Wer den regionalen Arbeitsmarkt beobachtet, konnte in den letzten Monaten den Eindruck gewinnen, dass dort eine Atmosphäre des Abwartens herrschte – und das blieb auch im Juni so: Zum Monatsende meldeten die Statistiker der Arbeitsagentur für den Landkreis Ahrweiler 2.441 arbeitslose Menschen. Das sind 8 mehr als im Mai und 80 mehr als im Jahr zuvor. Die Arbeitslosenquote bleibt bei 3,6 Prozent, im Juni 2022 lag sie um 0,2 Punkte niedriger.
Dem Arbeitgeberservice wurden in den letzten vier Wochen 118 zusätzliche Stellen gemeldet. Damit liegen der Arbeitsagentur aus dem Ahrkreis insgesamt 821 Stellenangebote vor – 115 weniger als vor einem Jahr. Die sonst übliche deutliche Frühjahrsbelebung bleibt damit wiederum aus.
„Das saisonale Auf und Ab am Arbeitsmarkt ist kein Uhrwerk, das präzise zeitliche Prognosen zulässt. Deshalb kann es durchaus sein, dass eine Frühjahrsbelebung auch mal etwas länger auf sich warten lässt“, erklärt Frank Schmidt, Leiter der Agentur für Arbeit Koblenz-Mayen. „Es verstärkt sich jedoch der Eindruck, dass wir es diesmal mit einer Flaute zu tun haben, die die bislang gewohnte Dynamik nachhaltig bremst.“
Eine einzige Ursache lasse sich dafür nicht benennen, betont der Experte. „Es scheint mir vielmehr ein ganzer Strauß von Umständen zu sein, die letztendlich dazu führen, dass Arbeitgeber vorsichtiger in die Zukunft schauen und sich trotz hohem Fachkräftebedarf bei Einstellungen, die nicht unbedingt nötig sind, zurückhalten.“
Zu den Gründen für die „Frühjahrsbelebung mit angezogener Handbremse“ gehören für Schmidt nicht nur die Folgen von Pandemie und Jahrhundertflut, weltweite Lieferengpässe, der anhaltende Krieg in der Ukraine und der damit verbundene Zuzug von Flüchtlingen. „Auch die Wirtschaft selbst steht – etwa durch Energiewende, Digitalisierung und gravierende Umwälzungen in ganzen Branchen – vor Veränderungen, die sich in ihren Einzelheiten und Folgen bislang kaum abschätzen lassen.“
Vor diesem Hintergrund sei eine gewisse Stagnation kaum verwunderlich und müsse nicht überbewertet werden, meint der Agenturleiter. Im Auge behalten müsse man die Situation aber schon. „Und natürlich eröffnen Veränderungen immer auch Chancen. Grundsätzlich wird jede und jeder am Arbeitsmarkt dringend gebraucht – wenn vielleicht auch nicht auf die gleiche Art wie bisher.“ Die Arbeitsagentur beschäftige sich deshalb schon seit geraumer Zeit intensiv mit dem Thema Qualifizierung und biete sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern ihre Hilfe an, „damit sie den Übergang in den Arbeitsmarkt der Zukunft gut bewältigen können.“
Eine weitere wichtige Aufgabe, die dabei helfen soll, die Zukunft der Unternehmen zu sichern, ist für den Agenturleiter die Unterstützung des betrieblichen Nachwuchses. Deshalb liegt sein besonderes Augenmerk immer auch auf dem Ausbildungsmarkt. Zwei Monate vor Beginn der meisten Ausbildungsverhältnisse Anfang September, sind laut Statistik von ursprünglich gemeldeten 552 Bewerberinnen und Bewerbern aus dem Ahrkreis noch 239 auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Ihnen gegenüber stehen 261 noch offene Stellen – gemeldet wurde seit Oktober 446 Ausbildungsangebote.
Im Gegensatz zu den Nachbarregionen, wo die Zahl der Stellen die der Interessentinnen und Interessenten deutlich übersteigt, ist die Lage an der Ahr damit scheinbar relativ ausgeglichen. „Allerdings zeigt die Erfahrung, dass ein Teil der jungen Leute, die sich bei uns melden, am Ende doch lieber ein Studium beginnt, weiter zur Schule geht oder sich für eine Auszeit entscheidet. Hinzu kommt, dass viele Jugendliche für die Ausbildung ins benachbarte Bonn ausweichen.“ Grundsätzlich gelte deshalb auch an der Ahr, dass den Ausbildungsangeboten immer weniger Interessentinnen und Interessenten gegenüberstehen.
Für die in seinem Haus angesiedelte Berufsberatung sei die Unterstützung junger Menschen am Übergang zwischen Schule und Beruf deshalb eine der wichtigsten Aufgaben überhaupt. Dazu dienten auch aufwändige Projekte, wie die gemeinsam mit den Kammern organisierte Freiluftmesse „Azubispots“, die am Freitag, 7. Juli, zum ersten Mal im Kurpark Bad Neuenahr stattfinden wird.
Nähere Informationen und Kontakt zur Berufsberatung: 02651 – 950 333.