Während sich der Arbeitsmarkt allmählich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie erholte, galt es neue Krisen zu bewältigen. Hier machte sich der Russland-Ukraine-Krieg und die dadurch ausgelösten Fluchtwellen bemerkbar. Die Beratung, Betreuung und finanzielle Sicherung der ukrainischen Geflüchteten hat der Gesetzgeber ab Juni ganzheitlich in die Hände der Jobcenter gegeben. Entsprechend stieg die Zahl der arbeitslos registrierten Menschen aus der Ukraine an. Dennoch blieb die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt unter Vorjahresniveau. Gleichzeitig hat sich die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung deutlich erhöht und Kurzarbeit spielte kaum noch eine Rolle.
„Trotz aller Unwägbarkeiten, die das Jahr 2022 bereithielt, ist unser Arbeitsmarkt mit seinen vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen stabil geblieben und hat seinen Kurs gehalten. Ich bin zuversichtlich, dass er sich auch 2023 robust erweist und die Lübecker Bucht wieder vom innerdeutschen Tourismus profitieren kann. Der Arbeitsmarkt hat sich über die Jahre von konjunkturellen Schwankungen abgekoppelt. Angesichts der steigenden Arbeitskräfteknappheit versuchen viele Betriebe - unter anderem mit Hilfe von Kurzarbeit - ihre Beschäftigten auch in Schwächephasen zu halten. Fachkräftesicherung ist kein neues Problem, aber eines, das sich mit Blick auf den demografischen Wandel weiter verstärkt und immer mehr Wirtschaftsbereiche betrifft. Hier gibt es nicht die eine Lösung, sondern mehrere Stellschrauben, die wir alle gemeinsam drehen müssen. Forschungen belegen, dass Ausbildung vor Arbeitslosigkeiten schützt. Deshalb müssen möglichst viele Menschen die Möglichkeit zur Bildung und zur Entfaltung ihrer Potenziale erhalten. Wir investieren in Qualifizierung und unterstützen Arbeitslose sowie Beschäftigte. Neben der Aus- und Weiterbildung gilt es jedoch, alle innerdeutschen Potenziale auszuschöpfen und eine gezielte Zuwanderung zu ermöglichen. Dabei stehen wir unseren Arbeitsmarktpartner*innen hilfreich zur Seite“, erläutert Markus Dusch, Vorsitzender der Geschäftsführung in der Agentur für Arbeit Lübeck.
1. Beschäftigung
In der Hansestadt Lübeck stieg das siebzehnte Jahr in Folge die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf 103.144 Frauen und Männer an (+2.082 oder 2,1 Prozent zum Vorjahr). Damit wurde erneut der höchste Wert der letzten 30 Jahre erreicht.
Während die meisten Wirtschaftszweige, wie zum Beispiel verarbeitendes Gewerbe (+403), Erziehung und Unterricht (+374), Gesundheitswesen (+321), Heime- und Sozialwesen (+238), öffentliche Verwaltung (+251) oder Gastgewerbe (+162) eine Zunahme verzeichneten, gab es in der Arbeitnehmerüberlassung (‑196) einen weiteren Rückgang.
Einen besonders starken Zuwachs gab es im Bezirk der Arbeitsagentur Lübeck bei Ausländern (+13,5 Prozent). Insgesamt 10,5 Prozent (17.651) der Beschäftigten haben eine ausländische Staatsangehörigkeit. In Schleswig-Holstein sind es 9,5 Prozent.
In der Hansestadt liegt der Anteil bei 10,9 Prozent. Die größte Gruppe der Ausländer stellen Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit (14,7 Prozent), gefolgt von polnischer Staatsangehörigkeit (11,8 Prozent) und syrischer Staatsangehörigkeit (7,4 Prozent). Nahezu verdreifacht hat sich innerhalb eines Jahres die Zahl der Beschäftigten mit ukrainischer Staatsangehörigkeit. Waren es im Juni 2021 noch 117 Beschäftigte, lag die Zahl im Juni 2022 bereits bei 309.
