Seit 2016 vergibt die Agentur für Arbeit Lübeck anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung am 03. Dezember Inklusionszertifikate. Damit möchte sie auf die Potenziale von Menschen mit einer Beeinträchtigung aufmerksam machen und Unternehmen auszeichnen, die Teilhabe ermöglichen. Dieses Jahr werden die Christian Beutin GmbH & Co. KG aus Lübeck und der Golf-Club-Curau e.V. aus Stockelsdorf gewürdigt.
„Inklusion ist gelebte Vielfalt. Egal wie alt oder jung jemand ist, welche Nationalität jemand hat, wie jemand aussieht oder ob jemand eine Behinderung hat - alle haben das gleiche Recht, Teil unserer Gesellschaft zu sein. Und jeder Mensch zählt im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Unternehmen können heute nur zukunftsfähig sein, wenn sie die Vielfalt der Menschen nutzen. Bei der Personalauswahl sollten sie sich nicht von Defiziten abschrecken lassen und stattdessen die Stärken sehen. Richtig eingesetzt können Menschen mit einer Beeinträchtigung ein Gewinn für das Unternehmen sein und dazu beitragen, den Fachkräftebedarf zu decken. Unsere Auszeichnung soll das bisherige Engagement ausdrücklich würdigen und Dank für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohle der betroffenen Menschen aussprechen. Lassen Sie sich von diesen guten Beispielen motivieren“, appelliert Markus Dusch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lübeck.
Markus Dusch überreicht das Inklusionszertifikat an den Golf-Clubpräsidenten Klaus-Dieter Schmidt.
Der Golf-Club-Curau e.V. in Stockelsdorf ist einer der ersten in Deutschland, der seit seiner Gründung im Jahre 1998 streng nach Bioland-Vorschriften betrieben wird. Neben ökologischen Aspekten stehen auch Jugendförderung und Inklusion im Fokus. Seit 2022 gibt es eine inklusive Golfgruppe, deren Mitglieder aus der Diakonie Nord-Nord-Ost in Lübeck stammen.
Acht Mitarbeitende hat der Golf-Club und seit 15. Juni gehört Kristen Pietsch mit dazu. Der 21-Jährige ist als Helfer angestellt und verrichtet unter anderem Hausmeisterarbeiten am und um das Clubhaus, harkt mit einem Spezialtraktor die Sandbunker oder jätet das Unkraut.
Kristen Pietsch räumt Schnee auf der Driving-Range.
„Nach Schulbesuch und Betreuung in Einrichtungen wie Integra und FAW ist es für Kristen die erste Berufstätigkeit. Er benötigt naturgemäß viel Anleitung und ihm müssen Arbeitsvorgänge mehrfach erklärt werden. Wir freuen uns, dass die Arbeitsagentur diesen besonderen Einarbeitungsaufwand mit einem Eingliederungszuschuss fördert“, erklärt Klaus-Dieter Schmidt, Präsident des Golf-Clubs.
Gefördert werden auch technische Hilfsmittel. Aufgrund einer halbseitigen Lähmung gibt es Arbeiten, die Kristen Pietsch nicht verrichten kann, wie zum Beispiel das Führen eines Freischneiders mit beiden Händen. Hier fördert die Agentur für Arbeit Lübeck eine Elektrosense sowie einen speziellen Doppelschultergurt. Dadurch liegt das Gerät näher am Körper und kann mit einem Arm gesteuert werden.
„Die Vorurteile gegenüber Menschen mit einer Einschränkung halten sich hartnäckig. Nach wie vor haben sie es schwerer, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Durchbrechen Sie Denkmuster! Es geht um das Ermöglichen und nicht um das Verhindern. Es lohnt sich, das Besondere in jedem Menschen zu entdecken und Strukturen zu schaffen, in denen alle wertvolle Leistungen erbringen können. Wo es nicht ohne spezielle Unterstützung geht, gibt es fachliche Hilfen und Fördermittel. Lassen Sie sich zu den Möglichkeiten beraten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Arbeitgeber-Services nehmen gerne unter der gebührenfreien Hotline 0800 4 5555 20 Ihre Anfragen entgegen“, wirbt Dusch für die Einstellung.
