Als weitgehend stabil präsentiert sich der Ausbildungsmarkt in Waldeck-Frankenberg, wobei die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze weiter klar die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber übersteigt. Dies wurde bei der Bilanz zum Ausbildungsjahr 2023/24 deutlich, die heute die Agentur für Arbeit Korbach sowie die Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg und das Servicezentrum Waldeck-Frankenberg der IHK Kassel-Marburg zogen.
Agentur für Arbeit Korbach
In Waldeck-Frankenberg sank die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen im Berichtsjahr (Oktober 2023 bis September 2024) um 137 auf 1158 (minus 10,6 Prozent). Es meldeten sich 920 Bewerberinnen und Bewerber, 26 mehr als im Jahr zuvor (plus 2,9 Prozent).
Zum Vergleich: Im gesamten Agenturbezirk, der auch den Schwalm-Eder-Kreis umfasst, waren 2101 Ausbildungsstellen gemeldet, 446 weniger als ein Jahr zuvor (minus 17,5 Prozent) sowie 1726 Bewerberinnen und Bewerber (minus 36, minus 2 Prozent).
„Die Diskrepanz zwischen der Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern sowie den bei uns gemeldeten Ausbildungsplätzen ist etwas kleiner geworden“, bilanziert die Korbacher Agenturleiterin Petra Kern. „Auf 100 Ausbildungsstellen in Waldeck-Frankenberg kamen rein rechnerisch 83 Interessierte an einer Ausbildung. Ein Jahr zuvor waren es 72 und im Ausbildungsjahr 2021/22 sogar nur 59 pro 100 Ausbildungsplätzen.“ Als Grund nannte sie die zum zweiten Mal in Folge gestiegene Zahl der Bewerberinnen und Bewerbern bei gleichzeitigem Rückgang der Ausbildungsplätze. „Angesichts der Konjunkturschwäche halten sich Betriebe einerseits mit Ausbildungsstellen zurück, andererseits gibt es Unternehmen, die händeringend nach Auszubildenden suchen, auch um einem Fachkräftemangel zu begegnen.“
Die aktuellen Zahlen sprechen laut Kern für eine Zunahme der Passungsprobleme zwischen Angebot und Nachfrage. Ende September standen 100 offenen Ausbildungsstellen genauso viele unversorgte Bewerber gegenüber. Vor einem Jahr kamen auf 100 unbesetzte Stellen 81 und vor zwei Jahren nur 36 unversorgte Bewerber. „Dass Bewerber und Betriebe nicht zusammenkommen, kann an den großen Entfernungen in einem Flächenkreis wie Waldeck-Frankenberg liegen, oder es passt hinsichtlich der Berufswünsche und der benötigten Qualifikation nicht“, so Kern.
Die Agenturleiterin appellierte an Schulabgänger sich intensiv mit einer dualen Ausbildung auseinanderzusetzen. „Unsere Fachleute in der Berufsberatung für Jugendliche kennen die Chancen und Perspektiven einer Ausbildung, helfen bei der grundsätzlichen Berufsorientierung und der Suche nach Ausbildungsplätzen. Eventuell ist ein Start sogar noch kurzfristig in diesem Jahr möglich, aber dafür wird es jetzt wirklich höchste Zeit.“
Kontakt zur Berufsberatung ist über die kostenlose Servicenummer 0800-455555-00 oder per Mail an Korbach.berufsberatung@arbeitsagentur.de möglich.
TOP 5 der Berufe
Die beliebtesten Berufe der Bewerberinnen und Bewerbern in Waldeck-Frankenberg waren im Berichtsjahr
- Verkäufer/in
- Kaufmann/-frau Büromanagement
- Medizinische Fachangestellte
- Elektroniker/in – Energie-/Gebäudetechnik
- Kfz-Mechatroniker - Pkw-Technik
TOP 5 der Ausbildungsstellen
Bei den gemeldeten Ausbildungsstellen bildeten die Spitzengruppe:
- Verkäufer/in
- Kaufmann/-frau im Einzelhandel
- Industriekaufmann/-frau
- Industriemechaniker/in
- Elektroniker/in für Betriebstechnik
IHK-Servicezentrum Waldeck-Frankenberg
Der Ausbildungsmarkt im Landkreis Waldeck-Frankenberg hat sich 2024 minimal rückläufig entwickelt: Insgesamt wurden 673 neu eingetragene Berufsausbildungsverträge verzeichnet (Vorjahr: 683). Damit liegt der Rückgang (minus 1,5 Prozent) noch deutlich unter dem hessenweiten Durchschnitt (minus 3,5 Prozent), wie Eduard Faber, Leiter des Servicezentrums, und Bildungsberater Björn Duen berichteten.