Die Zahl der geringfügig Beschäftigten ist ebenso wie im Bund (+2,8 Prozent) und Land (+1,8 Prozent) in zahlreichen Wirtschaftsbereichen wieder gestiegen. Im Agenturbezirk waren 38.414 Personen geringfügig beschäftigt, 2,9 Prozent mehr als im Vorjahr.
In der Hansestadt Lübeck lag die Zahl der geringfügig Beschäftigten im Juni 2022 bei 20.065 und damit 831 oder 4,3 Prozent über dem Vorjahr.
2. Arbeitskräftenachfrage
Die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften kann über die Zugänge der gemeldeten Arbeitsstellen abgebildet werden. Weil bei der Stellenbesetzung zum Beispiel auch Stellenangebote in Zeitungen oder persönliche Kontakte genutzt werden, decken diese nur einen Teil der Nachfrage ab.
Wirtschaftliche und politische Unwägbarkeiten infolge des Ukraine-Krieges führten insbesondere in der zweiten Jahreshälfte zu einem schwächeren Stellenangebot. Im Agenturbezirk Lübeck wurden im Laufe des Jahres 9.144 offene Stellen zur Besetzung angeboten, das waren 1.377 oder 13,1 Prozent weniger als 2021. 5.217 (-615 oder 10,5 Prozent) dieser Stellen wurden in der Hansestadt Lübeck und 3.927 (-762 oder 16,3 Prozent) im Kreis Ostholstein gemeldet. Der Rückgang lag in Schleswig-Holstein bei 2,7 Prozent und im Bundesgebiet bei 2,4 Prozent.
In nahezu allen Branchen gab es eine schwächere Kräftenachfrage. Den größten Rückgang verzeichnete dabei die Arbeitnehmerüberlassung. Dennoch blieb es der Wirtschaftszweig mit den meisten Stellenangeboten in der Hansestadt Lübeck (1.050). Weitere Schwerpunkte der Arbeitskräftenachfrage kamen aus den Wirtschaftszweigen Gesundheits- und Sozialwesen (721), Handel (664), freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen (644) sowie verarbeitendes Gewerbe (470).
Immer mehr Wirtschaftszweige haben mit Fachkräfteengpässen zu kämpfen, die weiter zunehmen. Im Jahresdurchschnitt waren monatlich 2.721 Stellen im Angebot, 351 oder 14,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei drei Viertel dieser Stellen wurden Fachkräfte und Spezialisten gesucht. Die Herausforderungen, geeignetes Personal für die von den Unternehmen gewünschten Anforderungen zu finden, sind gestiegen.
Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage verschiebt sich weiter zu Gunsten der Arbeitnehmenden. In Berufen der Mechatronik, Energie und Elektronik standen in der Hansestadt Lübeck zum Beispiel nur noch rechnerisch 0,3 Arbeitslose je gemeldeter Stelle zur Verfügung. In Berufen der Maschinen- und Fahrzeugtechnik waren es 0,9 und in nicht medizinischen sowie medizinischen Gesundheitsberufen waren es je 0,9 beziehungsweise 1,0 Arbeitslose pro Stelle.
Entsprechend lang ist auch die Zeit von dem gewünschten Besetzungstermin bis zur tatsächlichen Besetzung der Stelle. Sie lag zum Beispiel in Berufen der Mechatronik, Energie und Elektronik bei 322 Tagen, in Berufen der Maschinen- und Fahrzeugtechnik bei 235 Tagen, in nicht medizinischen Gesundheitsberufen bei 184 Tagen und in medizinischen Gesundheitsberufen bei 143 Tagen.
Von den 13.601 Arbeitslosen wurden 4.164 (-955 oder 18,6 Prozent) von der Agentur für Arbeit und 9.437 (-163 oder 1,7 Prozent) vom Jobcenter Lübeck und Ostholstein betreut. Der Anteil, der Arbeitslosen, die bei der Arbeitsagentur gemeldet waren, ist damit von 34,8 auf 30,6 Prozent gefallen. Von den beiden Jobcentern wurden 69,4 Prozent (Vorjahr 65,2 Prozent) der Arbeitslosen betreut. In den Jobcentern macht sich die Erfassung ukrainischer Geflüchteter bemerkbar.