Weitere Informationen rund um das Thema Inklusion bietet das Internet unter www.arbeitsagentur.de/m/inklusion.
Hintergrundinformation
Bei Menschen mit Schwerbehinderung denken viele an Personen im Rollstuhl oder mit einer Sehbehinderung. Aber das spiegelt nicht die Realität wider. Denn häufig sieht man den Menschen ihre Schwerbehinderung gar nicht an. Auch Migräne, Diabetes, Asthma, Autismus, Bluthochdruck, Tinnitus oder eine überstandene Krebserkrankung können beispielsweise dazu führen, dass eine Schwerbehinderung festgestellt wird. Genauso kann eine Schwerbehinderung die Psyche betreffen, wie etwa bei Depressionen. Oder die Sinnesorgane, wie bei Schwerhörigkeit. Außerdem können neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Epilepsie als Schwerbehinderung eingestuft werden. Und mit zunehmendem Alter steigt die Zahl der Betroffenen.
Schwerbehindert im Sinne des Gesetzes gilt ein Mensch, wenn von der zuständigen Behörde (zum Beispiel einem Versorgungsamt) ein Grad der Behinderung von mindestens 50 festgestellt worden ist. Ebenso zählen Menschen dazu, die von der Agentur für Arbeit gleichgestellt worden sind. Sie erhalten dadurch grundsätzlich den gleichen Status wie Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung.
Im Bezirk der Agentur für Arbeit Lübeck waren im Oktober 2023 746 Menschen mit einer Schwerbehinderung arbeitslos gemeldet, 23 (3,2 Prozent) mehr als noch vor fünf Jahren. Ihr Anstieg verlief etwas moderater als bei allen Arbeitslosen (+7,9 Prozent). Menschen mit Schwerbehinderung werden nicht so schnell entlassen, aber wenn sie arbeitslos sind, brauchen sie häufig länger, um die Arbeitslosigkeit wieder zu beenden. Rund 67 Prozent dieser Arbeitslosen werden von den Jobcentern und 33 Prozent von der Arbeitsagentur betreut.
Bei rund 1.200 sogenannten Pflichtarbeitsplätzen zahlten Unternehmen allerdings eine Ausgleichsabgabe. Denn Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitenden sind verpflichtet, fünf Prozent der Stellen mit Schwerbehinderten zu besetzen. Hier empfiehlt es sich, mit Unterstützung der Arbeitsagentur nach Lösungen für Beschäftigungsmöglichkeiten zu suchen.
In der Hansestadt Lübeck waren im Oktober 2023 440 Menschen (40 oder 10,0 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren) mit einer Schwerbehinderung arbeitslos gemeldet und 876 Arbeitsplätze bei der letzten Erhebung unbesetzt. Rund 74 Prozent dieser Arbeitslosen werden vom Jobcenter Lübeck und 26 Prozent von der Arbeitsagentur betreut.
Im Kreis Ostholstein waren im Oktober 2023 306 Menschen (17 oder 5,3 Prozent weniger als noch vor fünf Jahren) mit einer Schwerbehinderung arbeitslos gemeldet und 321 Arbeitsplätze bei der letzten Erhebung unbesetzt. Rund 57 Prozent dieser Arbeitslosen werden vom Jobcenter Ostholstein und 44 Prozent von der Arbeitsagentur betreut.
Außerdem suchen rund 100 junge Menschen mit Beeinträchtigungen jedes Jahr mit Hilfe der Arbeitsagentur eine Ausbildungsstelle in Lübeck und Ostholstein.
2022 hat die Agentur für Arbeit Lübeck 15,3 Millionen Euro für die Teilhabe von Menschen mit einer Behinderung am Arbeitsleben ausgegeben, das waren rund 11 Prozent aller Ausgaben. Hinzu kommen rund eine Million Euro bei beiden Jobcentern.