Angefangen hat es als unverbindlicher Austausch beim Mittagessen, geworden ist daraus ein Projekt, das Schule machen könnte – und nach Ansicht aller Beteiligten auch sollte. Denn der Fachkräftemangel einerseits und die Situation geflüchteter Menschen in Deutschland andererseits ist etwas, das nicht nur Alois C. Lubberich, Gründer des gleichnamigen Koblenzer Dentallabors, und den Vorsitzenden der „Initiative Region Koblenz Mittelrhein“, Hans-Jörg Assenmacher, bewegt. Schnell war man sich deshalb einig, nicht nur reden, sondern konkrete Chancen gestalten zu wollen.
Weil klar war, dass dies ohne fachkundige Unterstützung kaum gelingen konnte, waren bald Frank Schmidt, Leiter der Agentur für Arbeit Koblenz-Mayen, und Manfred Stein, Geschäftsführer des Jobcenters Stadt Koblenz mit im Boot. Denn für beide ist die Vermittlung geflüchteter Menschen in Arbeit nicht erst seit dem Start des Job-Turbos, der genau dies beschleunigen soll, eines der wichtigsten Themen der Zeit. Das Projekt „Aus Migranten werden dringend benötigte Fachkräfte“ war geboren.
Zum Bewerbertag im Dentallabor Lubberich erschienen sechs Kundinnen und Kunden von Jobcenter und Arbeitsagentur mit Migrationshintergrund, für die eine Beschäftigung bei dem Unternehmen vorstellbar war. Dass kaum jemand über einschlägige Erfahrungen verfügte, war kein Problem. Da in dem Koblenzer Unternehmen die Herstellung von Dentalprodukten in einzelne Abteilungen und Arbeitsschritte aufgeteilt ist, werden nicht zwangsläufig „Allrounder“ benötigt, die jeden Produktionsschritt beherrschen. „Es ist für uns deshalb relativ einfach, Quereinsteigerinnen und -einsteiger in überschaubaren Teilschritten anzulernen, so dass sie in relativ kurzer Zeit in den Produktionsablauf integriert werden können“, erklärt Maurice Wiesmaier, der technische Geschäftsführer des Labors. Entgegen kommen dem Betrieb dabei die Fördermöglichkeit von Jobcenter und Arbeitsagentur.
Auch die Sprachbarriere beunruhigt im Unternehmen niemanden, schließlich habe eine ganze Reihe der Beschäftigten einen Migrationshintergrund, erklärt Wiesmaier. „Auch einzelne dieser Kollegen haben als Hilfskräfte angefangen und sich sogar bis zum Zahntechnikermeister weiterentwickelt. Die Qualifizierung von Fachkräften ist in unserem Betrieb seit Jahrzehnten erfolgreich gelebtes Konzept.“ Ganz nebenbei bieten sich in der Belegschaft auch vielfältige Dolmetscher-Möglichkeiten, solange es bei den Neulingen mit der Sprache tatsächlich noch nicht so gut funktioniert.
Bei den Bewerberinnen und Bewerbern kam dieses Arbeitsumfeld sehr gut an. Alle absolvieren nach und nach ein Probearbeiten, an dessen Ende entschieden wird, wer endgültig im Unternehmen bleiben kann und will. Was diese letzte Hürde betrifft, sind sich die Unternehmensvertreter mit den Unterstützern von Arbeitsagentur und Jobcenter einig: „Hoffentlich alle.“
Für Agenturleiter Frank Schmidt hat die Kooperation Signalwirkung. „In einer Zeit, in der es schwierig ist, Fachkräfte zu finden, müssen Arbeitgeber immer häufiger bereit sein, neue Wege der Mitarbeitergewinnung zu gehen – beispielsweise, indem sie fehlende Qualifizierung, gegebenenfalls mit unserer Hilfe, im laufenden Betrieb gezielt nachholen. Geflüchtete Menschen bringen dafür häufig beste Voraussetzungen mit.“
Wobei die größte Hürde sicherlich die Sprachbarriere sei, räumt Jobcenter-Leiter Manfred Stein ein. „Ohne es kleinreden zu wollen, machen wir in jüngster Zeit doch immer wieder die Erfahrung, dass sich auch dieses Problem lösen lässt – entweder durch berufsbegleitende Sprachkurse oder mit Hilfe von zweisprachigen Kolleginnen und Kollegen. Was bei der Integration von geflüchteten Menschen vor allem wichtig ist, sind Kreativität, Verständnis und Geduld auf allen Seiten.“