Seit dem 01. Juni 2022 übernehmen die Jobcenter die Betreuung von Menschen, die aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet sind. Damit werden ukrainische Geflüchtete auch in der Statistik zum Arbeitsmarkt erfasst. Dieser Wechsel ist möglich, nachdem die zuständigen Ausländerbehörden einen Aufenthaltstitel (nach § 24 Abs. 1 AufenthG) erteilt oder eine Fiktionsbescheinigung (nach § 81 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 AufenthG) ausgestellt haben. Bis zum Jahresende haben sich 2.286 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit arbeitslos gemeldet. Ein Teil davon nimmt inzwischen zum Beispiel an Sprach- und Integrationskursen teil, übt Betreuungspflichten aus, besucht eine Schule, absolviert eine Ausbildung oder hat eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Ende 2022 waren 1.043 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit arbeitslos.
In der Hansestadt Lübeck ging die Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr um 571 oder 6,1 Prozent auf 8.776 Frauen und Männer zurück und blieb damit noch leicht über dem Vor-Corona-Niveau. Die meisten Arbeitslosen waren mit 9.201 im August 2022 und die wenigsten mit 8.402 im Mai 2022 gemeldet.
Von den 8.776 Arbeitslosen wurden 2.201 (-520 oder 19,1 Prozent) von der Agentur für Arbeit und 6.576 (-90 oder 0,8 Prozent) vom Jobcenter Lübeck betreut.
Bis zum Jahresende haben sich im Jobcenter 1.103 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit arbeitslos gemeldet. Ein Teil davon nimmt inzwischen zum Beispiel an Sprach- und Integrationskursen teil, übt Betreuungspflichten aus, besucht eine Schule, absolviert eine Ausbildung oder hat eine Erwerbstätigkeit aufgenommen. Ende 2022 waren 560 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit arbeitslos.
Die Arbeitslosigkeit ist kein fester Block und es gab viele Bewegungen am Arbeitsmarkt. Wobei sich auch hier die Fluchtmigration in den Daten bemerkbar machte. Im Laufe des Jahres 2022 haben sich im Gesamtbezirk in beiden Rechtskreisen 33.319 (+7,9 Prozent zum Vorjahr) Arbeitnehmende arbeitslos gemeldet und 32.213 (-2,1 Prozent) Frauen und Männer konnten die Arbeitslosigkeit wieder verlassen.
In der Hansestadt Lübeck meldeten sich 20.469 (+7,7 Prozent) Frauen und Männer arbeitslos; 8.582 (+4,9 Prozent) davon in der Arbeitsagentur und 11.887 (+9,7 Prozent) im Jobcenter. Die Arbeitslosigkeit wieder verlassen konnten 19.798 (-1,7 Prozent) Arbeitnehmende; 7.941 (-5,6 Prozent) davon wurden von der Arbeitsagentur und 11.857 (+1,2 Prozent) vom Jobcenter betreut. Dabei sind 59,9 Prozent der Agenturkund*innen und 42,9 Prozent der Jobcenterkund*innen weniger als drei Monate arbeitslos. Diese Einmündung in Beschäftigung ist von längerer Dauer: 78,4 Prozent der Abgänge in Beschäftigung sind sechs Monate und 66,6 Prozent auch 12 Monate später noch sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen betrug in der Hansestadt Lübeck im Jahresdurchschnitt 7,6 Prozent. Damit lag sie erneut über den Quoten von Schleswig-Holstein (5,2 Prozent) und vom Bundesgebiet (5,3 Prozent). Die Arbeitslosenquote bewegte sich zwischen dem niedrigsten Wert von 7,3 Prozent in den Monaten März bis Mai und dem höchsten Stand im August von 8,0 Prozent.
Die Jahresarbeitslosenquote der von der Arbeitsagentur betreuten Arbeitnehmenden ging um 0,5 Prozentpunkte auf 1,9 Prozent zurück. Im Jahresverlauf bewegte sie sich zwischen 1,7 und 2,1 Prozent. Die Quote der Kunden des Jobcenters Lübeck blieb unverändert bei 5,7 Prozent. Hier bewegte sie sich zwischen 5,4 und 6,0 Prozent.
