Yannick Peter steht mit einer Kundin an der Kühltheke des Herborner Bioladens ‚natur pur‘. Schon lange bevor die Kundin das Geschäft betrat, hatte der behinderte junge Mann die Theke gewissenhaft aufgefüllt. „Seine absolute Zuverlässigkeit, Genauigkeit und auch seine innere Ruhe sind die hervorstechenden Merkmale Yannicks“ beschreibt seine künftige Chefin, Nicole Besserer, die Vorzüge des jungen Mannes, der momentan noch im Rahmen einer ‚Unterstützten Beschäftigung‘ Erfahrungen im Geschäft sammelt. Als der heute 20-Jährige vor einigen Monaten im Laden nach Arbeit fragte, dachte die Diplom-Ökotrophologin sofort darüber nach, ihm eine Ausbildungsstelle anzubieten. Im Praktikum stellte sich dann allerdings heraus, dass der Merkenbacher noch nicht hinreichend ausbildungsreif war. Dennoch wollte die Geschäftsinhaberin Yannick nicht einfach so ziehen lassen. Im Rahmen einer ‚Unterstützten Beschäftigung‘ galt es deshalb auszuloten, ob zumindest eine andere Beschäftigungsform möglich sei. Betreut wurde er dabei vom Bildungsträger IB Südwest in Wetzlar. „Vier Tage Praktikum im Betrieb und ein Tag Begleitung durch unsere Pädagogen standen von nun an für Yannick auf dem Programm. Gemeinsam haben wir an der Stabilisierung des Praktikums und Yannicks Beschäftigungsfähigkeit gearbeitet“, resümiert Tamara Daus vom IB.
Im Rahmen des Praktikums trat dann Monika Mundt von der Einheitlichen Ansprechstelle für Arbeitgeber (EAA) auf den Plan. Die Fachberaterin ist mit anderen Beratungsstellen für die Belange behinderter Menschen bestens vernetzt und berät sehr oft kleine Unternehmen, wenn es um den finanziellen Ausgleich behinderungsbedingter Defizite geht. „Bei Yannick war aufgrund seiner Beeinträchtigung klar: Er bekommt keinen Job ‚von der Stange‘. Hier musste eine individuelle Lösung her und dafür habe ich meine Netzwerke genutzt“, erinnert sich die Expertin. Zu diesen gehörte einmal mehr Dirk Köhler. Er ist Spezialist der Agentur für Arbeit Limburg-Wetzlar, wenn es gilt, behinderte Menschen beruflich einzugliedern. Weil auch Nicole Besserer nach wie vor mit dem Praktikanten zufrieden ist und Potenzial in ihm sieht, wird er zum 1. November einen festen Arbeitsvertrag mit einem angemessenen Gehalt unterzeichnen. Die Agentur für Arbeit fördert die Beschäftigung in der ersten Zeit mit einem Eingliederungszuschuss.
Ausbildung bleibt Ziel
Alle Beteiligten möchten dem Hobby-Theaterspieler zunächst die Chance zur weiteren beruflichen Festigung und Entwicklung geben, die in absehbarer Zeit durchaus in eine Ausbildung im Bioladen münden könnte. Dies ist auch ein großes Anliegen seiner Chefin: „Yannick ist noch jung und man weiß nie, was kommt. Vielleicht will er sich mal verändern und dann wäre eine abgeschlossene Ausbildung sehr förderlich.“ Monika Mundt und Dirk Köhler haben für diesen Fall bereits in ihre ‚Instrumentenkoffer‘ geschaut und geeignete Strategien abgestimmt. „Wir machen die Erfahrung, dass vor allem viel kleine Betriebe offen für die Beschäftigung behinderter Menschen sind. Ihnen fehlt aber oft die Zeit und das Wissen, wie man vermeintliche Hürden ausräumen kann. Ich kenne etliche größere Unternehmen, die sich der Thematik nicht stellen und lieber die Ausgleichsabgabe zahlen“, berichtet der Agenturmitarbeiter und weist gleichzeitig darauf hin, dass ‚natur pur‘ aufgrund der Mitarbeiterzahl nicht verpflichtet sei, behinderte Menschen zu beschäftigen. Für Yannick Peter haben sich in den letzten Monaten etliche Türen geöffnet. „Ich bin froh, dabei Hilfe bekommen zu haben“, offenbart er sichtlich erleichtert.