Im Sommer wurde vielfach aus dem Kurzbericht 16/2024 des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) mit dem Titel „Rekordhoch beim Anteil der unbesetzten Ausbildungsstellen“ zitiert. Ergebnisse auf regionaler Ebene gehen aus dem Bericht nicht hervor. Jedoch können mit der nun veröffentlichten Statistik zum Abschluss Berufsberatungsjahres[1] Entwicklungen gezeigt und Fazit dargestellt werden. Zugleich will die hiesige Agentur für Arbeit es nicht beim Benennen von Herausforderungen belassen, sondern Unterstützungs- und Lösungswege aufzeigen - für Betriebe und Jugendliche.
Das IAB hat seinem Bericht das IAB-Betriebspanel zu Grunde gelegt. Demnach wurden 2023 wieder mehr neue Ausbildungsverträge geschlossen, gleichzeitig konnten aber 35 Prozent Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. Im Jahr 2010 waren es 15 Prozent. Da das IAB in seiner Betrachtungsweise nicht ausschließlich die Daten der Ausbildungsmarktstatistik, sondern die des IAB-Panels einbezogen hat, fallen diese zwar höher aus, zeigen aber den gleichen Trend wie die Statistik auf. Für den Landkreis Lüchow-Dannenberg ergibt sich folgendes: Seit Oktober vergangenen Jahres wurden bis zum 30. September insgesamt 259 Ausbildungsstellen gemeldet, ein Minus um 55 Stellen im Vergleich zu vorangegangenen Berufsberatungsjahr und ein Plus um eine Stelle zu dem 2021/2022. Ende September 2024 schlugen 18 unbesetzte Ausbildungsstellen zu Buche und damit 12 weniger als im Vorjahreszeitraum und sieben weniger als vor zwei Jahren.
„Der Ausbildungsmarkt im zwischen Elbe und Drawehn befindet sich nicht erst aktuell im Wandel. Die Konkurrenzsituation hat sich in den letzten Jahren von der Seite der Bewerberinnen und Bewerber auf die der Ausbildungsbetriebe verlagert“, fasst Sven Rodewald, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lüneburg-Uelzen, zu der auch Lüchower Dependance gehört, aus. „Das Berufsberatungsjahr hat aber auch gezeigt, dass die Unternehmen Ausbildung als wichtige Maßnahme ihrer eigenen Fachkräftestrategie definiert haben und trotz konjunktureller Unwägbarkeiten ihre Bemühungen in der Nachwuchsförderung fortführen“, so der Agenturchef. Unbesetzte Ausbildungsstellen gibt es auch im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Die Gründe dafür sind vielfältig, denn das Ausbildungsangebot stimmt nicht vollkommen mit den Wunschberufen Jugendlicher überein oder Fragen der regionalen Mobilität stellen sich.
Der IAB-Kurzbericht zeigt zudem anders als die reine Statistik auf, wie Betriebe sich die Nichtbesetzung von Ausbildungsstellen erklären: Kein gutes Image des Ausbildungsberufes, wenige attraktive Ausbildungsbedingungen, wenig attraktive Aufstiegs- oder Verdienstmöglichkeiten, schlechte Erreichbarkeit des Betriebs, schlechte Erreichbarkeit der Berufsschule.
„Urteile in Sachen Image und scheinbarer Unattraktivität gehen nicht unbedingt auf die eigene Erfahrungswelt zurück. Viele Berufsbilder haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Unternehmen haben an Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen gearbeitet, gehen neue Wege, um Personal zu finden und zu binden“, führt der Agenturchef aus und rückt dabei die Bedeutung von Praktika ins Bild. Sie bieten die Chance, Neues zu entdecken, vermeintliche Vorurteile gegenüber bestimmten Berufsbildern zu entkräften, aber auch die vielleicht schon feststehende Berufswahl abzusichern. „Wir raten Betrieben daher, Praktika interessant zu gestalten und diese Möglichkeit beispielsweise auch explizit in den Ausbildungsangeboten unserer kostenfreien Jobbörse zu erwähnen. Auch ganz niederschwellige Angebote wie Schnuppertage können Lust auf genau diesen Ausbildungsbetrieb machen“, so Rodewald. Aber auch in Fragen der Mobilität hilft die Arbeitsagentur, Ausbildungsbetriebe und Jugendliche zusammenzubringen. So können der neue Mobilitätszuschuss oder die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) beim Pendeln oder beim notwendigen Umzug in die eigene Wohnung am Ausbildungsort Lösungen bieten.