Auf allen regionalen Arbeitsmärkten gab es einen Rückgang der Arbeitslosigkeit.
Bezirk | Bestand an Arbeitslosen | Prozent - Veränd. zum Vorjahr | Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen | SGB III- Anteil | SGB II- Anteil |
Schleswig-Holstein | 81.564 | -8,2 | 5,2 | 33,6 | 66,4 |
Gesamtbezirk | 13.601 | -7,6 | 6,1 | 30,6 | 69,4 |
Hansestadt Lübeck | 8.776 | -6,1 | 7,6 | 25,1 | 74,9 |
Ostholstein | 4.824 | -10,2 | 4,6 | 40,7 | 59,3 |
Südbezirk (Geschäftsstelle Hauptagentur Lübeck und Umgebung) | 9.906 | -6,5 | 6,8 | 27,0 | 73,0 |
Mittelbezirk (Geschäftsstelle Eutin und Umgebung) | 2.200 | -9,4 | 4,9 | 37,0 | 63,0 |
Nordbezirk (Geschäftsstelle Oldenburg und Umgebung) | 1.495 | -11,7 | 4,8 | 45,1 | 54,9 |
4. Arbeitslosigkeit einzelner Personengruppen
Während in der Arbeitsagentur Arbeitnehmende vom Rückgang der Arbeitslosigkeit profitierten, gab es im Zuge der Fluchtmigration in den Jobcentern in einigen Personengruppen einen Anstieg.
In der Hansestadt ging im Jahresdurchschnitt die Zahl der Männer (-7,9 Prozent) stärker zurück als die der Frauen (-3,8 Prozent). Damit stieg auch der Anteil der Frauen an allen Arbeitslosen auf 44,4 Prozent an. Insgesamt waren 3.898 Frauen (926 SGB III, 2.972 SGB II) und 4.879 Männer (1.274 SGB III, 3.604 SGB II) im Jahresdurchschnitt arbeitslos.
Von einem Rückgang konnten Jüngeren unter 25 Jahren überdurchschnittlich profitieren. Im Jahresdurchschnitt waren 732 Jüngere (232 SGB III, 500 SGB II) arbeitslos gemeldet, 8,6 Prozent weniger als 2021. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen lag bei 8,3 Prozent. In Schleswig-Holstein betrug der Anteil 9,0 Prozent.
Während die Zahl der Arbeitslosen älter als 50 Jahre in der Arbeitsagentur zurückging (-18,2 Prozent), gab es im Jobcenter einen leichten Anstieg (+0,5 Prozent). Insgesamt waren in der Hansestadt Lübeck im Jahresdurchschnitt 2.835 (812 SGB III, 2.023 SGB II) ältere Arbeitslose gemeldet, 5,7 Prozent weniger als 2021. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen lag bei 32,3 Prozent und blieb damit niedriger als in Schleswig-Holstein mit 35,1 Prozent.
Überdurchschnittlich stark ging die Arbeitslosigkeit bei Langzeitarbeitslosen zurück. 3.534 Arbeitnehmende waren ein Jahr und länger arbeitslos, 8,6 Prozent weniger als im Vorjahr. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen lag bei 40,3 Prozent. Er blieb damit höher als in Schleswig-Holstein mit 36,5 Prozent. Bei der Arbeitsagentur waren 8,6 Prozent aller Arbeitslosen länger als ein Jahr arbeitslose (189) und beim Jobcenter 50,9 Prozent (3.346). Je geringer die Qualifikation, umso höher ist das Risiko, arbeitslos zu bleiben. 65,2 Prozent der Langzeitarbeitslosen haben keinen Berufsabschluss. Als weiteres Risiko kommt das Alter dazu. Mehr als in Viertel ist älter als 55 Jahre. Aber auch Langzeitarbeitslosen eröffneten sich 2022 Chancen. 733 Personen konnten eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und 827 mit einer Maßnahme starten.