Aufgeschlüsselt nach Bereichen setzt sich die Gesamtzahl wie folgt zusammen: Im kaufmännischen Bereich sank die Zahl der Ausbildungsverträge um 18 auf 420 (Vorjahr: 438), wohingegen im gewerblich-technischen Bereich mit 253 neuen Azubis ein Anstieg von 8 Verträgen verzeichnet werden konnte (Vorjahr: 245).
Besonders erfreulich ist auch die Entwicklung im Hotel- und Gaststättengewerbe, wo die Zahl der Ausbildungsverträge von 121 auf 149 (plus 23 Prozent) gestiegen ist.
Die IHK-Vertreter freuen sich, „dass im Landkreis Waldeck-Frankenberg dieses Jahr 673 Jugendliche in ihre berufliche Zukunft gestartet sind und wünschen allen Berufsstartern viel Erfolg und Spaß.“
Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg
Das Bild auf dem Ausbildungsmarkt im Handwerk Waldeck-Frankenberg ist gespalten: Es gibt Berufe, in denen die Ausbildungszahlen erfreulich und kontinuierlich steigen, besonders bei den Klimaberufen wie Elektrotechniker, Anlagenmechaniker Sanitär-Heizung-Klima sowie Zimmerer. Schwieriger ist es hingegen bei körpernahen Dienstleistern wie Friseuren und in den Nahrungsmittel-Gewerken wie Bäckereien und Fleischereien, berichtet der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Kai Bremmer.
Die Ausbildungszahlen im Waldeck-Frankenberger Handwerk sind zum Stichtag 31. Oktober 2024 gegenüber dem Vorjahr um 4 Verträge (entspricht 1,1 Prozent) leicht auf 361 gesunken. Dieser Trend spiegelt die Entwicklung der Ausbildungszahlen im gesamten Kammerbezirk Kassel wider. Auch hier ist ein Rückgang von 2.829 Ausbildungsverträgen in 2023 auf 2.703 Verträge in 2024 zu verzeichnen, dies entspricht einem Rückgang von 4,6 Prozent.
Auch wenn die Ausbildungszahlen in Waldeck-Frankenberg im Vergleich zu 2022 um 11 Prozent gestiegen sind, reiche die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildung im Handwerk nicht aus, so Bremmer. Auch in diesem Jahr sei zu befürchten, dass am Ende des Jahres wieder zahlreiche Ausbildungsplätze in Handwerksbetrieben unbesetzt bleiben werden.
Als Gründe nennt der Geschäftsführer zunächst die demografische Entwicklung: Es gebe einfach weniger junge Menschen. Hinzu kämen bildungspolitische Weichenstellungen zu Lasten der beruflichen Ausbildung: „Wir schicken noch immer zu viele junge Menschen in Richtung Studium, aus dem veralteten Verständnis heraus, dass nur ein Studium Wohlstand und Erfolg bringt. Das erweist sich inzwischen als Fehleinschätzung. Das mit einem Studium verbundene Aufstiegsversprechen lässt sich längst nicht mehr für alle einlösen, während es gleichzeitig zu wenige beruflich Qualifizierte gibt. Dabei kann man heute in einem Ausbildungsberuf und mit anschließenden Fort- und Weiterbildungen oft eine bessere Karriere machen als mit einem Studium.“
Die Politik hat die Brisanz des Fachkräftemangels nach Ansicht Bremmers nicht ausreichend erkannt. „Wie sollen wir die großen Zukunftsthemen angehen, wenn die qualifizierten Fachkräfte fehlen? Schon jetzt ist der Fachkräftesockel, auf dem unsere Wirtschaft basiert, brüchig und droht wegzubrechen. Wenn wir dem nicht entgegenwirken, werden die Fachkräfteengpässe zu echten Bremsklötzen der wirtschaftlichen Entwicklung und der großen Transformationsaufgaben beim Klimaschutz sowie der Energie- und Mobilitätswende.
Die am häufigsten gewählten Ausbildungsberufe im Handwerk, gemessen an den Neuvertragszahlen der letzten Jahre, seien Kraftfahrzeugmechatroniker, Elektroniker und Anlagenmechaniker für Sanitär, Heizung, Klima. Doch insgesamt sei in vielen Gewerken der Bedarf an qualifizierten und motivierten Mitarbeitenden hoch, aktuell besonders in den Klimahandwerken sowie den Lebensmittel- und Gesundheitshandwerken.
Um mehr junge Menschen für eine berufliche Ausbildung zu interessieren, braucht es aus Sicht des Handwerks einen Ausbau der Berufsorientierung an allen Schulformen sowie eine Wiedereinführung des Werkunterrichts an allgemeinbildenden Schulen.
Informationen zu den Ausbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten im Handwerk sind auf www.handwerk.de zusammengestellt. Zudem bietet die Plattform www.komminsteamhandwerk.de einen Begegnungsraum für Interessierte und Unternehmen. Die Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg in Korbach steht Jugendlichen und Eltern unter der Telefonnummer 05631/9535 100 zur Ausbildungsberatung zur Verfügung.