Insgesamt 313 Bewerberinnen und Bewerber um eine Ausbildungsstelle wies die Statistik im Berufsberatungsjahr aus, ein Minus um acht Jugendliche im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und um 39 gegenüber September 2022. „Die Bewerberseite zeigt Auswirkungen des demografischen Wandels“, hebt Rodewald hervor und führt aus: „In den vergangenen Jahren haben wir unsere Berufsberatung verstärkt, zudem sind unsere Berufsberaterinnen und Berufsberater regelmäßig dort, wo die Jugendlichen sind, nämlich in den Schulen“. Auch für die 12 unversorgten Bewerberinnen und Bewerber ging nach dem 30. September die Suche nach Alternativen weiter. Ausbildungsangebote wurden unterbreitet und Überbrückungsmöglichkeiten vorgeschlagen.
Die Vielzahl an Möglichkeiten bei mehr als 320 Ausbildungsberufen bundesweit macht die Orientierung und Berufswahl zu einer wahren Aufgabe. Jugendliche und Eltern stehen jedoch nicht allein davor Antworten auf Fragen wie beispielsweise „Was will ich werden?“ und „Welcher Beruf passt zu mir?“ zu finden. Der Berufsberatung kommt hier eine wichtige Funktion zu. Sie steht den jungen Menschen mit einer individuellen, objektiven und kostenfreien Beratung zur Seite und dies über den gesamten Zeitraum der Berufswahl bis zum Ausbildungsende. Denn auch wenn es während der Ausbildung klemmt, können die Beraterinnen und Berater helfen, zum Beispiel mit Stützunterricht im Rahmen der Assistierten Ausbildung (AsA). Zudem kann sie auch den Blick für noch unbekannte Berufsbilder öffnen, denn mehr als 40 Prozent der gemeldeten Bewerberinnen und Bewerber im vergangenen Jahr in Lüchow-Dannenberg entfiel auf die Top 10-Berufe. Die Berufsberatung rechtzeitig und kontinuierlich einzubinden, ist wichtig für eine Berufswahlentscheidung und erhöht die Chancen auf einen möglichst nahtlosen Übergang nach der Schule in das Berufsleben. So richtet Rodewald einen Appell an Jugendliche und ihre Eltern, zu früh wie möglich den Kontakt aufzunehmen und zu halten.
Mit dem Blick auf die Zukunft rät der Agenturchef Betrieben die Ausbildungsstellen dem Arbeitgeber-Service in Lüchow zu melden und Jugendlichen den Gesprächstermin bei der Berufsberatung zu vereinbaren. „Wenn wir rechtzeitig eingebunden sind, können wir helfen, so manche Hürde zu überwinden, beispielsweise durch eine Assistierte Ausbildung (AsA). Es gibt eine Vielzahl konkreter Unterstützungsmöglichkeiten, die niemand im Detail kennen muss, denn dafür sind wir vor Ort da und helfen weiter“, erläutert der Agenturchef.
Sven Rodewald weiß um die Herausforderungen für Ausbildungsbetriebe und Jugendliche, zeigt aber auch Unterstützungsangebote auf.
Kontaktmöglichkeiten für Jugendliche:
Kostenfreie Servicenummer: 0800 4 5555 00
Internet: www.arbeitsagentur.de/bildung
Kontaktmöglichkeiten für Unternehmen:
Kostenfreie Servicenummer: 0800 4 5555 20
Internet: www.arbeitsagentur.de/vor-ort/lueneburg-uelzen/unternehmen
IAB-Kurzbericht mit Grafiken zum Download:
https://iab.de/publikationen/publikation/?id=14168206