Im Jahresdurchschnitt waren im Jobcenter Lübeck 4.491 Arbeitslose ohne abgeschlossene Berufsausbildung gemeldet. Ihr Anteil an allen Arbeitslosen von 70,1 Prozent war nahezu doppelt so hoch wie in der Arbeitsagentur mit 39,9 Prozent. Hier hatten 785 Frauen und Männer keinen Berufsabschluss. Eine abgeschlossene Ausbildung verbessert deutlich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. So war die Arbeitslosenquote bei Arbeitslosen ohne Abschluss mit 25,6 Prozent mehr als sechs Mal so hoch wie bei Personen mit Berufsabschluss (4,1 Prozent).
Dass sich ein Abschluss auch finanziell lohnt, belegen Untersuchungen des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit). Ausgebildete Fachkräfte verdienen mehr als Beschäftigte ohne Ausbildung. Über das ganze Erwerbsleben hinweg summiert sich der Unterschied auf rund 330.000 Euro. Arbeitsagenturen und Jobcenter beraten Arbeitslose und Beschäftigte, die einen Berufsabschluss machen möchten, gerne zu den Möglichkeiten. Informationen zu Entwicklungswegen bietet auch die Internetseite www.arbeitsagentur.de/karriere-und-weiterbildung.
Während die Arbeitslosigkeit bei Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in der Arbeitsagentur zurückging (-14,0 Prozent), gab es im Jobcenter einen Anstieg (+12,6 Prozent). Dies liegt insbesondere an der Erfassung ukrainischer Geflüchteter. Im Jahresdurchschnitt waren in Lübeck 2.471 Ausländer arbeitslos gemeldet, 7,1 Prozent mehr als 2021. 412 der ausländischen Arbeitslosen wurden von der Arbeitsagentur und 2.059 vom Jobcenter Lübeck betreut. Die größte Gruppe stellen mit 20,5 Prozent ukrainische Staatsangehörige, gefolgt von türkischen mit 13,7 Prozent und syrischen mit 13,3 Prozent.
Ende des Jahres haben 1.329 Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit Leistungen vom Jobcenter Lübeck erhalten. Davon waren 560 arbeitslos, 546 nichtarbeitslose Arbeitsuchende, weil sie zum Beispiel an Sprach- und Integrationskursen teilnahmen, und weitere 223 übten Betreuungspflichten aus, besuchten eine Schule oder absolvierten eine Ausbildung und waren nichtarbeitsuchend.
Laut einer Studie des Institutes für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (https://iab.de/bericht-gefluechtete-ukraine/ ) möchten 37 Prozent der Geflüchteten für immer oder mehrere Jahre in Deutschland bleiben, 34 Prozent bis Kriegsende, 27 Prozent sind noch unentschieden und 2 Prozent planen, Deutschland innerhalb eines Jahres wieder zu verlassen. Die überwiegende Mehrheit der erwachsenen Geflüchteten sind Frauen (80 Prozent). Viele von ihnen sind ohne Partner (77 Prozent) nach Deutschland gekommen, 48 Prozent mit minderjährigen Kindern. 72 Prozent verfügen über einen Hochschulabschluss. Nur wenige Geflüchtete haben zum Befragungszeitpunkt gute Deutschkenntnisse (4 Prozent). Wer in Deutschland bleiben will, wird individuell auf dem Weg in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt unterstützt. Ziel ist es, eine Beschäftigung zu finden, die der jeweiligen Qualifikation entspricht. Deshalb stehen Spracherwerb, Kinderbetreuung sowie die Anerkennung von Schul- und Berufsabschlüssen im Vordergrund und bei Bedarf auch Qualifizierung.
5. Unterbeschäftigung
Neben dem gesetzlich definierten Kreis der Arbeitslosen gibt es weitere Menschen, die ohne Beschäftigung sind. Sie werden in der Unterbeschäftigung erfasst und monatlich veröffentlicht, um den Arbeitsmarkt transparent zu machen. Die Unterbeschäftigung stellt damit das Defizit an regulärer Beschäftigung dar. Hier werden neben den Arbeitslosen beispielsweise Personen in Qualifizierungsmaßnahmen oder Arbeitsgelegenheiten, Krankgeschriebene, geförderte Existenzgründer oder Arbeitsuchende mit Vorruhestandsregelungen ausgewiesen.
