Zeigte sich der rheinhessische Arbeitsmarkt im Mai noch weitgehend unbeeindruckt von den aktuellen weltweiten Entwicklungen, so haben die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine inzwischen wie erwartet Spuren hinterlassen. Im Juni kam es entgegen der sonst üblichen Entwicklung zu einem spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Die Zunahme um knapp 800 Personen betraf ausschließlich die Jobcenter, wo sich zahlreiche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger aus der Ukraine arbeitslos meldeten. Geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern wird mit der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht, und seit 1. Juni 2022 können sie Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten. Aktuell sind in den rheinhessischen Jobcentern insgesamt rund 1.600 erwerbsfähige Personen aus der Ukraine gemeldet. Von diesen gelten gut 900 offiziell als arbeitslos, das heißt sie stehen dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zur Verfügung.
Die aktuellen Zahlen zeigen auch, dass es sich bei den Menschen, die aus der Ukraine zu uns geflüchtet sind, vornehmlich um Frauen sowie Kinder und Jugendliche handelt. So ist der Bestand an arbeitslosen Frauen, der üblicherweise keine starke Veränderung von Mai auf Juni aufweist, aktuell merklich angestiegen. Ähnliches zeigt sich bei den 15 bis unter 20-jährigen Arbeitslosen. Auch hier ist entgegen der sonst üblichen Entwicklung ein erheblicher Anstieg zum Vormonat festzustellen.
„Der Fokus bei der Betreuung der Geflüchteten liegt gleichsam auf der Sicherstellung der Leistungen zum Lebensunterhalt und der Klärung, welche Unterstützung die Menschen benötigen, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen" sagt Heike Strack, Leiterin der Mainzer Arbeitsagentur. „Der Übergang aus der Betreuung der Kommunen zu den Jobcentern wurde in den letzten Wochen intensiv vorbereitet. Die Überleitungsphase wird bis Ende August abgeschlossen sein. Der Zugang zum Arbeitsmarkt wurde durch den Gesetzgeber zwar unkompliziert geregelt, für eine Arbeitsaufnahme müsse aber zum Beispiel auch die Betreuung der Kinder gesichert sein, sprachliche Hürden müssten abgebaut und vorhandene Berufsabschlüsse anerkannt werden.
Die gute Nachricht ist laut Strack, dass der Arbeitsmarkt für gut ausgebildete Menschen nach wie vor sehr aufnahmefähig ist. Auch im Juni blieb der Zugang an Stellenangeboten auf hohem Niveau, und auf dem Ausbildungsmarkt warteten noch zahlreiche Ausbildungsangebote aus den unterschiedlichsten Branchen auf eine passende Besetzung. „Die Betriebe freuen sich neben Bewerbungen von Schulentlassenen auch über Bewerbungen von jungen Erwachsenen, etwa wenn sie eine Alternative zum begonnenen Studium suchen oder wenn sie sich beruflich neu orientieren möchten“, so Strack. „Wer noch in 2022 mit einer qualifizierten Ausbildung beginnen möchte, sollte sich telefonisch unter 06131 248799 schnellstmöglich mit der Berufsberatung in Verbindung setzen oder online einen Termin vereinbaren.“
Die Arbeitsmarktzahlen im Überblick
m Juni waren in Rheinhessen bei den Dienststellen der Arbeitsagentur und der Jobcenter insgesamt 21.900 Personen als unterbeschäftigt registriert. Das waren 748 mehr als im Mai, aber 2.482 oder 10,2 Prozent weniger als vor einem Jahr. 16.313 Männer und Frauen waren arbeitslos gemeldet. Das waren 797 mehr als im Vormonat, aber 2.737 oder 14,4 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote stieg von 4,3 auf 4,5 Prozent. Vor einem Jahr hatte die Quote 5,3 Prozent betragen. Die Nachfrage nach Arbeitskräften blieb anhaltend hoch. Neu gemeldet wurden 1.504 Stellen, 232 oder 18,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Stellenbestand belief sich im Mai auf 7.993 Stellen, 2.517 mehr als im Vorjahr.
Von den 16.313 Arbeitslosen im Juni wurden 5.677 von der Arbeitsagentur und 10.636 von den Jobcentern betreut. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Juni entfiel nahezu vollständig auf die Jobcenter. Die Arbeitslosenquoten auf den regionalen Arbeitsmärkten im Bezirk der Mainzer Arbeitsagentur änderten sich wie folgt: Gesamtbezirk von 4,3 auf 4,5 Prozent, Stadt Mainz von 4,7 auf 4,9 Prozent, Stadt Worms von 7,3 auf 7,8 Prozent und Landkreis Alzey-Worms von 3,5 auf 3,8 Prozent. Im Landkreis Mainz-Bingen blieb die Quote konstant bei 3,2 Prozent.