„Als ich mit Dreißig arbeitslos geworden bin, habe ich mich gefragt: Wenn nicht jetzt wann dann?“, begründet Kevin Schmittel die Frage nach seiner Motivation, jetzt bei der Solmser Wilhelm Rink GmbH den Beruf als Kaufmann für Groß- und Außenhandelsmanagement zu erlernen. Nachdem er direkt nach der Schule eine fachschulische Ausbildung zum IT-Assistenten begonnen hatte, brach er diese nach einem Jahr ab. „Ich dachte, der Beruf hätte mehr kaufmännische Inhalte, was sich dann aber als falsch herausstellte“, erinnert sich der 30-Jährige. Es folgten Beschäftigungen als ungelernte Kraft. Unterschwellig bestand immer der Wunsch, doch noch einen Berufsabschluss zu erzielen. Nachdem ihm ein Freund von dessen eigenem Beruf und Arbeitgeber, dem Elektrofachgroßhändler Wilhelm Rink, vorschwärmte, hat der Merenberger jetzt seinen Wunsch in die Tat umgesetzt. Kevin Schmittel nahm Kontakt mit der Personalleiterin des Unternehmens, Anette Böckel, und auch seinem Arbeitsvermittler bei der Arbeitsagentur Limburg-Wetzlar auf. Mit Erfolg: Seit 1. August absolviert er mit anderen Nachwuchskräften des Unternehmens die 3-jährige Ausbildung. Gefördert wird das Unterfangen durch die Arbeitsagentur.
Anette Böckel ist begeistert von der motivierten Nachwuchskraft: „Gerade durch sein Alter, die Lebens- und Berufserfahrung hat er einen ganz anderen Blick auf die Ausbildung und die Abläufe im Betrieb. Er begreift den beruflichen Neuanfang als große Chance“. Die Personalleiterin ist für 175 Mitarbeitende an sechs Standorten verantwortlich. Ausbildung wird bei der Wilhelm Rink GmbH großgeschrieben: Aktuell beschäftigt das Unternehmen 14 Auszubildende und vier dual Studierende. „Wir übernehmen jede Nachwuchskraft, die ihre Ausbildung bei uns mit Engagement verfolgt“, berichtet Anette Böckel weiter.
Win-Win-Situation für alle Beteiligten
Für Jessica Crone, Geschäftsführerin Operativ der Arbeitsagentur Limburg-Wetzlar, ist die Förderung eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: „Wer einen Beruf abschließt, minimiert das Risiko arbeitslos zu werden oder zu bleiben erheblich und beugt Altersarmut vor. Herr Schmittel hat noch mehr als 35 Berufsjahre vor sich. Durch den Berufsabschluss wird er bis zu seinem Eintritt in die Rente voraussichtlich rund 260.000 Euro mehr Einkommen erwirtschaften, als ohne Qualifikation. Zudem sichert er sich Aufstiegschancen und füllt sein Rentenkonto. Während der Weiterbildung erhält er ‚Arbeitslosengeld bei Weiterbildung‘. Auch der Arbeitgeber zahlt eine Ausbildungsvergütung, die bis 400 Euro monatlich anrechnungsfrei bleibt. Seit 1. Juli gewähren wir bei einer abschlussorientierten Qualifizierung monatlich 150 Euro 'on-top' als ‚Weiterbildungsgeld‘. Erreicht Herr Schmittel die Zwischenprüfung, winken weitere 500 Euro und pünktlich zu Abschlussprüfung zusätzliche 1.000 Euro ‚Weiterbildungsprämie‘. Die Arbeitsagentur übernimmt auch alle anfallenden Fahrtkosten, Lernmittel und Prüfungsgebühren.“
Vom Leistungsempfänger wieder zum dauerhaften Beitragszahler
Für den Betrieb lohnt sich das Ausbildungsengagement vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in mehrfacher Hinsicht. Er kann sich -unter finanzieller Beteiligung der Arbeitsverwaltung- seine eigene Fachkraft heranbilden. „Sogenannte ‚Spätstarter‘ weisen in der Regel eine wesentlich engere Betriebsbindung auf, als jüngere Auszubildende“, weiß Crone weiter zu berichten. Zudem könne das Unternehmen in der eigenen Ausbildung Schwerpunkte und Firmenphilosophie vermitteln. Aber auch die Arbeitsagentur profitiere von der Weiterbildung: Bundesweit betrage die Arbeitslosenquote bei ausgebildeten Kräften 2,8 Prozent, bei Ungelernten läge diese hingegen bei 18,6 Prozent. Ferner seien Geringqualifizierte eher dem Risiko ausgesetzt, langzeitarbeitslos zu sein. „Vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftebedarfs gehe ich davon aus, dass Herr Schmittel nach seinem Berufserwerb die Arbeitsagentur nicht mehr in Anspruch nehmen und vom Leistungsempfänger wieder zum dauerhaften Beitragszahler wird“, blickt die Geschäftsführerin der Agentur in die Zukunft.