In Lübeck betrug 2022 die Unterbeschäftigung im Jahresdurchschnitt 11.978 Personen. Die Zahl ging in den letzten zwölf Monaten um 577 Personen (-4,6 Prozent) zurück. Die Unterbeschäftigungsquote lag mit 10,1 Prozent (-0,5 Prozentpunkte zum Vorjahr) über der von Schleswig-Holstein mit 6,7 Prozent. 3.201 Personen befanden sich im Jahresdurchschnitt in Entlastungsmaßnahmen.
6. Ausgaben für den Bezirk der Arbeitsagentur Lübeck
56,6 Prozent der Haushaltsmittel wurden für die Lohnersatzleistungen Arbeitslosengeld I (80,4 Millionen Euro, Vorjahr 97 Millionen Euro) und 0,9 Prozent für Insolvenzgeld (1,2 Millionen Euro, Vorjahr 1,0 Millionen Euro) gezahlt.
Mit 11,9 Millionen Euro (Vorjahr 109,9 Millionen Euro) wurden 8,4 Prozent der Haushaltsmittel für Kurzarbeitergeld gewährt. 7,5 Millionen Euro davon wurden den Unternehmen für konjunkturelle Kurzarbeit und 2,9 Millionen Euro für Sozialversicherungsbeiträge erstattet. Für Saisonkurzarbeit wurden 0,8 Millionen Euro (Vorjahr 1,6 Millionen Euro) und für Transferkurzarbeit 40.000 Euro (Vorjahr 0,5 Millionen Euro) entrichtet.
10,8 Prozent der Haushaltsmittel (15,3 Millionen Euro, Vorjahr 15,1 Millionen Euro) wurde für die Teilhabe von Menschen mit Behinderung, 10,1 Prozent (14,3 Millionen Euro, Vorjahr 12,6 Millionen Euro) für Weiterbildung und Qualifizierung, 3,0 Prozent (4,3 Millionen Euro, Vorjahr 4,6 Millionen Euro) für die Förderung Jugendlicher sowie 0,7 Prozent (1,0 Millionen Euro, Vorjahr 1,2 Millionen Euro) für die Förderung der Selbständigkeit gezahlt.
Die Integration von Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt wird 2022 durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen weiter unterstützt. Für Weiterbildung, Eingliederungszuschüsse, Aktivierung und berufliche Eingliederung, Förderung der Selbständigkeit oder spezielle Maßnahmen für Jugendliche wurden insgesamt 13,4 Millionen Euro veranschlagt.
Arbeitnehmenden, die sich beruflich neu oder umorientieren wollen, zeigt das Erkundungstool ‚NewPlan' Möglichkeiten für ihre Entwicklung auf.
Interessierten Unternehmen, die ihre Beschäftigten weiterentwickeln möchten, bietet die Internetseite www.arbeitsagentur.de/weiterbildung-qualifizierungsoffensive weitere Informationen.
7. Entwicklung im Jobcenter Lübeck
Christian Saar, Geschäftsführer des Jobcenters Lübeck, erläutert: „Ich erlebe gerade, dass es in Lübeck und Umgebung viele mutige Arbeitgeber gibt, die Menschen auch ohne klassischen Lebenslauf eine Chance geben. Im Vordergrund steht bei ihnen dabei, die Suche nach vorhandenen Stärken in der Person, die jeder von uns besitzt. Dazu braucht es nur eine wenig Bereitschaft, die verborgenen Stärken auf den zweiten Blick zu erkennen. Ich freue mich über diese Entwicklung und dass immer mehr Unternehmen dazu bereit sind, diesen Weg zu gehen, um ihren aktuellen und zukünftigen Bedarf an Arbeitskräften zu decken. Ich werbe dafür, die Beschäftigung von Frauen weiterhin im Blick zu behalten. Die Potenziale der Frauen können einen noch größeren Beitrag für die Fachkräftesicherung leisten.“
Seit dem 1. Juni 2022 betreut das Jobcenter Lübeck die geflüchteten Ukrainer:innen: „Durch die Zusammenarbeit mit der Hansestadt Lübeck konnten wir den Geflüchteten erfolgreich helfen“, berichtet Saar. „Viele Ukrainer:innen sind gut qualifiziert und möchten so schnell wie möglich die deutsche Sprache erlernen, um einer Tätigkeit nachzugehen. Wir unterstützen das auf ganzer Linie“.
