Die Agentur für Arbeit Limburg-Wetzlar hat jetzt für den Lahn-Dill-Kreis eine Bilanz für das Ausbildungsjahr 2022/2023 gezogen. 1.404 Jugendliche suchten von Oktober 2022 bis September 2023 mit Hilfe der Arbeitsagentur und des Jobcenters einen Ausbildungsplatz. Das waren zehn Jugendliche oder 0,7 Prozent weniger, als ein Jahr zuvor. Damit habe man nunmehr -im Gegensatz zum Bundes- und Landestrend- im zweiten Jahr hintereinander die zuvor stetig stark sinkenden Bewerberzahlen zumindest stoppen können, heißt es in der Veröffentlichung der Agentur für Arbeit. Betrachte man allerdings die Entwicklung der letzten neun Jahre, stünden den Betrieben im aktuellen Berichtsjahr 1.246 Ausbildungsplatzbewerber weniger zur Verfügung, als 2014. Der Bewerberrückgang betrage 47 Prozent. Eine wesentliche Ursache für den bis dato kontinuierlichen Rückgang sei neben dem demografischen Wandel auch das geänderte Bildungsverhalten der jungen Leute, die vermehrt das Abitur und danach ein Studium anstreben. Während sich bundesweit bei den Abiturienten diesbezüglich eine verhaltene Trendwende abzeichne, sei die Zahl der Studienberechtigten unter den Ausbildungssuchenden im Lahn-Dill-Kreis abermals zurückgegangen. Dabei erlange man in Hessen auch mit einer abgeschlossenen Ausbildung für viele Studienfächer die Studienberechtigung und könne dann später neben dem abgeschlossenen Studium auch eine Berufsausbildung vorweisen, gab die Chefin der Arbeitsagentur, Angelika Berbuir, zu bedenken. Zudem garantiere ein akademischer Abschluss nicht per se bessere Karrierechancen und höhere Einkünfte, wie eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) belege.
Fachkräftemangel und Ausscheiden der Babyboomer bieten Hauptschülern Chancen
Die Suche der nach geeigneten Auszubildenden hat sich in diesem Jahr an Lahn und Dill erneut verstärkt. 2.032 Ausbildungsstellen meldeten die heimischen Betriebe und Verwaltungen der Arbeitsagentur zur Besetzung. Hinzu kamen weitere 34 außerbetriebliche Ausbildungsplätze, welche die Arbeitsagentur zur Verfügung stellte. Dies waren insgesamt 159 Ausbildungskapazitäten mehr als im Ausbildungsjahr zuvor (+8,3 Prozent). „Die heimischen Unternehmen haben sich erneut sehr stark in der Ausbildung engagiert. Der eklatante Fachkräftemangel und das Ausscheiden der Babyboomer eröffnen immer mehr Hauptschülern den Weg in die Ausbildung. In diesem Jahr konnten 27,1 Prozent mehr Hauptschulabgänger einen Ausbildungsvertrag unterzeichnen, als im letzten Jahr“, sagte Berbuir weiter. Die Zahl der erfolgreichen Realschüler stieg um 11,3 Prozent. Bei den Studienberechtigten nahm die Zahl der einmündenden Bewerber um 21,9 Prozent ab.
699 Jugendliche schließen einen Ausbildungsvertrag
In diesem Ausbildungsjahr konnten insgesamt 699 bei Arbeitsagentur und Jobcenter gemeldete Jugendliche Ausbildungsverträge schließen. Dies waren 43 mehr als 2022 (+6,6 Prozent). 67 dieser Ausbildungsverträge wurden staatlicherseits gefördert. Sebastian Kleist, Vorstand des Kommunalen Jobcenters Lahn-Dill appellierte einerseits an die Jugendlichen, die vielfältigen Möglichkeiten der betrieblichen Ausbildung zu nutzen, andererseits an die Arbeitgeber, auch geflüchteten Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen. „Aktuell sind die Chancen einen Ausbildungsplatz zu bekommen so hoch wie noch nie. Der erreichte Abschluss der Jugendlichen ist hierbei mittlerweile oft zweitrangig. Der Lahn-Dill Kreis bietet dabei mit seinen vielfältigen Angeboten eine gute Basis für eine duale Ausbildung. Parallel suchen zahlreiche geflüchtete junge Menschen, aus der Ukraine, aber auch aus Drittstaaten und mit Anerkennungsstatus, einen Ausbildungsplatz. Betriebliche Angebote wie beispielsweisebegleitende Sprach- und Integrationskurse oder aber die organisierte Begleitung von geflüchteten Menschen in den Betrieben eröffnen weitere Möglichkeiten, Fachkräfte für die Zukunft zu gewinnen“; so Kleist abschließend.
Zum Berichtsjahresende gab es noch 374 freie Lehrstellen
144 Ausbildungsplatzsuchende entschieden sich in diesem Jahr mangels Ausbildungsvertrages für eine Alternative, wie beispielsweise eine weiterführende Schule, ein Studium, eine Erwerbstätigkeit, einen sozialen Dienst oder eine Fördermaßnahme. 484 Bewerber meldeten sich im laufenden Jahr bei der Berufsberatung ab, ohne Gründe dafür mitzuteilen. 77 Ausbildungssuchende blieben zum Stichtag Ende September unversorgt. Dem standen zum Berichtsjahresende 374 unbesetzte Berufsausbildungsstellen gegenüber, die meisten davon als Dachdecker (20). Unbesetzte Ausbildungsplätze in nennenswertem Umfang gab es auch für Kaufleute im Einzelhandel, Zahnmedizinische Fachangestellte und Verkäufer. Die Agenturchefin und der Jobcentervorstand sind zuversichtlich, dass ein Großteil der offenen Stellen und unversorgten Bewerber noch zusammengeführt werden können. Die Berater und Vermittler hätten noch gute Argumente und wirksame Förderinstrumente, um für einen weiteren Ausgleich zu sorgen.