen Corona-Jahren derzeit wieder stärker gefragt sei.
Eine einzige Ursache lasse sich für die Zurückhaltung in anderen Branchen nicht benennen, betont der Experte. „Es scheint mir vielmehr ein ganzer Strauß von Umständen zu sein, die letztendlich dazu führen, dass Arbeitgeber vorsichtiger in die Zukunft schauen und sich trotz hohem Fachkräftebedarf bei Einstellungen, die nicht unbedingt nötig sind, zurückhalten.“
Zu den Gründen für die „Frühjahrsbelebung mit angezogener Handbremse“ gehören für Schmidt nicht nur die Folgen von Pandemie und Jahrhundertflut, weltweite Lieferengpässe, der anhaltende Krieg in der Ukraine und der damit verbundene Zuzug von Flüchtlingen. „Auch die Wirtschaft selbst steht – etwa durch Energiewende, Digitalisierung und gravierende Umwälzungen in ganzen Branchen – vor Veränderungen, die sich in ihren Einzelheiten und Folgen bislang kaum abschätzen lassen.“
Vor diesem Hintergrund sei eine gewisse Stagnation kaum verwunderlich und müsse nicht überbewertet werden, meint der Agenturleiter. Im Auge behalten müsse man die Situation aber schon. „Und natürlich eröffnen Veränderungen immer auch Chancen. Grundsätzlich wird jede und jeder am Arbeitsmarkt dringend gebraucht – wenn vielleicht auch nicht auf die gleiche Art wie bisher.“ Die Arbeitsagentur beschäftige sich deshalb schon seit geraumer Zeit intensiv mit dem Thema Qualifizierung und biete sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern ihre Hilfe an, „damit sie den Übergang in den Arbeitsmarkt der Zukunft gut bewältigen können.“
Eine weitere wichtige Aufgabe, die dabei helfen soll, die Zukunft der Unternehmen zu sichern, ist für den Agenturleiter die Unterstützung des betrieblichen Nachwuchses. Deshalb liegt sein besonderes Augenmerk immer auch auf dem Ausbildungsmarkt. Zwei Monate vor Beginn der meisten Ausbildungsverhältnisse Anfang September, sind laut Statistik von ursprünglich gemeldeten 238 Bewerberinnen und Bewerbern aus dem Landkreis noch 103 auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Ihnen gegenüber stehen 193 offene Ausbildungsstellen – gemeldet wurde seit Oktober 436 Angebote.
„Tatsächlich geht die Schere zwischen Angebot und Nachfrage wohl noch deutlicher auseinander, denn die Erfahrung zeigt, dass ein Teil der jungen Leute, die sich bei uns melden, am Ende doch lieber ein Studium beginnt, weiter zur Schule geht oder sich für eine Auszeit entscheidet.“ Für die in seinem Haus angesiedelte Berufsberatung sei die Unterstützung junger Menschen am Übergang zwischen Schule und Beruf deshalb eine der wichtigsten Aufgaben überhaupt. Jungen Leuten rät der Agenturleiter, diese kostenlosen Angebote unbedingt zu nutzen.
Nähere Informationen und Kontakt zur Berufsberatung: 02651 – 950 333 (Mayen) und 0261 – 405 444 (Koblenz).