Um eine Verständigung mit den Ankommenden zu ermöglichen, engagierte das Jobcenter Sprachmittler:innen, die bei Übersetzungen halfen. Zudem konnten Kolleg:innen mit entsprechenden Sprachkenntnissen gewonnen werden, die in Gruppenveranstaltungen die Anwesenden über geltenden Verfahren informierten und Fragen beantworteten.
Außerdem wurden im Jahr 2022 die Weichen zur Einführung des Bürgergeldes gestellt. Dieser Haltungswechsel fällt im Jobcenter Lübeck auf einen fruchtbaren Boden, weiß Christian Saar: „Bildung hat in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert. Insofern begrüße ich die mit dem Bürgergeld einhergehenden Förderinstrumente. Im täglichen Geschäft können wir uns somit stärker auf eine nachhaltige Beschäftigung für unsere Kund:innen konzentrieren.“
Des Weiteren wurden die digitalen Zugangswege und Dienstleistungen im Jobcenter Lübeck ausgebaut. Das Jobcenter hat für seine Kund:innen einen digitalen Kundenservice eingeführt. Mit diesem können über die Homepage www.jobcenter-luebeck.de viele Anliegen flexibel und bequem online erledigt werden. Ebenso kann das Bürgergeld seit November 2022 digital beantragt werden. Damit wird Kund:innen von Anfang an eine digitale Antragsstrecke zur Verfügung gestellt. Ein besonderer Service ist die Buchung von Terminen von zu Hause aus.
Saar spricht sich für Digitalisierungsprozesse in Behörden aus: „Ich denke, es ist zeitgemäß, dass sich unsere Kund:innen selbst einen Termin im Jobcenter buchen oder Anträge digital stellen können. Damit werden auch Wartezeiten reduziert. Als Behörde zeigen wir uns mit den Online-Diensten modern und fortschrittlich und tragen so zu einer Vereinfachung von Behördengängen bei.“
Der digitale Kundenservice versteht sich dabei immer als optionale Variante. Sämtliche Anliegen können auch weiterhin mit bekannten analogen Verfahren erledigt werden. Der persönliche Kontakt bleibt in jedem Fall für alle Beratungsgespräche das wirksamste Unterstützungsangebot.
Die Entwicklung hin zum Bewerbermarkt hat sich fortgesetzt. Die Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen übersteigt das sechzehnte Jahr in Folge die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber deutlich. Mit 1.413 mehr angebotenen Stellen als gemeldete Bewerbende wurde der höchste Abstand der letzten 30 Jahre erreicht. Der Arbeitsagentur Lübeck wurden im sogenannten Berufsberatungsjahr, das von Oktober 2021 bis September 2022 dauerte, 3.518 Ausbildungsstellen gemeldet. Das waren 43 oder 1,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. 2.105 Jugendliche haben die Berufsberatung bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz eingeschaltet, 27 oder 1,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Damit standen rein rechnerisch jedem Jugendlichen 1,7 Ausbildungsstellen (Vorjahr 1,6) zur Verfügung. Am Ende des Beratungsjahres waren noch 188 Bewerber*innen auf der Suche und 746 Stellen nicht besetzt; rechnerisch waren das 4,0 Ausbildungsstellen je Jugendlichen.
Das Ausbildungsangebot und die Zahl der Ausbildungssuchenden stiegen auch in der Hansestadt an. Es wurden 1.986 Ausbildungsstellen zur Besetzung angeboten, 19 oder 1,0 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. 1.260 Bewerber*innen haben die Berufsberatung bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz eingeschaltet, 15 oder 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Rein rechnerisch standen jedem Jugendlichen 1,6 Ausbildungsstellen zur Verfügung (Vorjahr 1,5). Am Ende des Beratungsjahres waren noch 118 Bewerber*innen auf der Suche und 394 Stellen nicht besetzt; rechnerisch 3,3 Ausbildungsstellen je Jugendlichen.
