Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine haben viele Menschen Zuflucht in Deutschland gefunden - auch in Lübeck und Ostholstein. Standen zu Beginn der Schutz der Familie, Versorgung der Angehörigen und Spracherwerb im Vordergrund, rückt verstärkt der berufliche Einstieg in den Fokus. Häufig sind die Deutschkenntnisse noch nicht optimal, Berufserfahrungen und Anerkennungen fehlen. Hier sind Unternehmen gesucht, die den Menschen einen beruflichen Einstieg ermöglichen.
Im Job Sprache verbessern
„Für den Start in einen Job sind umfassende Sprachkenntnisse häufig gar nicht wichtig. Das zeigt das Beispiel unserer neuen Kollegin. Mit hoher Motivation und dem Sprachniveau B2 kann sie sich gut verständigen und ihre Kenntnisse im Arbeitsalltag weiter verbessern“, erläutert Claudia Harms, Teamleiterin des gemeinsamen Arbeitgeber-Services von Jobcenter und Arbeitsagentur Lübeck.
Daria Skyba ist 2022 mit ihren beiden Kindern nach Deutschland geflohen. Sie hat den Masterabschluss in Dokumentationswissenschaft und Informationstätigkeit, arbeitete in der Ukraine als Spezialistin der Personalabteilung in der regionalen Staatsverwaltung und stellvertretende Leiterin der Personalabteilung bei LLC Mars Assistance. Deutsch musste sie von der Pike auf lernen. Erste Grundlagen hat die Ukrainerin sich in Online-Kursen beigebracht, die dann im Sprach- und Integrationskurs vertieft wurden.
„Im März war die Deutschprüfung, aber ich möchte auf jeden Fall im Sommer mit dem C1-Kurs weitermachen. Das habe ich bei der Einstellung schon besprochen und kann meine Arbeitszeit dann flexibel den Schulungszeiten anpassen“, erklärt Daria Skyba.
Ihre 5-jährigen Zwillinge sind im Kindergarten untergebracht, in dem Skyba auch als Elternvertreterin bei der Organisation der Ferienbetreuung mithilft. Im Arbeitgeber-Service ist sie in Teilzeit tätig und betreut Unternehmen aus der Zeitarbeit sowie Gebäudereinigung. Die Ukrainerin hat auch schon auf Messen und Bewerbertagen gedolmetscht, die zurzeit verstärkt im Rahmen des Job-Turbo durchgeführt werden, und sucht die passenden Arbeitsangebote für die Zielgruppe der Geflüchteten.
„Ich freue mich über diese Chance. Alle Kolleginnen und Kollegen haben mich sehr freundlich aufgenommen und unterstützen mich. Durch den Kontakt lerne ich jeden Tag dazu. Ich bin sehr dankbar - auch der deutschen Familie gegenüber, bei der wir wohnen können. Mein Ziel ist eine sichere und stabile Zukunft für mich und meine beiden Kinder“, ergänzt die neue Agenturmitarbeiterin.
Vielfalt als Chance und Gewinn
„Bei der Bundesagentur für Arbeit sind Beschäftigte aus 102 Nationen tätig. Auch bei uns vor Ort reichen die Wurzeln von Afghanistan und Irak bis in die Türkei und Togo. Vielfalt ist für uns ein Gewinn. Unsere ukrainische Kollegin bringt Sprachkennnisse mit, von denen wir profitieren. Sie kennt die Lebenswirklichkeit der Geflüchteten und kann diese in die Arbeit integrieren sowie ihre Netzwerke einbinden. Die digitale Kompetenz, die sie mitbringt, ist auch von Vorteil“, berichtet die Teamleiterin.
Aktuell befinden sich 578 ukrainische Geflüchtete in Lübeck (357) und Ostholstein (221) in Integrations- und Sprachkursen, die in den nächsten Monaten enden. 460 Menschen sind in Lübeck und 448 in Ostholstein arbeitslos gemeldet und suchen bereits eine Beschäftigung. Ein Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt ist nicht immer einfach. Ausländische Abschlüsse sind nicht immer eins zu eins mit den Anforderungen der hiesigen Unternehmen vergleichbar.
Unterstützung für Unternehmen
„Wenn Qualifikationen oder Erfahrungen fehlen, können die Arbeitsagentur und Jobcenter behilflich sein. Es stehen hier die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung, wie sie bei allen Arbeitslosen und Arbeitsuchenden genutzt werden können. Neben Eingliederungszuschüssen, Arbeitserprobungen, Qualifizierungen während der Beschäftigung können es hier auch Berufssprachkurse sein. Bei Jugendlichen bieten sich zum Beispiel die Einstiegsqualifizierung vor dem Start in die Ausbildung oder die Assistierte Ausbildung während der Ausbildung an. Nutzen Sie dieses Potenzial. Wir beraten Sie gerne zu den Möglichkeiten“, bietet Claudia Harms an.
Kontakt zum Arbeitgeber-Service
Fragen der Unternehmen rund um die Nachwuchs- und Personalgewinnung - ob von Geflüchteten oder anderen Arbeitsuchenden - sowie zur Beschäftigtenqualifizierung beantwortet der Arbeitgeber-Service unter der gebührenfreien Hotline 0800 4 5555 20 gerne.
Informationen zum Job-Turbo und Arbeitsmarkt
Im Rahmen des Job-Turbos möchte die Bundesregierung Geflüchtete noch schneller in Arbeit bringen. Wer einen Integrationskurs absolviert hat, soll so schnell wie möglich Arbeitserfahrung sammeln und mit dem Ziel der nachhaltigen Integration parallel weiter qualifiziert werden. Die größte Gruppe der Geflüchteten sind Ukrainerinnen und Ukrainer. Im März 2024 waren im Jobcentern Lübeck 1.410 und im Jobcenter Ostholstein 1.062 ukrainische Geflüchtete gemeldet, 460 beziehungsweise 448 davon sind arbeitslos. Die anderen nehmen zum Beispiel an Sprach- und Integrationskursen sowie Weiterbildungen teil oder beziehen ergänzende Leistungen während sie Betreuungspflichten ausüben, eine Schule besuchen, eine Ausbildung absolvieren oder einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
Seit Ausbruch des Krieges und der Fluchtmigration ist die Beschäftigung von Menschen mit ukrainischer Staatsangehörigkeit stark gestiegen und hat sich in der Hansestadt nahezu vervierfacht beziehungsweise im Kreisgebiet nahezu verfünffacht. Die aktuellsten Daten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter von September 2023 zeigen in Lübeck einen Anstieg um 343 Personen auf 484 und in Ostholstein um 435 Personen auf 557 im Vergleich zu Februar 2022.
In Lübeck arbeiten 31 Prozent als Fachkräfte, 17 Prozent als Spezialisten/Experten und 52 Prozent in Helfertätigkeiten. Schwerpunkte der Beschäftigung liegen in Reinigungsberufen (124), Verkehrs- und Logistikberufen (71), Lebensmittel- und Gastgewerbeberufen (70), Gesundheitsberufen (56), sozialen und kulturellen Dienstleistungsberufen (50), Berufen in Unternehmensführung (26) sowie Bauberufen (25).
In Ostholstein arbeiten 30 Prozent als Fachkräfte, 6 Prozent als Spezialisten/Experten und 64 Prozent in Helfertätigkeiten. Schwerpunkte der Beschäftigung liegen in Lebensmittel- und Gastgewerbeberufen (222), Reinigungsberufen (118), Verkehrs- und Logistikberufen (49), Bauberufen (36), Handelsberufen (35), sozialen und kulturellen Dienstleistungsberufen (32) sowie Gesundheitsberufen (25).