„In den nächsten Jahren gehen die Babyboomer-Jahrgänge in Rente und die Ersatzbedarfe steigen. Die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe ist groß. Berufliche und akademische Bildung sind unterschiedlich in ihren Zielen und Voraussetzungen, aber gleichwertig in ihrer Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland. Es wird oft verkannt, dass die betriebliche Ausbildung hervorragende Karrierechancen und gute Verdienstmöglichkeiten bietet. Gute Entwicklungsmöglichkeiten bestehen zum Beispiel mit einer Weiterbildung zu Meister*innen, Techniker*innen, Betriebswirt*innen oder Fachwirt*innen. Solche Spezialist*innen erzielen laut Forschungsberichten vergleichbare Lebensentgelte wie Personen mit Hochschulabschluss. Mehr als 2.900 Ausbildungsstellen sind bereits in Lübeck und Ostholstein für den Herbst im Angebot. Warten Sie nicht zu lange und starten Sie jetzt Ihre Bewerbungen! Die Berufsberatung unterstützt Sie dabei“, rät Markus Dusch Jugendlichen.
Die Berufsberatung ist für Jugendliche da und berät nicht nur in den Schulsprechstunden, der Arbeitsagentur und den Jugendberufsagenturen, sondern auch telefonisch oder per Video-Chat. Gespräche können unter der E-Mail Luebeck.Berufsberatung@arbeitsagentur.de oder Ostholstein.Berufsberatung@arbeitsagentur.de vereinbart werden.
Jugendliche, die noch nicht genau wissen, welcher Ausbildungs- oder Studiengang der richtige ist, können ihre Fähigkeiten und Interessen mit dem Erkundungstool 'Check-U' unter www.check-u.de herausfinden.
9. Handlungsbedarf 2023
„Demografischer Wandel, Strukturwandel, Digitalisierung, Transformation und klimafreundlicher Ausbau der Wirtschaft beschleunigen die Veränderungen am Arbeitsmarkt. Dabei darf der „Faktor Mensch“ nicht außer Acht gelassen werden. Arbeitnehmende können sich aussuchen, wo sie arbeiten. Insbesondere junge Menschen möchten eine sinnstiftende Arbeit und achten auf Work-Life-Balance. Da sind neben guten Löhnen familienfreundliche Arbeitszeiten, Mitbestimmung, Wertschätzung, Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten gefragt“, erklärt Agenturchef Markus Dusch.
„Alle Unternehmen werden ihre Bemühungen und ihre Kreativität ausbauen müssen. Die Aus- und Weiterbildung ist ein wichtiger Schlüssel bei der Gewinnung von Fachkräften. Aber auch andere Potenziale, die oft noch ungenutzt sind, müssen besser ausgeschöpft werden. Es muss zum Beispiel die Beschäftigung und Arbeitszeit von Frauen und Minijobbenden gesteigert, mehr Beschäftigung von Älteren und Menschen mit einer Beeinträchtigung ermöglicht, in Deutschland lebende Menschen mit Migrationshintergrund besser integriert und Zuwanderung von Fachkräften gezielt genutzt werden. Gerne stehen wir Unternehmen und Arbeitnehmenden dabei zur Seite“, bietet Dusch an.
Für interessierte Unternehmen enthält die Internetseite www.arbeitsagentur.de/weiterbildung-qualifizierungsoffensive weitere Informationen.
Arbeitslose und Beschäftigte finden unter www.arbeitsagentur.de/karriere-und-weiterbildung Wissenswertes vom Nachholen des Berufsabschlusses und Berufswechsel bis zu beruflichen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten.
Junge Erwachsene, die ihren Berufsabschluss nachholen möchten, unterstützt die Initiative Zukunftsstarter unter www.arbeitsagentur.de/k/zukunftsstarter auf ihrem Weg.